Die Natur der Mini-Halos eines Galaxienclusters

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Ein Mini-Halo eines Galaxienclusters, der um die Galaxie NGC 1275 im Radiolicht zu sehen ist und dessen wichtigste Strukturen benannt sind: die nördliche Ausdehnung (northern extension), die beiden östlichen Sporne (eastern spurs), der konkave Rand im Süden (southern edge), der südwestliche Rand (south-western edge) und eine Strahlungsausbuchtung (plume) in Süd-südwest. Astronomen haben mit Radio- und Röntgendaten gefolgert, daß Mini-Halos eben keine einfache Strukturen sind, die aus Turbulenzen resultieren, sondern in Wirklichkeit das Ergebnis vielfältiger Prozesse darstellen. Gendron-Marsolais et al.

Ein Mini-Halo ist eine lichtschwache, diffuse Region mit Radiostrahlung, die einen Cluster aus Galaxien umgibt. Bisher sind etwa dreißig Mini-Halos durch ihre Röntgen- und Radiostrahlung entdeckt worden, die das Ergebnis von Strahlung durch Elektronen in dem ionisierten Gas sind; auch ein Mini-Halo im nah gelegenen Perseus-Galaxiencluster gehört dazu. Diese Elektronen sollen aus der Aktivität um ein supermassereiches Schwarzes Loch in einem galaktischen Kern stammen; das Schwarze Loch schießt Teilchenströme in das Intraclustermedium ein und ruft auch Turbulenzen und Schockwellen hervor. Ein die Astronomen verwirrendes Problem ist, daß Elektronen ihre Energie sehr schnell verlieren sollten, schneller als die Zeit, die sie benötigen, um die Regionen der Mini-Halos zu erreichen. Zu den vorgeschlagenen Lösungen zählen unter anderem, daß Elektronen durch Turbulenzen erneut beschleunigt werden oder daß kosmische Strahlung neue Elektronen erzeugt.

CfA-Astronom Reinout van Weeren und seine Kollegen nutzten das Karl G. Jansky Very Large Array (JVLA), um im Radiowellenbereich die erste eingehende Untersuchung der Struktur des Mini-Halos in Perseus zu erhalten und mit Chandra-Röntgenbildern zu vergleichen. Sie stellten fest, daß die Radiostrahlung überwiegend von Gas hinter einer kalten Front stammt, wie man es erwarten würde, wenn das Gas in dem Cluster verspritzt wird, falls Teilchen erneut beschleunigt werden. Sie entdeckten auch unvermutete, filamentartige Anordnungen, die mit Rändern von Strukturen im Röntgenlicht in Verbindung zu stehen scheinen. Die Wissenschaftler folgern, daß Mini-Halos nicht einfach diffuse Strukturen sind, die durch einen einzelnen Prozeß verursacht werden, sondern eine Vielzahl an Strukturen und Abläufen wiederspiegeln, zu denen turbulente Wiederbeschleunigung von Elektronen, relativistische Aktivität des Jets des Schwarzen Lochs und darüber hinaus einige Effekte des Magnetfelds zählen. Nicht zuletzt zeigen die Ergebnisse, wie empfindlich das neue JVLA ist und offenbaren die Notwendigkeit, solch empfindliche Bilder zu bekommen, um das Phänomen der Mini-Halos zu verstehen.

Literatur:

„Deep 230–470 MHz VLA Observations of the Mini-Halo in the Perseus Cluster“

M. Gendron-Marsolais, J. Hlavacek-Larrondo, R. J. van Weeren, T. Clarke, A. C. Fabian, H. T. Intema, G. B. Taylor, K. M. Blundell, and J. S. Sanders

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 469, 3872–3880 (2017)