Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
Astronomen konnten im vergangenen Jahrzehnt einige der wichtigsten physikalischen Prozesse untersuchen, die in den frühen Abschnitten des stellaren Wachsens im Gang sind, zum Teil dank der Submillimeter- und Infrarotteleskope, welche durch die vom Staub in den Geburtswolken hervorgerufene starke Sichttrübung blicken können. Eine der zentralen heutigen Fragen ist, wie neue Sterne sich selbst vom Drehimpuls befreien, der größer geworden ist, als sich das Material in der Wolke zusammenzog, um die Sterne zu bilden. Die Antwort liegt wahrscheinlich in den beobachteten bipolaren Materiejets, die von den Sternen wegschießen. Die Jets können das sich drehende Material in Abströmungen hineinleiten; das Material entkommt und erlaubt so dem Schrumpfprozeß voranzuschreiten. Diese Abströmungen, oftmals spektakulär eng begrenzt und lang, sind häufig zu sehen. Wie und wann sich diese Strömungen entwickeln und wie effektiv sie sind, einem jungen Stern zu ermöglichen, mit seinem Wachstum fortzufahren, bleiben wichtige Bereiche der Forschung.
Die gängigen Theorien über die Herkunft der protostellaren Abströmungen gehen davon aus, daß Abströmungen durch Wechselwirkungen von ionisiertem Material in der Scheibe des Sterns und den Magnetfeldern, die im Stern und/oder der Scheibe vorhanden sind, erzeugt werden. Protostellare Winde reißen dann das molekulare Gas der Wolke, in der sich der junge Stern befindet, mit und erzeugen dadurch molekulare Abströmungen. Es gibt stichhaltige Beobachtungsbefunde, die zeigen, daß molekulare Abströmungen von jungen Sternen mit geringer Masse dazu neigen, in ihrer frühen Entwicklungsphase relativ gut gebündelte Keulen zu entwickeln, daß sie jedoch dazu tendieren, in späteren Phasen weitläufiger aufgefächerte Strömungen zu bilden. Es gibt allerdings kein Einvernehmen über die genaue Physik, die diesen Entwicklungstrend der molekularen Abströmungen hervorbringt; eine wandernde Jetachse (Präzession) könnte zum Beispiel aufgefächertere Hohlräume hervorrufen, während sich der Protostern weiterentwickelt. Andererseits könnten protostellare Winde gebündelte als auch weit aufgefächerte Komponenten besitzen, deren Anteil sich mit dem Alter ändert.
Die CfA-Astronomen Erin Brassfield und Nimesh Patel haben gemeinsam mit vier Kollegen das Submillimeter Array eingesetzt, um die Abströmung in der als Barnard 5 bekannten stellaren Kinderstube zu untersuchen, die ungefähr 790 Lichtjahre entfernt liegt. Sie haben entdeckt, daß die Strömung genau genommen mehrere Arme mit spinnenähnlicher Komplexität aufweist und sowohl schmale Jets als auch weit aufgefächerte Bestandteile umfaßt, wobei in jedem Arm Gas mit unterschiedlicher Geschwindigkeit vorkommt. Sie konnten zum ersten Mal das Vorkommen von Schalen aus Material mittlerer Geschwindigkeit, die dicht bei dem Stern entstehen, ebenso nachweisen wie einige geschoßartige Auswürfe, die vermutlich mit dem eng gebündelten Jet in Verbindung stehen. Die neuen Ergebnisse stehen in Übereinstimmung mit der Vorstellung, daß junge Abströmungen viele Bestandteile haben, deren Stellenwert sich mit der Zeit wandelt. Diese besondere Quelle wird in einem einmaligen Übergangsstadium von stark gebündelter Aktivität und weit aufgefächertem Wind beobachtet.
Literatur:
“A Spider-Like Outflow in Barnard 5 – IRS 1: The Transition from a Collimated Jet to a Wide-Angle Outflow?”
Luis A. Zapata, Hector G. Arce, Erin Brassfield, Aina Palau, Nimesh Patel, and Jaime E. Pineda
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 441, 3696–3702 (2014)