Ionisiertes Gas verstehen

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
Hier auf der Erde sind wir uns der ultravioletten Strahlung im Weltraum wegen der Gefahren bewußt, die sie für unsere Gesundheit besitzt; die Atmosphäre ist unser Schutzschild gegen ihre zerstörerischen Auswirkungen. Auch die meisten astronomischen Umgebungen sind von ultra-violetter Strahlung durchflutet. An vielen Orten – zum Beispiel in der Nähe von jungen heißen Sternen oder in der Umgebung von Schwarzen Löchern, die Material akkretieren – ist dieses UV-Licht sehr viel stärker als die vergleichbare Strahlung, die wir von der Sonne beziehen und dort gibt es oft nur geringen Schutz. Ultraviolettes Licht ist so wirksam, da jedes Photon genug Energie mit sich führt, um Elektronen aus einem Atom herauszuschlagen; dies überführt die neutralen Atome in geladene Ionen und verändert dadurch deren chemisches und physikalisches Verhalten. Diese Ionen im Weltraum sind wichtige Sonden für extrem heiße Umgebungen.
Ionen selbst können über das gesamte elektromagnetische Spektrum Licht aussenden. Um die physikalischen Bedingungen in einer Region mit ionisiertem Gas zu enträtseln, setzen Forscher auf Modelle und Computerberechnungen, die alle am Werk befindlichen energetischen Prozesse verfolgen, wenn ultraviolettes Licht zuerst Atome ionisiert, wenn dann Ionen auf andere Ionen oder Strahlung treffen, wenn Ionen selbst Licht abstrahlen und so fort. Für über ein Jahrzehnt hatten Astronomen beachtlichen Erfolg mit einfachen Modellen, denen die Annahme zu Grunde lag, daß die Geometrie solcher Gebiete sich nur in einer Richtung ändert, wie es bei einer unendlich breiten, aber dünnen Platte der Fall ist. Unnötig zu erwähnen, daß diese Näherung an reale dreidimensionale Objekte immer als starke Vereinfachung für das ganze Bild verstanden wurde.
Jetzt haben vier Astronomen, Barbara Ercolano, Jeremy Drake und John Raymond vom SAO sowie Peter Young vom STFC Rutherford Appleton Laboratory in Großbritannien ein neues, auf drei Dimensionen ausgelegtes Computerprogramm zur Verfolgung von Strahlung und deren Wirkung in einem ionisierten Gas veröffentlicht. Das neue Rechenprogramm mit dem Namen MOCASSIN (Monte Carlo Simulations of Ionized Nebulae) wurde auf bisherigen, einfacheren Programmversionen aufgebaut und bezieht seine Vorteile aus leistungsstarken neuen Computertechnologien. Die Gruppe hat die Zuverlässigkeit von MOCASSIN durch Vergleich der Vorhersagen dieses Programms mit denen einiger anderer, heutige üblichen Programme getestet und bestätigt gefunden. Das neue Programm, das jetzt allgemein zugänglich ist, berücksichtigt die neuesten und verlässlichsten physikalischen Parameter für das Verhalten von hochionisierten Atomen. Das Programm wird letztlich den Forschern erlauben, asymmetrische und komplexe, dreidimensionale ionisierte Gebiete zu modellieren. So zum Beispiel Gebiete in Jets, welche aus der Umgebung von Schwarzen Löchern hervorbrechen sowie eine genaue Deutung der Fülle an Informationen, die in den Spektrallinien verschlüsselt sind, die durch die hochionisierten Atome in diesen Regionen ausgesendet werden.