Energiereiche Jets von nichtrotierenden Schwarzen Löchern

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Ein bei mehreren Wellenlängen entstandenes Bild der extrem leuchtkräftigen Röntgenquelle X2 in der Galaxie M82. Lange Zeit war es für Wissenschaftler schwierig, den Mechanismus zu verstehen, der die intensive Strahlung mit Energie versorgt. In einer neuen Arbeit wird mit Erfolg eine alternative Erklärung zur magnetisch beherrschten Rotation eines Schwarzen Lochs vorgeschlagen – die Röntgenjets werden durch Strahlung angetrieben.
X-ray: NASA / CXC / Univ. of Toulouse / M. Bachetti et al. Optical: NOAO / AURA / NSF


 
Ein Schwarzes Loch ist so einfach (zumindest in herkömmlichen Theorien), daß es durch nur drei Parameter vollständig beschrieben werden kann: seine Masse, seinen Drehimpuls und seine elektrische Ladung. Auch wenn sich das Schwarze Loch aus einer vielschichtigen Mischung von Materie und Energie geformt haben könnte, gehen alle individuellen Einzelheiten verloren, wenn es zu einem singulären Punkt kollabiert. Die Umgebung eines Schwarzen Lochs ist jedoch nicht so einfach. Wenn Material in Richtung des Schwarzen Lochs strömt, entwickelt sich eine heiße Akkretionsscheibe. In Galaxien mit aktiven Schwarzen Löchern in ihrem Zentrum ermöglichen die Scheiben die Bildung von gewaltigen Jets aus ionisierter Materie. In einigen Fällen werden die Teilchen der Jets auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Diese Jets sollen durch die Rotationsenergie des sich drehenden Schwarzen Lochs angetrieben werden, wobei Magnetfelder eine wichtige Rolle spielen.
CfA-Astronom Ramesh Narayan und Aleksander Sądowski vom Kavli Institute for Astrophysics and Space Research haben eine alternative Erklärung für die Kraftquelle der Jets entdeckt. An Stelle der durch Rotation angetriebenen, magnetisch beherrschten Jets entdeckten sie, daß nicht rotierende Schwarze Löcher ebenfalls gewaltige Jets durch die von heißem Gas abgegebene, intensive Strahlung antreiben können. Die Schwerkraft des Schwarzen Lochs zieht die Strahlung an, die so verdichtet wird, daß ihr Druck die Partikel des Jets bis auf halbe Lichtgeschwindigkeit beschleunigen kann; zumindest bei passender Scheibenstruktur.
Die Ergebnisse der beiden Forscher liefern eine alternative Erklärung für einige verwirrende astrophysikalische Beobachtungen. Die ultraleuchtkräftigen Röntgenquellen am Himmel sollen um Schwarze Löcher von ungefähr zehn Sonnenmassen entstehen, aber die Modelle können die Energiefreisetzung von all den Beobachtungen nicht erklären, es sei denn, die Röntgenstrahlung wird eher in eng gebündelten Strahlen als gleichförmig in alle Richtungen abgegeben. In dem neuen alternativen Bild, in der die Strahlung die Jets antreibt, gibt die Quelle auf natürlichem Weg Teilchen in gebündelten Strahlen ab.
Literatur:
„Powerful Radiative Jets in Supercritical Accretion Discs around Non-spinning Black Holes“
Aleksander Sądowski and Ramesh Narayan
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 453, 3213–3221 (2015)