Die massereichsten Galaxien im Universum

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Aufnahmen im sichtbaren Licht von sechs Quasaren – massereiche Galaxien, deren Licht durch ihre zentralen Schwarzen Löcher, den Kraftquellen, und, in manchen Fällen, durch gewaltige Sternentstehungsausbrüche beherrscht wird. Neue Untersuchungen an entfernten, massereichen Quasaren zeigen, daß beide Prozesse gleichzeitig ablaufen können. Die hier gezeigten Quasare (die nicht aus der Studie stammen) sind die sternähnlichen Objekte; die Bilder in der Mitte und der rechten Seite zeigen gestörtes Material aus einer Galaxie-Galaxie Kollision/Verschmelzung. NASA-Hubble, J. Bahcall (IAS, Princeton), M. Disney (Univ. Wales)


 
Die massereichsten Galaxien im Universum (soweit Astronomen wissen) enthalten Material von ungefähr 500 Milliarden Sonnenmassen; zum Vergleich: unsere Milchstraße hat annähernd eine Gesamtmasse von etwa 100 Milliarden Sonnenmassen. Üblicherweise liegen etwa 80% der Masse einer Galaxie in Form von Sternen und der Rest größtenteils als Gas vor. (Außerdem leitet man für Galaxien Halos aus Dunkler Materie von unbekannter Zusammensetzung ab, die eventuell bis zu zehn Mal mehr Materie enthalten.)
Astronomen versuchen die Entstehung jeder Galaxienform zu verstehen und interessieren sich brennend für die Riesen, da sie schon im frühen Universum auftreten. Der Kosmos ist ungefähr dreizehn Milliarden Jahre alt und sowohl die Milchstraße als auch andere Galaxien in unserer Nachbarschaft machten es sich ohne Zweifel in dieser Zeit zu Nutze, größer werden zu können. Doch einige der massereichsten Galaxien findet man in einer Zeit, als das Universum nur wenige Milliarden Jahre alt war: wie konnten sie so schnell so groß werden?
Ein Teil der Antwort auf diese Frage kann gefunden werden, wenn man sich sowohl die Bildung neuer Sterne als auch das Wachstum des zentralen massereichen Schwarzen Lochs einer Galaxie anschaut. Jeder dieser Vorgänge kann in entfernten Objekten untersucht werden, weil sie sehr viel Strahlung im Infraroten produzieren, wobei das Wachstum des Schwarzen Lochs auch noch starke Radio- und Röntgenstrahlung hervorbringt. CfA-Astronomin Belinda Wilkes untersuchte mit den Kollegen Peter Barthel, Martin Haas und Christian Leipski diese Phänomene in drei massereichen Galaxien, deren Licht rund elf Milliarden Jahre zu uns unterwegs gewesen ist. Sie verwendeten die Infrarotsensoren des Herschel-Weltraum-Teleskops und verbanden diese Daten mit Werten vom Chandra-Röntgen-Observatorium sowie den Radioergebnissen erdgebundener Einrichtungen. Sie haben herausgefunden, daß ihre Untersuchungsobjekte Sterne mit einer Rate von nahezu 800 Stück pro Jahr bilden – dies ist Hunderte mal schneller als in der Milchstraße und erfolgt zudem, während auf ihre zentralen Schwarzen Löcher reichlich Material einstürzt, etwas, daß zuvor für unwahrscheinlich gehalten wurde. Die neue Arbeit beweist, daß Aktivität sowohl im Kern als auch in Sternentstehungsregionen einer Galaxie gleichzeitig auftreten kann, selbst im frühen Universum. Die Ergebnisse deuten darauf hin, daß, obwohl solch spektakuläre, gemeinsam auftretende Aktivitäten ein Schlaglicht auf untypische, massereiche Galaxien werfen, sie physikalisch aber eine grundlegende Rolle in ihrem Wachstum und ihrer Entwicklung spielen könnten.