Gammastrahlen-Jets aus der Milchstraße

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Eine künstlerische Darstellung von kürzlich entdeckten Gammastrahlen-Jets (rosa), die von dem massereichen Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße kommen. Die Jets erstrecken sich ober- und unterhalb der galaktischen Ebene über 27.000 Lichtjahre. Die bereits bekannten, von Gammastrahlen erzeugten Blasen sind in purpur dargestellt. David A. Aguilar


 
Supermassereiche Schwarze Löcher, einige so massereich wie zehn Milliarden Sonnen, werden in den Kernen der meisten Galaxien vermutet. Radiobeobachtungen haben Jets aus sich schnell bewegenden, geladenen Teilchen enthüllt, die aus dem Kern vieler solcher Galaxien ausströmen und sich über zehntausende von Lichtjahren erstrecken. Die Jets werden für das Ergebnis von akkretierender Materie auf das Schwarze Loch gehalten. Diese Jets tragen bedeutende Mengen an Energie in das Material ein und bilden manchmal einen heißen Kokon. Der Mechanismus, durch den die Jets an- und abgeschaltet werden, ist einer der großen Rätsel in der Hochenergie-Astrophysik, doch in einigen Fällen könnten die Jets für zig Millionen Jahre ununterbrochen erzeugt worden sein.
Das Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße ist, zumindest für den Moment, in einer Ruhephase. Es besitzt keine bekannten Jets und zeigt keine Anzeichen einer spektakulären Aktivität – aber es könnte in der Vergangenheit nicht so passiv gewesen sein. Es wäre in der Tat seltsam, wenn sich das Schwarze Loch der Milchstraße überhaupt nicht so wie die Schwarzen Löcher in anderen Galaxien verhält und Episoden an Aktivität zeigt.
Meng Su und Douglas Finkbeiner, Astronomen am CfA, durchkämmten die kürzlich mit dem Fermi-Weltraum-Teleskop erhaltenen Gammastrahlen-Aufnahmen und suchten nach Hinweisen auf frühere Aktivitäten des Schwarzen Lochs in der Milchstraße. Vor zwei Jahren entdeckten Su, Finkbeiner und Slatyer zwei Superblasen aus heißem Gas, die sich vom Zentrum nach außen erstreckten und vermutlich das Ergebnis irgendeiner Art von vorausgegangener Aktivität des Schwarzen Lochs sind. Durch sehr sorgfältiges Abziehen der Gammastrahlen-Aufnahmen dieser Blasen vom schwachen, diffusen Gammastrahlen-Hintergrund entdeckten die Astronomen den verbliebenen Hinweis auf eine schmale, aber riesig lange Struktur – ungefähr 27.000 Lichtjahre – die sich in beide Richtungen aus der galaktischen Ebene erstreckt. Hierzu schlagen die Wissenschaftler ein vernünftiges, jedoch unbestätigtes Gedankenspiel vor: beide Superblasen und die Jets wurden während eines aktiveren Zeitraums durch Akkretion um das Schwarze Loch herum erzeugt. Wenn diese Ergebnisse bestätigt werden, wirft die neue Arbeit nicht nur ein bedeutsames Licht auf die Geschichte der Aktivität unserer Galaxis, sondern es ist auch das erste Mal, daß Aufnahmen von Jets im Licht der Gammastrahlung zu sehen gewesen sind.