Don Quixote: Ein Asteroid, der ein lebendiger Komet ist

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Eine Infrarot-Aufnahme des erdnahen Objekts und Kometen Don Quixote mit seinem kürzlich entdeckten Schweif. Der sehr helle Kern des Kometen ist ausgeblendet worden (obgleich ein heller Streifen zurückblieb, das in diesen Fällen normal ist), um den Schweif im oberen Teil der Aufnahme deutlich zu machen. Hintergrundsterne sind zusammen mit einer Größenmarkierung zu sehen, die bei der Entfernung des Kometen etwa 50.000 Kilometer wiedergibt. NASA-Spitzer und Center for Astrophysics


Erdnahe Objekte (Near Earth Objects = NEOs) sind Asteroide oder Kometen, deren Bahnen sie manchmal dicht an die Erdumlaufbahn heranführen. Ein NEO könnte deshalb eines Tages mit der Erde kollidieren – dies beschert ihnen bedeutend mehr allgemeines Interesse als den meisten anderen Objekten in der Astronomie. Das Tunguska-Ereignis im Jahr 1908 beispielsweise, das in Russland über 2.000 Quadratkilometer verwüstete, wurde einigen einfachen Abschätzungen zufolge durch einen Asteroiden mit nur 60 Meter im Durchmesser verursacht. Der Asteroid, der im Frühling 2012 Sibirien traf (der Tscheljabinsk-Meteor), maß nur 40 Meter im Durchmesser. Während es relativ einfach ist, einen NEO im sichtbaren Licht aufzuspüren, in dem man seine Bewegung Nacht für Nacht am Himmel beobachtet, ist das Bestimmen seiner Größe schwieriger. Dies liegt daran, daß die optische Helligkeit eines NEO von zwei Faktoren abhängt: seiner Größe und seines Reflexionsvermögens. Astronomen des CfA haben für mehrere Jahre die IRAC an Bord des Spitzer-Weltraum-Teleskops genutzt, um das von NEOs abgegebene Infrarotlicht zu messen und den Strahlungsfluß nachgestellt, um die Reflexion und daraus die Größe der NEOs abzuleiten.
Man vermutet, daß NEOs aus Fragmenten kollidierter Objekte im Asteroidengürtel jenseits der Umlaufbahn des Mars hervorgehen und über 10.000 NEOs sind heute bekannt. Kurzperiodische Kometen können ebenfalls NEOs sein, aber anders als die Asteroiden stammen diese Kometen höchstwahrscheinlich aus dem Kuiper-Gürtel, einem Vorratsspeicher an eisigen Körpern außerhalb der Bahn des Neptun. Infolge gravitativer Störungen durch die großen Planeten sind ihre Bahnen gestört worden und einige enden dann als NEOs. Wenn sie dichter an die Sonne herankommen, werden diese Kometen aktiv und erzeugen Gas- und Staubhüllen als auch Schweife, so wie man es für Kometen erwartet, aber die Aktivität ist bedeutend kürzer als ihre Lebensdauer auf der erdnahen Umlaufbahn, die auf einige zehn Millionen Jahre geschätzt wird. Dies führte dazu, daß die untersuchte NEO-Population wahrscheinlich eine erhebliche Zahl an erloschenen Kometen enthält. Bisher sind 160 von ihnen erkannt worden.
Der NEO-Asteroid Don Quixote wurde 1983 entdeckt, und infrarote wie optische Messungen deuten darauf hin, daß er groß ist: er hat eine Größe von etwa 18.7 Kilometer und ist damit das drittgrößte bekannte NEO. Seine Reflexion und seine besondere Bahn legen Astronomen nahe, daß er eigentlich ein erloschener Komet ist. Eine größere Gruppe von Astronomen, darunter Joe Hora und Howard Smith vom CfA, untersuchte Don Quixote mit dem Spitzer-Teleskop. Obwohl Don Quixote so groß und hell ist, daß er bereits im Infraroten gemessen wurde, fragten sich die Wissenschaftler, ob die empfindlicheren Messungen mit Spitzer etwas von seiner vermuteten Kometennatur feststellen könnten. Nach sorgfältiger Bearbeitung der Aufnahme des Kometen, der im Infraroten so hell war, daß es die Kamera nahezu blendete, entdeckte das Team einen zu dem Kometen gehörigen Schweif, der sich über 100.000 Kilometer ausdehnt. Aus der infraroten Farbe des Schweifs folgerte das Team zudem, daß das infrarote Licht überwiegend von Kohlendioxidgas erzeugt wird, das von der Kometenoberfläche mit einer Rate von etwa 7.000 Liter pro Sekunde verdampft. Abgesehen vom Hervorheben der Vorteile empfindlicherer Beobachtungen von bekannten, hellen Asteroiden, legt das Resultat nahe, daß gefrorenes Kohlendioxideis über einen langen Zeitraum im erdnahen Raum bestehen kann.
Literatur:
„The Discovery of Cometary Activity in Near-Earth Asteroid (3552) Don Quixote“
Michael Mommert, J. Hora, A. W. Harris, W. Reach, J. Emery, C. Thomas, M. Mueller, D. Cruikshank, D. Trilling, M. Delbo, and H. Smith
The Astrophysical Journal, 781:25 (10pp), 2014 January 20