Erste Messung der Kräuselung in den Schwankungen im kosmischen Hintergrund

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Gegenlichtaufnahme des Südpol-Teleskops im Profil, mit Nebensonne (Bogen und Regenbogen), hervorgerufen durch Eiskristalle. Astronomen an diesem Teleskop haben die erste Messung der lang gesuchten kosmischen B-Moden bekannt gegeben – Kräuselungen in den Schwankungen des kosmischen Mikrowellen-Hintergrunds. Photo von Jeff McMahon


 
Das Universum entstand vor 13.73 Milliarden Jahren in einem Lichterglanz: dem Urknall. Etwa 380.000 Jahre später, nachdem sich Materie (meist Wasserstoff) genügend abgekühlt hatte, um neutrale Atomen zu bilden, konnte Licht den Raum ungehindert durchqueren. Dieses Licht, die kosmische Mikrowellen-Hintergrundstrahlung, kommt aus allen Richtungen gleichförmig auf uns zu … so schien es zunächst jedenfalls. In den letzten Jahrzehnten entdeckten Astronomen, daß die Strahlung selbst in Wirklichkeit feinste Schwankungen in einer Größenordnung von nur einem Hunderttausendstel aufweist. Diese winzigen Unterschiede geben den Aufbau des Kosmos zu dem Zeitpunkt wieder, als das Licht sich frei bewegen konnte und erlaubte die Entstehung späterer kosmischer Strukturen (Galaxien und Galaxiencluster), an denen das Licht auf seiner Reise durch Raum und Zeit vorbeizog. Daher enthalten die winzigen Schwankungen Hinweise über die Entwicklung des frühen Weltalls und gehören somit zu den Topthemen der modernen astronomischen Forschung.
Astronomen haben spekuliert, daß diese Schwankungen auch Spuren des vermuteten, bizarren, ersten Expansionsschubs des Universums bewahrt haben könnten – die sogenannte Inflation, die das neue Universum um den Faktor von ungefähr 1033 in kaum 10-33 Sekunden aufblähte. Nach der Inflation dehnte sich der Kosmos (und dehnt sich weiter) in einem viel langsameren Tempo aus, wobei sich die ersten neutralen Atome Hunderttausende Jahre später bildeten. Gemäß der Theorie sollten verbliebene Hinweise über die Inflation sich in der Art, wie die Schwankungen gekräuselt sind, noch schwach bemerkbar machen. In der Tat ist einer der „heiligen Grale“ in der modernen Kosmologie die Entdeckung solcher Kräuselungen gewesen, ein Effekt, der aller Voraussicht nach möglicherweise 100 Mal schwächer ist als die winzigen Schwankungen selbst. Der Effekt wird „B-Mode-Polarisation“ genannt. Dabei machen andere exotische Prozesse diese entmutigende Aufgabe zu einer noch größeren Herausforderung – insbesondere die Rolle der Gravitation. Da die Schwerkraft das Licht beugt (wie Einstein voraussagte), wird die kosmische Materie das Licht der Schwankungen in der Mikrowellen-Hintergrundstrahlung verzerren und dies auf eine Art, die ebenfalls eine gekräuselte Signatur hinterläßt.
CfA-Astronom Tony Stark war Mitglied in einer großen Gruppe von Astronomen, der die bahnbrechende erste Messung der Kräuselungen in den Schwankungen im kosmischen Hintergrund gelang – die lang gesuchte Signatur der polarisierten B-Mode. In einer Arbeit, erschienen in den Physical Review Letters, geben die Wissenschaftler die Messung einer durch Gravitation hervorgerufenen Kräuselung bekannt, die ihnen mit Hilfe eines neuen Mikrowelleninstruments am Südpol-Teleskop gelang. Die Gruppe setzte eine Vielzahl an Tests und Gegenproben ein, um ihre Folgerungen zu erhärten, die jetzt den Weg in die rätselhafte Zeit der Inflation selbst öffnen. Auch wenn das postulierte Modell der Inflation bei Voraussagen über das Universums höchst erfolgreich gewesen ist, ist es auch ein Stück weit umstritten, denn es verläßt sich auf Ideen aus der Teilchenphysik, Quantentheorie und sogar der Gravitationstheorie, die alle nicht vollständig in sich widerspruchsfrei und noch immer im Aufbau sind. Die gekräuselten Schwankungen der Schöpfung, jetzt endlich entdeckt, könnten einen bedeutenden Einfluß auf viele fundamentale Felder der Astronomie und Physik ausüben.
Literatur:
“Detection of B-Mode Polarization in the Cosmic Microwave Background with Data from the South Pole Telescope”
D. Hanson, S. Hoover, A. Crites, P. A. R. Ade, K. A. Aird, J. E. Austermann, J. A. Beall A. N. Bender, B. A. Benson, L. E. Bleem, J. J. Bock, J. E. Carlstrom, C. L. Chang, H. C. Chiang, H-M. Cho, A. Conley, T. M. Crawford, T. de Haan, M. A. Dobbs, W. Everett, J. Gallicchio, J. Gao, E. M. George, N.W. Halverson, N. Harrington, J.W. Henning, G. C. Hilton, G. P. Holder, W. L. Holzapfel, J. D. Hrubes, N. Huang, J. Hubmayr, K. D. Irwin, R. Keisler, L. Knox, A. T. Lee, E. Leitch, D. Li, C. Liang, D. Luong-Van, G. Marsden, J. J. McMahon, J. Mehl, S. S. Meyer, L. Mocanu, T. E. Montroy, T. Natoli, J. P. Nibarger, V. Novosad, S. Padin, C. Pryke, C. L. Reichardt, J. E. Ruhl, B. R. Saliwanchik, J. T. Sayre, K. K. Schaffer, B. Schulz, G. Smecher, A. A. Stark, K. T. Story, C. Tucker, K. Vanderlinde, J. D. Vieira, M. P. Viero, G. Wang, V. Yefremenko, O. Zahn und M. Zemcov
Physical Review Letters 111, 141301, 2013