Ein neuartiger Quantencomputer (Originalartikel vom 03.11.2017)

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
(Originalartikel unter https://www.cfa.harvard.edu/news/su201742)

Eine Aufnahme des in der Entwicklung befindlichen 1000+ Qubit Computerchips von Google. Forscher am CfA und ihre Kollegen haben einen neuen Weg vorgeschlagen, Photonen anstelle von Siliziumchips als Qubits zu verwenden; dies öffnet die Tür zu einer neuen Technologie. Google


 
Die Quantenmechanik hält einige schwer zu verstehende Eigenschaften der Materie bereit. Zum Beispiel erlaubt die Quanten-Superposition einem Atom, gleichzeitig in zwei unterschiedlichen Zuständen, mit der Drehachse nach oben und unten oder dazwischen liegenden Kombinationen, aufzutreten. Ein Computer, der quantenmechanische Manipulation von Atomen oder Teilchen nutzt, hat daher viel mehr realisierbare Möglichkeiten als ein herkömmlicher Computer, einer, der mit „Nullen“ und „Einsen“ arbeitet und nur zwei Auswahlmöglichkeiten, genannt Bits, hat. Der Speicher eines Quantencomputers nutzt stattdessen sogenannte Quantenbits – Qubits – und jedes Qubit kann sich in einer Superposition dieser beiden Zustände befinden. Theoretische Physiker erwarten infolgedessen, daß ein Quantencomputer mit nur etwa hundert dieser Qubits im Prinzip die Rechenleistung der leistungsstärksten heutigen klassischen Computer übertreffen könnte. Die Konstruktion eines Quantencomputers ist aus diesem Grund eines der wichtigsten technologischen Ziele in der modernen Physik und Astrophysik.
Der CfA-Physiker Hannes Pichler am Institute for Theoretical Atomic, Molecular and Optical Physics (ITAMP) des CfA und drei Kollegen haben einen neuen Weg vorgeschlagen, um einen Quantencomputer mit nur einem einzigen Atom zu bauen. Lichtquanten (Photonen) können als Informationsträger genutzt werden und als Qubits dienen, aber um in einem Quantencomputer nutzbar zu sein, müssen die Photonen miteinander wechselwirken. Allerdings reagiert Licht unter normalen Bedingungen nicht mit sich selbst und so besteht die Herausforderung darin, Wechselwirkungen zwischen den Photonen zu erzeugen. Die entscheidende Idee in der Arbeit der vier Wissenschaftler ist, den Photonen eines Atoms zu erlauben, mit ihren spiegelbildlichen Reflexionen in Wechselwirkung zu treten. Lichtquanten, die das Atom aussendet, werden durch einen Spiegel reflektiert und können, mit einer sehr geringen Zeitverzögerung, wieder mit dem Atom wechselwirken. Diese Verzögerung, so zeigen die Forscher, ergibt die zusammengesetzte Wellenform der Photonen und ist so komplex, daß im Prinzip jede Quantenberechnung durch einfaches Messen der ausgesandten Photonen ausgeführt werden kann.
Die theoretische Entdeckung ist nicht nur ein gedanklicher Durchbruch in der Quantenoptik und Quanteninformation, sie öffnet auch eine Tür zu neuen Technologien. Insbesondere die vorgeschlagene Anordnung mit nur einem Atom ist interessant, da es die einzusetzenden Mittel verringert und nur auf Elementen beruht, die sich bereits in modernsten Experimenten als einsatzfähig gezeigt haben.
Literatur:
„Universal Photonic Quantum Computation via Time-Delayed Feedback“
Hannes Pichler, Soonwon Choi, Peter Zoller, and Mikhail D. Lukin
Proceedings of the National Academy of Sciences 2017 114 (43) 11362-11367