Galaktische Sternbildung und Massen supermassereicher Schwarzer Löcher

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Eine Simulation des heutigen Sternangebots im Universum in einem Ausschnitt von einhundert Millionen Lichtjahren. Astronomen nutzten diese Simulation, um zu untersuchen, wie Akkretion auf ein supermassereiches Schwarzes Loch die Sternentstehung in einer Galaxie unterdrückt.
The IllustrisTNG Project

Astronomen, die untersuchen, wie sich Sternbildung über kosmische Zeiten hinweg entwickelt, haben entdeckt, daß ruhende Galaxien (Galaxien, die heute nicht viele Sterne hervorbringen) oft aktive galaktische Kerne besitzen. Diese AGN akkretieren Material auf heiße zirkumnukleare Scheiben und die sich daraus ergebende Energie wird in Strahlungsausbrüchen oder als Jets aus Teilchen, die sich mit nahezu Lichtgeschwindigkeit bewegen, freigesetzt. Es gibt die Vermutung, daß diese Ausbrüche abströmendes Gas über tausende Lichtjahre antreiben und potenzielles Material zur Sternbildung in einem Prozeß, den man Quenching (ursprünglich „Löschen“, hier im Sinn von „Unterdrücken“) nennt, auseinanderreißt und zerstreut. Zudem ist der Quenching-Mechanismus selbstbegrenzend, da das Zerstreuen im Endeffekt die Akkretion von Gas auf das Schwarze Loch selbst unterbindet. Allerdings hat man weitere Mechanismen für das Quenching vorgeschlagen: Supernovae, die während der Sternentstehung auftreten, könnten wie starke Sternwinde verantwortlich (oder zumindest wichtige Mitwirkende) sein. Diese unterschiedlichen Alternativen zu überprüfen ist folglich ein wesentliches Ziel galaktischer Forschung.

Die Astronomen Bryan Terrazas, Rainer Weinberger sowie Lars Hernquist vom CfA und ihre Kollegen nutzten die IllustrisTNG genannte, großräumige hydrodynamische Simulation, um die Entwicklung von Galaxien und ihren Schwarzen Löchern zu verfolgen, und um in erster Linie die Beziehungen zwischen Rückkopplung von Schwarzem Loch und der Unterdrückung der Sternbildung zu untersuchen. Auch wenn die Einzelheiten der Akkretion eines Schwarzen Lochs noch immer nur oberflächlich verstanden sind, erlaubt die Simulation Wissenschaftlern, viele in die Simulation einzugebende Parameter zu ändern, um die zahlreichen Alternativen zu testen.

Die Astronomen haben festgestellt, daß Galaxien im lokalen Universum mit mehr als ungefähr zehn Milliarden Sonnenmassen an Sternen tatsächlich dazu neigen werden, die Sternproduktion zu unterdrücken, sobald die Energie in den Winden aus der Akkretion von Schwarzen Löchern größer wird als die Gravitationsenergie im Gas und daß dies tendenziell eintritt, wenn die Masse des supermassereichen Schwarzen Lochs ungefähr einhundertsechzig Millionen Sonnenmassen übersteigt. Dieser Wert scheint ziemlich klar umrissen zu sein: 90% der Galaxien mit kleineren Schwarzen Löchern bilden lebhaft Sterne, 90% mit größeren Schwarzen Löchern ruhen. Das Team verglich dann die Ergebnisse der Simulationen mit den Beobachtungen von einundneunzig Galaxien (auch wenn dies ganz und gar keine repräsentative Stichprobe an Objekten ist) und stellte allgemein eine gute Übereinstimmung fest; die Beobachtungen zeigen allerdings ein viel breiter gestreutes Verhalten.

Literatur:

„The Relationship between Black Hole Mass and Galaxy Properties: Examining the Black Hole Feedback Model in IllustrisTNG“

Bryan A. Terrazas, Eric F. Bell, Annalisa Pillepich, Dylan Nelson, Rachel S. Somerville, Shy Genel, Rainer Weinberger, Melanie Habouzit, Yuan Li, Lars Hernquist and Mark Vogelsberger

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 493, 1888, 2020

oder

arXiv:1906.02747v1 [astro-ph.GA] 6 Jun 2019