Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
Das Zentrum unserer Milchstraße, ungefähr 25.000 Lichtjahre von der Erde entfernt, ist für uns im sichtbaren Licht wegen der großen Mengen an absorbierendem, zwischen Erde und Zentrum liegendem Staub unsichtbar. Jedoch kann Strahlung bei vielen anderen Wellenlängen, darunter infrarote, Radio- und energiereiche Röntgenstrahlung das optische Licht schluckende Material durchdringen. Mitten im Herzen des galaktischen Zentrums befindet sich ein supermassereiches Schwarzes Loch, SgrA*, mit ungefähr vier Millionen Sonnenmassen. Es ist ein ziemlich dunkles Objekt und flackert schwach, vermutlich das Ergebnis von kleinen Materieklumpen, die wahllos auf eine um das Schwarze Loch liegende Scheibe stürzen. Die fast völlige Passivität unterscheidet SgrA* von vielen supermassereichen Schwarzen Löchern in anderen galaktischen Zentren, die rege große Mengen an Material akkretieren und aufheizen, um dann gewaltige bipolare Jets aus sich sehr schnell bewegenden geladenen Teilchen ausstoßen.
Vor einigen Jahren entdeckten Astronomen eine große Gaswolke (die man auf drei Erdmassen schätzte), die sich relative schnell auf SgrA* zubewegte. Einige Modelle rechneten hoch, daß die Wolke (bekannt als G2) während des Jahres 2015 durch das Schwarze Loch zerrissen werden würde, ein Ereignis, daß von nachweisbarer Strahlung begleitet werden könnte. Die Strahlung wiederum könnte Licht auf den Fütterungsmechanismus eines Schwarzen Lochs werfen. All dies geschah aber nicht; das Jahr verging ohne ein Feuerwerk, da G2 womöglich eine zu hohe Dichte besaß, um auseinanderzubrechen.
Michael McCourt vom CfA und Ann-Marie Madigan von der University of California konnten aber das Beste aus diesem Reinfall machen. Sie erkannten, daß die stete Röntgenstrahlung von SgrA* eine Zuflussrate aus dem umgebendem Material von etwa einigen Erdmassen pro Jahr mit sich bringt, aber daß diese Rate mit nahezu jeder anderen Messung unvereinbar ist, wozu unter anderem auch die Gesamtleuchtkraft von SgrA* gehört. Um mögliche Lösungen für dieses Problem zu erhalten, ist die Kenntnis der Verteilung des Gases sehr dicht am Schwarzen Loch erforderlich – bei Entfernungen, die geringer sind als der Abstand der Erde zur Sonne. McCourt und Madigan erkannten, daß sie die Änderungen in der Umlaufbahn von G2 nutzen könnten, wenn diese sich durch das Medium bewegt, um so das Gas im innersten Bereich zu untersuchen. Auch wenn G2 nicht wie erwartet vom Schwarzen Loch verschluckt wurde, würde sich aber ihr Weg ändern. Die beiden Wissenschaftler nutzten zudem eine zweite kleinere Wolke im System, genannt G1, um einige Parameter näher zu bestimmen, während die beiden Wolken im Lauf des Jahres sich entlang extrem langgezogener, nahezu auf gleicher Ebene liegender Umlaufbahnen um SgrA* bewegten.
Die Wissenschaftler bauten geringfügige Änderungen in die Umlaufparameter von G1 und G2, während diese sich bewegten, unter der Annahme ein, diese Änderungen wären die Konsequenz aus den Begegnungen mit dem Material vor Ort. Ihre Auswertung liefert die erste Bestimmung der Rotationsachse des Akkretionsflusses und deutet auf die Quelle des akkretierten Materials hin, das eher von dem großen Torus aus molekularem Gas stammt, der in etwa 4 Lichtjahren Entfernung vom Schwarzen Loch zu finden ist, anstatt von den Winden der Sterne, die zwischen dem Torus und dem Schwarzen Loch vorkommen. Das Resultat ist ein wichtiger Hinweis auf die Natur der Umgebung des Schwarzen Lochs. Darüber hinaus sagt das Modell einige Effekte bei den Beobachtungen vorher, die im nächsten Jahrzehnt nachgeprüft werden könnten, wozu auch die zukünftigen Wege von G1 und G2 sowie die Geometrie der Strahlung nah an der Grenze des Schwarzen Lochs zählen.
Literatur:
“Going with the flow: using gas clouds to probe the accretion flow feeding Sgr A*”
Michael McCourt and Ann-Marie Madigan
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 455, 2187–2199 (2016)