Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
Proxima Centauri, der zur Erde nächstgelegene Stern (nur 4.28 Lichtjahre entfernt), erhält in diesen Tagen viel Aufmerksamkeit. Er beheimatet einen Planeten, Proxima Cen b, der ungefähr 1.3 Erdmassen aufweist (jedoch könnte die Masse höher sein, abhängig vom Winkel, unter der wir ihn sehen). Zudem umkreist Proxima Cen b den Stern in der habitablen Zone. Proxima Cen selbst ist ein M-Zwerg mit nur einem Zehntel der Sonnenmasse und ungefähr einem Tausendstel der Leuchtkraft der Sonne; da der Stern leuchtschwach ist, liegt die lebensfreundliche Zone des Planeten 20-mal näher an Proxima Cen als die habitable Zone der Erde an der Sonne und der Planet umkreist den Stern in 11.3 Tagen. M-Zwerge sind der häufigste Sterntyp und ihre kleinen Radien machen sie zu (relativ) leichteren Zielen, um Signale vorbeiziehender Exoplaneten zu entdecken. Jüngste statistische Abschätzungen kommen zu dem Ergebnis, daß die Hälfte der M-Zwerge vermutlich einen Exoplaneten zwischen etwa 0.5 – 1.4 Erdradien beheimaten, die diesen innerhalb oder nah ihrer „habitablen Zone“ umkreisen. Proxima Cen und sein Exoplanet sind daher wichtige Bezugsobjekte für das Verständnis von Sternen geringer Masse, ihren Planeten und das planetare Umfeld.
M-Zwerge stellen eine besondere Gefahr für ihre Planeten dar: ein großer Teil ihrer Strahlung, viel mehr als bei sonnenähnlichen Sternen, wird als UV-, extreme UV- und Röntgenstrahlung abgegeben. Diese Strahlung kann die Atmosphäre eines Planeten verdampfen, zumal dann, wenn diese Planeten nahe der lebensfreundlichen Zone kreisen. Die Astronomen fragen sich sogar, ob Planeten wie Proxima Cen b überhaupt eine Atmosphäre zurückhalten können – zumindest über eine für den Planeten genügend lange Zeit, um von jedem praxisnahen Blickwinkel betrachtet „lebensfreundlich“ zu sein. Eine zusätzliche Gefahr stellt die magnetische Aktivität des Sterns dar, die nicht nur für die zerstörerische Strahlung verantwortlich ist, sondern sie treibt auch Sternwinde und koronale Massenausbrüche an, die für den Bestand der Atmosphäre weitaus gefährlicher sein könnten.
Die durch Photonen verursachte Verdampfung planetarer Atmosphären auf Grund der stellaren Strahlung ist in einigen Fällen untersucht worden, doch dem Fall aktiver M-Zwerge und ihrer magnetischen Aktivität ist nicht viel Aufmerksamkeit gewidmet geworden. Die CfA-Astronomen Cecilia Garraffo, Jeremy Drake und Ofer Cohen haben ein Programm gestartet, die Sternwinde und das Magnetfeld aktiver M-Zwerge zu modellieren und deren Einfluß auf die Atmosphären von Planeten in lebensfreundlichen Zonen zu erforschen. Proxima Cen ist ihr erstes, konkretes Beispiel. Sie entdeckten, daß der Druck des Sternwinds auf den Exoplaneten um das tausend bis zehntausendfache höher war als der Druck des Sonnenwinds auf die Erde. Zudem ist der Druck sehr uneinheitlich und Proxima Cen b wird diese extremen Druckänderungen zweimal bei jedem Umlauf durchlaufen – dies führt jeden Tag zu Kompression und Expansion seiner Atmosphäre um den Faktor 3. Die Atmosphäre von Proxima Cen b ist vermutlich auch den Bedingungen von Überschallwinden ausgesetzt. All diese Phänomene werden beträchtliche negative Auswirkungen auf jede Atmosphäre haben, die auf Proxima Cen b vorhanden sein könnte. Inwieweit ähnlich lebensfeindliche Bedingungen auf anderen M-Zwerg-Exoplaneten herrschen, ist Thema weiterer Untersuchungen.
Literatur:
“The Space Weather of Proxima Centauri b”
C. Garraffo, J. J. Drake, and O. Cohen
The Astrophysical Journal Letters, 833:L4 (6pp), 2016 December 10