Direkte Abbildung eines jungen, extrasolaren Kuiper-Gürtels

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Infrarot-Aufnahme eines hellen, fast von der Kante her zu sehenden staubigen Schuttrings um den Stern HD 115600. Der Ring ähnelt dem Kuiper-Gürtel in unserem eigenen Sonnensystem, dem Bereich, in dem Pluto ebenso beheimatet ist wie tausende Überreste aus den Anfängen der Entstehung der Eisplaneten. Die Entfernung Sonne – Pluto ist zum Vergleich in die Aufnahme eingefügt. Das Zentrum der Scheibe (♦) erscheint geringfügig gegen den Ort des Sterns (+) versetzt.
Currie et al. 2015


 
Der Kuiper-Gürtel ist die Region des Sonnensystems, die sich direkt hinter der Umlaufbahn des Neptun befindet, etwa 40 AE von der Sonne entfernt (eine AE – Astronomische Einheit – ist die durchschnittliche Entfernung der Erde von der Sonne). Der Kuiper-Gürtel ist der Aufenthaltsort zahlreicher Zwergplaneten, wie etwa Pluto, und auch das Reich tausender Überreste aus den Anfängen der Entstehung der Eisplaneten; diese Überreste liefern wichtige Hinweise für das Verständnis des frühen, in Entwicklung befindlichen Sonnensystems. Hinter dem Kuiper-Gürtel liegt die aus Kometen und eisigen Planetesimalen bestehende kugelförmige Oort’sche Wolke, die sich vielleicht auf über einhunderttausend AE erstreckt. Vermutlich weisen andere Sternsysteme Entsprechungen zum Kuiper-Gürtel auf und sie könnten helfen, Licht auf die Entwicklung und Zusammensetzung des Kuiper-Gürtels zu werfen. Bis jetzt sind jedoch die wenigen Ringe, die abgebildet worden sind, unsichere Kandidaten; sie sind um benachbarte Sterne zu sehen, deren Entstehungsgebiete sich von dem gewaltigen Sterngebiet unterscheiden, in dem die Sonne wohl entstanden war.
Die Lage hat sich in letzter Zeit mit dem Aufkommen einer neuen Generation astronomischer Abbildungsinstrumente an großen Teleskopen, die adaptive Optik einsetzen, um hochaufgelöste räumliche Aufnahmen zu erhalten, geändert. Scott Kenyon vom CfA war Mitglied einer Gruppe von acht Astronomen, die ein neues Spektrometer am Gemini Teleskop benutzten, um einen nur wenig größeren Stern als unsere Sonne, der ungefähr 360 Lichtjahre entfernt in einer ziemlich jungen Ansammlung massereicher Sterne liegt, zu untersuchen. Dieses Gebiet ist annähernd mit dem vermuteten Entstehungsumfeld der Sonne vergleichbar. Der Stern hat einen großen Überschuß an infraroter Strahlung, ein klares Zeichen dafür, daß er eine zirkumstellare Staubscheibe besitzt, die nachvollziehbar ein System aus Planeten formt.
Die Astronomen bildeten die Scheibe ab und entdeckten, daß zum Stern der Ring aus Schutt auf eine dem Kuiper-Gürtel ähnliche Entfernung beschränkt ist. Außerdem fanden sie im Spektrum des vom Ring reflektierten Lichts, daß der Staub im Ring Eigenschaften aufweist, die mit den Hauptkomponenten der Objekte im Kuiper-Gürtel – einschließlich Wassereis – übereinstimmen. Das Ergebnis liefert einen vielversprechenden Ansatz für das Verständnis der Entwicklung und Zusammensetzung des Kuiper-Gürtels und die frühe Entwicklung des ganzen Sonnensystems.
Literatur:
„Direct Imaging and Spectroscopy of a Young Extrasolar Kuiper Belt in the Nearest OB Association“
Thayne Currie, Carey M. Lisse, Marc Kuchner, Nikku Madhusudhan, Scott J. Kenyon, Christian Thalmann, Joseph Carson, and John Debes
The Astrophysical Journal Letters 807:L7 (6pp), 2015 July 1