Dunkle Materie

Paul M. Sutter in Universe Today – Übersetzt von Harald Horneff

In dieser Serie erkunden wir die sonderbare, doch auch wunderbare Welt der astronomischen Fachsprache! Das Thema heute: Dunkle Materie!

Im Universum geht etwas Seltsames vor. Bereits in den 1930er Jahren untersuchte der Astronom Fritz Zwicky die Bewegungen von Galaxien im Coma-Galaxiencluster. Er stellte fest, daß sich diese Galaxien viel zu schnell bewegten. Wenn man ihre gegenseitige Anziehungskraft addiert, hätten ihre unglaublichen Geschwindigkeiten den Coma-Galaxiencluster schon längst zerreißen müssen. Aber der Cluster war da. Er vermutete, daß es eine Art von Materie geben musste, die seinen Beobachtungen verborgen blieb und die genug Anziehungskraft ausübte, um den Haufen zusammenzuhalten.

Er nannte das Zeug „Dunkle Materie“ und wandte sich anderen Themen zu. Das Thema wurde von der astronomischen Gemeinschaft weitgehend ignoriert.

In den 1970er Jahren untersuchte die Astronomin Vera Rubin die Bewegungen der Sterne in der Andromeda-Galaxie. Sie stellte fest, daß die Sterne viel zu schnell auf ihren Bahnen kreisten. Diese Galaxie und Dutzende andere, die sie untersuchte, hätten sich selbst auseinanderreißen müssen, es sei denn, es gäbe eine verborgene Art von Materie, die alles zusammenhält.

Die Dunkle Materie war zurück.

Seitdem hat sich die Beweislage weiter verbessert. Die Masse der Galaxiencluster kann den Weg des Lichts von Hintergrund-objekten ablenken, und die Astronomen können anhand des Ausmaßes der Ablenkung die Masse der Cluster berechnen. Diese Berechnungen zeigen, daß die eigentliche Masse der Galaxiencluster mindestens das Fünffache dessen beträgt, was wir sehen können.

Kosmologen, die das frühe Universum erforschen, können den kosmischen Mikrowellenhintergrund kartieren, das zurück gebliebene Lichtmuster aus der Zeit, als der Kosmos nur 380.000 Jahre alt war. Diese Beobachtungen zeigen uns, daß es damals eine Form von Dunkler Materie gab.

Berechnungen über die Bildung von Elementen im sehr frühen Universum sagen erfolgreich die Häufigkeit von Wasserstoff und Helium voraus… und sagen uns, daß die Menge an normaler Materie nicht sehr groß ist.

Überall, wo wir hinschauen, sehen wir Anhaltspunkte für Dunkle Materie. Keine andere Theorie kann die Vielzahl von Beobachtungen erklären, die auf deren Existenz hindeuten. Soweit wir wissen, handelt es sich um eine neue Art von Teilchen, die dem Standardmodell der Teilchenphysik bisher unbekannt war und die schlichtweg nicht mit Licht wechselwirkt. Das Licht geht durch die Teilchen hindurch – sie reflektieren, brechen, leuchten oder absorbieren nicht. Ein besserer Name wäre „unsichtbare Materie“, aber das klingt wohl nicht so cool.

Es wird nach direkten Beweisen für Dunkle Materie gesucht. Bislang ist diese Suche ergebnislos verlaufen. Aber ich vermute, wenn es einfacher wäre, Dunkle Materie zu sehen, wäre sie am Ende doch nicht so dunkel.