Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
Die meisten Galaxien finden sich in Clustern, Ansammlungen von einigen bis zu vielen Tausend Galaxien. Unsere Milchstraße selbst ist Mitglied der „Lokalen Gruppe“, eine aus etwa fünfzig Galaxien bestehender Haufen, dessen anderes großes Mitglied die in etwa 2.3 Millionen Lichtjahren Entfernung gelegene Andromeda-Galaxie ist. Der uns nächstgelegene große Galaxienhaufen ist der Virgo-Cluster mit etwa 2.000 Mitgliedern, dessen Zentrum rund 50 Millionen Lichtjahre entfernt liegt. Der Raum zwischen all diesen Galaxien ist nicht leer, sondern angefüllt mit heißem Gas, dessen Temperatur bei zehn Millionen Kelvin oder sogar darüber liegt.
Die Entwicklung von Clustern ist ein zentrales Merkmal der Galaxienentwicklung, da Hunderte oder oftmals Tausende von Galaxien durch ihre gegenseitige gravitative Anziehung aneinander gebunden sind. Haufenbildung beeinflußt die Entwicklung des einzelnen galaktischen Mitglieds und gibt die größeren kosmischen Strukturen und physikalischen Prozesse wieder. Astronomen ziehen Beobachtungen von lichtschwachen, entfernten Galaxien heran, um ihre Modelle der Galaxienentwicklung auf Widerspruchsfreiheit zu prüfen und die Rahmenbedingungen weiterzuentwickeln. Allerdings ist die Aufgabe schwierig, Clusterbildung im frühen Universum zu enträtseln, da entfernte Galaxien lichtschwach sind und nur die hellsten gesehen werden können. Dennoch ist die Forschung bislang sehr erfolgreich gewesen. Beobachtungen an Galaxienhaufen haben in letzter Zeit über Vieles wichtige neue Einsichten geliefert, sei es von Dunkler Materie im Universum bis zu den frühen kosmologischen Zeiträumen, die dem Urknall folgten.
Trotz vieler Erfolge leiden heutige Modelle der Clusterbildung von Galaxien daran, daß offenkundig mehrere Dinge keine Berücksichtigung fanden. Einer dieser Mängel bezieht sich auf das Schicksal des heißen, Röntgenstrahlung aussendenden Gases. In den zentralen Bereichen der Cluster wird das Gas durch Supernovae (der explosive Tod von Sternen) und anderen Prozessen auf extreme Temperaturen erhitzt. Die Frage ist, weshalb dieses heiße Gas nicht wirkungsvoller abkühlt und in Richtung Clusterzentrum sinkt. Der geläufigste Vermutung lief darauf hinaus, daß abströmende Jets von supermassereichen Schwarzen Löchern oder andere Arten der Rückkopplung die Bildung solcher „cooling flows“ (etwa „abkühlende Strömungen“) hemmt, aber die Einzelheiten dieses Mechanismus nachzuweisen ist schwer erreichbar gewesen.
Ryan Foley, Matt Ashby, Bill Forman, Steve Murray, Brian Stalder, Tony Stark, Chris Stubbs, und Alex Vikhlinin vom CfA sind Teil einer Gruppe von Astronomen, die einen der größten und leuchtkräftigsten Galaxiencluster im Universum entdeckt hat, den sogenannten Phoenix-Cluster, etwa 5.7 Milliarden Lichtjahre entfernt. Mit Hilfe des Chandra-Röntgen-Observatoriums, der Magellan-Teleskope in Chile, dem Südpol-Teleskop in der Antarktis und einer Anzahl weiterer Weltraum und erdgestützter Einrichtungen hat das Team entdeckt, daß der Cluster (zumindest gegenwärtig) einen heftigen Sternentstehungsausbruch durchläuft, bei dem jedes Jahr ungefähr 740 Sonnenmassen in neue Sterne umgewandelt werden (zum Vergleich: die Milchstraße bildet etwa einen Stern pro Jahr). Dies war gänzlich unerwartet: die meisten Cluster unterhalten nur eine bescheidene Sternbildung. Parallel dazu entdeckte die Gruppe, daß das beherrschende Schwarze Loch im Cluster keine besonders starke Jetaktivität zeigt. Wie das Team in der letzten Ausgabe des Journals Nature (#488 vom 16. August 2012) schreibt, kommen sie zu dem Schluß, daß dieser gewaltige Starburst durch das einfallende Material angetrieben wird. Sie vermuten, daß in diesem Cluster das beherrschende Schwarze Loch, obwohl ständig an Masse zunehmend, Jets besitzt, die nicht in der Lage sind, den „cooling flow“ aufzuhalten. Dies bedeutet, daß dieser Cluster entweder von einer sehr seltenen Art ist oder daß er mit seiner weiteren Entwicklung effektivere und üblichere Wege ausbildet, um das einfallende Material zu bremsen.