Ein Galaxienhaufen mit zwei Paaren von Röntgenhohlräumen

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter https://pweb.cfa.harvard.edu/news)

Optisches und Röntgenbild vom Galaxienhaufen RBS 797. Mit Hilfe des Chandra-Röntgen-Observatoriums wurden im Zentrum des Galaxienhaufens vier riesige Hohlräume entdeckt, die nach Auffassung von Astronomen auf das Vorhandensein eines doppelten supermassereichen Schwarzen Lochs hindeuten.
NASA/CXC/University of Bologna/F. Ubertosi/STScI/M. Calzadilla/NSF/NRAO/ALMA

Supermassereiche Schwarze Löcher (englisch supermassive black hole = SMBH) in den Zentren von Galaxien akkretieren manchmal Material auf einen umgebenden Torus aus Gas und Staub. Wenn dies geschieht, wird das Material auf Tausende von Grad erhitzt, was den Ausstoß starker Jets geladener Teilchen zur Folge hat. Diese Jets können Hohlräume oder Blasen aus heißem Gas hervorrufen, die in den Galaxien nach außen drängen und bei den Radio- sowie Röntgenbeobachtungen entdeckt wurden. In hellen Galaxienclustern lassen sich die Auswirkungen dieser Aktivität auf das Medium innerhalb des Clusters anhand von Wellen oder fadenförmigen Strukturen, die auf Röntgenbildern zu sehen sind, nachvollziehen, und in der Tat wurden Hohlräume mit heißem Gas gefunden, die wahrscheinlich von Radiokeulen ausgehöhlt wurden, die aus dem aktiven Kern stammen.

Die CfA-Astronomen Paul Nulsen, Scott Randall, Will Forman und Christine Jones gehörten zu einem Team, das mit dem Chandra-Röntgen-Observatorium eine Tiefenaufnahme der Röntgenhohlräume im Galaxienhaufen RBS 797 machte. Dieser Galaxienhaufen beherbergt bekanntermaßen zwei ausgeprägte Röntgenhohlräume, und Folgebeobachtungen im Radio-bereich mit dem Very Large Array erbrachten Hinweise auf ein zweites Paar von Jets und Lappen, die senkrecht zum ersten Paar ausgerichtet sind, aber mit einem Durchmesser von etwa hunderttausend Lichtjahren ungefähr die gleichen Ausmaße haben. Damit ist RBS 797 der erste Galaxienhaufen, von dem bekannt ist, daß er vier gleichweit voneinander entfernte, zentralsymmetrische, im Radiolicht strahlende Röntgenhohlräume besitzt, die jeweils zwischen 10 – 50 Millionen Jahre alt sind, wobei die Altersunterschiede höchstens 10 Millionen Jahre betragen.

Die Astronomen untersuchen zwei Szenarien für den Ursprung dieser beiden riesigen, senkrecht zueinander stehenden Strukturen. Im ersten wird die Möglichkeit eines binären SMBH-Kerns in Betracht gezogen, der die Hohlräume gleichzeitig in verschiedene Richtungen aushöhlt; im zweiten Szenario wird untersucht, ob ein einzelner SMBH-Kern die Richtung seiner Jets in weniger als zehn Millionen Jahren bei fehlausgerichteten Ausbrüchen irgendwie schnell neu ausrichten könnte. Da ihre Auswertung mit der Feststellung übereinstimmt, daß die Lappen ein gleiches Alter aufweisen, bevorzugen sie das erste Szenario mit dessen verlockenden Beweisen für das Vorhandensein von zwei aktiven SMBHs, die gleichzeitig im Zentrum dieses Systems strahlen.

Literatur:

„The Deepest Chandra View of RBS 797: Evidence for Two Pairs of Equidistant X-ray Cavities“

F. Ubertosi, M. Gitti, F. Brighenti, G. Brunetti, M. McDonald, P. Nulsen, B. McNamara, S. Randall, W. Forman, M. Donahue, A. Ignesti, M. Gaspari, S. Ettori, L. Feretti, E. L. Blanton, C. Jones, and M. Calzadilla

The Astrophysical Journal 923, L25, 2021

oder

arXiv:2111.03679v1 [astro-ph.GA] 5 Nov 2021