In der Nähe gelegene protoplanetare Scheiben

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Eine Multiwellenlängen-Aufnahme einer großen Sternentstehungsregion im Sternbild Schwan. Neue Untersuchungen im Infraroten haben gezeigt, daß trotz der intensiven UV-Strahlung in diesem Gebiet viele der sehr jungen Sterne ihre protoplanetaren Scheiben bewahren. NASA-CXO und Spitzer


Die große Mehrheit der Sterne bildet sich in Haufen unterschiedlicher Größe und verschieden besetzter Sternpopulation. Ein beträchtlicher Teil dieser Haufen liegt in der näheren Umgebung zu den heißesten, massereichsten Sternen. Die energiereiche Strahlung auch nur einiger dieser massereichen Sterne in einem Haufen kann dramatische Auswirkungen auf den Ablauf der Sternentstehung, die Entwicklung von zirkumstellaren Scheiben um diese Sterne herum und auf den ganzen Haufen selbst sowie seiner molekularen Geburtswolke haben. Es gibt zum Beispiel überzeugende Beweise, daß massereiche Sterne die Bildung neuer Generationen von Sternen mit geringer Masse in den heimatlichen Wolken auslösen können.
Massereiche Sterne können auch die Bildung zirkumstellarer Scheiben um ihre benachbarten Sterne stören. Die Scheiben können durch die starke UV-Strahlung schnell verdampft werden – dies hemmt die Bildung von Planeten. Während der frühen Entwicklung von jungen Haufen, die massereiche Sterne beherbergen, können auch Sterne geringer Masse auf ihrer Bahn um das Haufenzentrum intensiver UV-Strahlung ausgesetzt sein und sogar deren Scheiben werden zerstört. All das bedeutet, daß die Bildung von Planeten um Sterne in Haufen gefährdet sein könnte.
Um diese Prozesse richtig zu verstehen (und auch Dank der zunehmenden Hinweise, daß unser Sonnensystem selbst sich in der Anwesenheit benachbarter, massereicher Sterne bildete), haben Astronomen in den letzten Jahrzehnten viel Arbeit in die Beantwortung der Frage investiert, wie die Sternentstehung bei Anwesenheit von massereichen Sternen verläuft. Mehrere Astronomen, darunter Mario Guarcello, Jeremy Drake, Ned Wright, Joe Hora, Tom Aldcroft, Antonella Fruscione und Vinay Kashyap vom CfA, haben Daten vom sichtbaren bis zum mittleren infraroten Licht genutzt, um 1.843 junge Sterne mit Hinweisen auf umgebende Scheiben ausfindig zu machen und in Kategorien einzuordnen; all diese Sterne sind in der großen Sternentstehungsregion des Sternbilds Schwan gelegen.
Die Wissenschaftler untersuchten die jungen Quellen, um ihr Alter abzuschätzen; etwa 155 sind ungefähr 100.000 Jahre alt, viele andere weisen ein Alter auf, das bis zu ein paar Millionen Jahre reicht. Bei allen 1.843 jungen Sternen sind, trotz der starken UV-Strahlung in ihrer Umgebung, Scheiben gefunden worden. Eine nähere Betrachtung der Örtlichkeiten dieser mit Scheiben verbundenen Sterne brachte Hinweise zum Vorschein, daß die Sternbildung teilweise durch lokale Aktivität ausgelöst worden ist. Jetzt, da das Vorhandensein vieler Sterne mit Scheiben in einer Umgebung mit hoher UV-Belastung nachgewiesen worden ist, werden zukünftige Forschungen die Auswirkungen untersuchen, die die Strahlung auf die Scheiben hat.
Literatur:
„The Protoplanetary Disks in the Nearby Massive Star-Forming Region Cygnus OB2“
M. G. Guarcello, J. J. Drake, N. J. Wright, J. E. Drew, R. A. Gutermuth, J. L. Hora, T. Naylor, T. Aldcroft, A. Fruscione, D. García-Alvarez, V. L. Kashyap, and R. King
The Astrophysical Journal, 773:135 (24pp), 2013 August 20