Dreifach bedeckungsveränderliche Sternsysteme

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Originalartikel unter https://pweb.cfa.harvard.edu/news)

Schematische Darstellung eines dreifach bedeckungsveränderlichen Sternsystems mit Blick von oben auf die Bahnebene. Die grüne Bahn und der ausgefüllte grüne Kreis markieren den dritten Stern, während die inneren rot/blauen Bahnen für das innere bedeckungsveränderliche Doppelsternpaar stehen. Nur ungefähr zwanzig dreifach bedeckungsveränderliche Sternsysteme sind bekannt; Astronomen haben TESS-Beobachtungen in Verbindung mit anderen Datensätzen genutzt, um sechs neue Systeme zu untersuchen.
Rappaport et al. 2022

Sterne mit der Masse der Sonne oder mehr haben in der Regel einen oder mehrere Sterne, die sie begleiten und umkreisen. Das System entsteht, wenn die Schwerkraft das Gas und den Staub einer interstellaren Wolke zusammenzieht, bis sich Klumpen bilden, die dicht genug sind, um zu Sternen zu verschmelzen. Nach einem Modell entstehen Mehrfachsternsysteme, wenn die Wolke eine leichte Drehung erfährt. Dadurch entsteht eine Scheibe, die dann fragmentiert und mehrere Sterne hervorbringt. In einem konkurrierenden Modell veranlassen Turbulenzen in der Wolke die Klumpen dazu, in mehrere Systeme zu zerbrechen. Wenn die Umlaufbahn eines Paares von Doppelsternen zufällig entlang unserer Sichtlinie verläuft, bilden diese Sterne einen Bedeckungsveränderlichen. Gewöhnliche, annähernd sonnenmassengroße Bedeckungsveränderliche haben eine charakteristische Periode, die sich in Tagen bemißt. Dreifachsternsysteme können ebenfalls bedeckend sein, aber da der dritte Stern in einem typischen Dreifachsystem weiter außen kreist (damit das System relativ stabil bleibt und nicht einen der Sterne herausstößt), liegt die Periode näher bei einem Jahr, und es ist eine längere Beobachtung erforderlich, um sie zu entdecken und zu untersuchen. Bis heute sind über eine Million Bedeckungsveränderliche bekannt, aber nur zwanzig dreifach bedeckungsveränderliche Systeme wurden veröffentlicht.

Dreifach bedeckungsveränderliche Systeme bieten ebenso wie Doppelsterne den Vorteil, daß sie es Astronomen ermöglichen, mehrere ansonsten unzuverlässige physikalische Eigenschaften der Systeme verläßlich zu messen, darunter Bahnneigungen und Exzentrizitäten sowie – in Kombination mit anderen Daten – die Sternmassen, Radien, Alter, Tempe-raturen und chemischen Zusammensetzungen („Metallizität“). Bei bedeckungsveränderlichen Dreifachsystemen können jedoch auch komplexe dynamische Wechselwirkungen untersucht werden, die auf kurzen Zeitskalen ablaufen. Nicht zuletzt wirft die Statistik von bedeckungsveränderlichen Dreifachsternen auch ein Licht auf die Entstehungsmechanismen dieser Systeme, die mit Simulationen verglichen werden können.

CfA-Astronom Willie Torres gehörte zu einem Team, das mit Hilfe von Transitbeobachtungen von TESS (Transiting Exoplanet Survey Satellite) ungefähr fünfzig neue dreifach bedeckungsveränderliche Systeme entdeckte, zwanzig davon mit zuver-lässigen Umlaufbahnen für alle drei Sterne. Das Team berichtet über sechs dieser bedeckungsveränderlichen Dreifach-systeme, für die zusätzliche Daten eine vollständigere Beschreibung der Eigenschaften der Sterne ermöglicht haben. Alle sechs Sternsysteme sind relativ alt, etwa eine Milliarde Jahre. Alle sind fast frontal zu sehen, wobei der innere Binärstern manchmal den äußeren Tertiärstern bedeckt und manchmal umgekehrt. Die Massen aller zwölf Sterne im inneren Doppel-sternsystem liegen im Bereich von 0.7 bis 1.8 Sonnenmassen, und all diese Sterne befinden sich in der Hauptreihenphase ihrer Lebenszeit; die sechs Tertiärsterne sind alle größer und besitzen Massen zwischen 1.5 und 2.3 Sonnenmassen. Abschließend erörtern die Autoren die statistischen Daten dieser Systeme und kommen zu dem Schluß, daß etwa 0.02 % der engen Doppel-sternsysteme einen dritten Stern in einer flachen Anordnung wie in der untersuchten Gruppe beherbergen – was bedeutet, daß es in unserer Galaxis vermutlich mehrere hunderttausend davon gibt. Sie weisen auch auf mögliche Verbindungen zwischen Drillingen und noch komplexeren Sternsystemen wie den sogenannten „2 plus 2 kompakten Vierfachsystemen“ hin.

Literatur:

„Six New Compact Triply Eclipsing Triples Found With TESS“

S. A. Rappaport, T. Borkovits, R. Gagliano, T. L. Jacobs, V. B. Kostov, B. P. Powell, I. Terentev, M. Omohundro, G. Torres, A. Vanderburg , T. Mitnyan, M. H. Kristiansen, D. LaCourse, H. M. Schwengeler, T. G. Kaye, A. Pál, T. Pribulla, I. B. Bíró, I. Csányi, Z. Garai, P. Zasche, P. F. L. Maxted, J. E. Rodriguez, and D. J. Stevens

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 513, 4341 2022

oder

arXiv:2204.02539v1 [astro-ph.SR] 6 Apr 2022