Kosmologie und die räumliche Verteilung von Galaxien

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Schallwellen, die sich wie auseinanderlaufende Wellen in einem Teich im frühen Universum ausbreiten, prägen den kosmischen Mikrowellen-Hintergrundfluktuationen eine charakteristische Größenordnung auf. Diese Fluktuationen haben sich bis heute in die Galaxiencluster entwickelt. Das Konzept ist hier dargestellt. SDSS III, BOSS


 
Die vielleicht erstaunlichste und revolutionärste Entdeckung in der Kosmologie war, daß sich Galaxien von uns entfernen. In einer Arbeit aus dem Jahr 1929 liefert Hubble die Stütze des Bildes von der Entstehung des Universums im Urknall, in dem dieses sich ausdehnt und dies seit 13.8 Milliarden Jahren. Seitdem haben Astronomen ständig daran gearbeitet, dieses allgemeine Bild zu verbessern und 1998 überraschten zwei Gruppen (eine unter Leitung von Forschern am CfA) darüber hinaus die Welt mit ihren Ergebnissen, die zeigen, daß sich das Universum ewig ausdehnen würde – und nicht nur das: es beschleunigt die nach außen gerichtete Bewegung. Die beiden Gruppen untersuchten den fernen Kosmos mit Hilfe von Supernova-Explosionen. Diese Entdeckungen haben zu weiteren Fragen geführt, wobei heute eine Hauptaufgabe darin liegt, die Expansionsgeschichte des Universums im Detail zu verstehen; das heißt, wie entwickelte sich die Expansionsrate des Universums vom Urknall bis heute. Die Antworten auf diese Frage betreffen direkt die Eigenschaften des Ausdehnungsmechanismuses, die Natur der Dunklen Materie, die Entwicklung der Galaxien in früheren Zeiten und vieles mehr.
Genaue Messungen der kosmischen Entfernungsleiter sind entscheidend für die Untersuchung dieses Ausdehnungsverhaltens und eine besonders leistungsstarke Methode nutzt die sogenannte baryonische akustische Oszillation (BAO). Baryonen stehen für die normale Materie, akustische Oszillationen beschreiben Schallwellen. Durch Dichteschwankungen verursachte Schallwellen wurden während der ersten 400.000 Jahre im Kosmos hin und her reflektiert. Doch sobald die ionisierten Atome neutral wurden, wirkten Strahlung und Materie nicht mehr länger nachhaltig aufeinander ein und die kosmische Mikrowellen-Hintergrundstrahlung wurde freigesetzt. Die auf Karten dargestellte Intensität der Hintergrundstrahlung beinhaltet eine Aufzeichnung dieser Schallwellen – die BAO. Astronomen berechnen, daß in der Zeit, als der kosmische Hintergrund entstand, Schallwellen (die sich mit Schallgeschwindigkeit bewegen) sich über eine Entfernung von etwa 500 Millionen Lichtjahren ausgebreitet haben könnten und in ihrem Windschatten eine kohärente Aufzeichnung in der Materieverteilung hinterlassen haben, die am Ende zu Galaxien oder Galaxienclustern verdichtete. Da die Ausdehnung der akustischen Verzerrung so groß ist, das Vielfache der Größe von Galaxienclustern, änderte sich die BAO-Signatur später mit der Entwicklung des Universums nur geringfügig; Simulationen und die Theorie deuten darauf hin, daß die Änderungen unter 1 % liegen. Die geringe Fehlerbreite für die Ausdehnung dieser ausgeprägten Haufenbildungs-Signatur erlaubt es, sie als Standardmaß zu verwenden, um die kosmische Entfernungsleiter zu messen und tatsächlich ist der Fingerabdruck der BAOs bei einer Vielzahl von Beobachtungen der Struktur im nahen Universum gemessen worden.
Die CfA-Astronomen Daniel Eisenstein und Cameron McBride gehörten zu einem großen Team von Forschern, die BAOs durch die Haufenbildung von Galaxien für eine Zeit untersuchten, als das Universum etwa 8.2 Milliarden Jahre alt war. Sie überprüften 264.283 Galaxien aus dieser Zeit, die mit dem Sloan Digital Sky Survey beobachtet wurden und maßen aus der räumlichen Verteilung dieser Galaxien den von den Schallwellen hinterlassenen Fingerabdruck mit einer mehr als 10-prozentigen Genauigkeit. Ihre Folgerungen über den Urknall stimmen sehr gut mit dem Bild der kosmischen Entwicklung überein, das sich aus vielen anderen Hinweisen ergeben hat (aber die Folgerungen führen zu einer unangenehmen, rätselhaften Frage: ihre Messung der heutigen Ausdehnungsrate von 67.5 ±1.7 km/s/Megaparsec ist gegenüber dem momentan bevorzugten Wert eigentlich eine Spur zu klein). Die unglaubliche Leistungsfähigkeit der Technik liegt darin, daß sie einen Schnappschuß auf das Universum zu jener Zeit liefert und auf vollständig anderen Daten als diejenigen beruht, die bei anderen Untersuchungen Verwendung finden, die etwa auf Supernovae oder die kosmische Hintergrundstrahlung setzen.
Literatur:
„The Clustering of Galaxies in the SDSS-III Baryon Oscillation Spectroscopic Survey: Measuring DA and H at z = 0.57 from the Baryon Acoustic Peak in the Data Release 9 Spectroscopic Galaxy Sample“
Lauren Anderson et al.
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 439, 83–101 (2014)