Die frühesten Stadien der Planetenbildung

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Künstlerische Darstellung eines jungen Braunen Zwergs mit seiner staubigen Scheibe und einem umlaufenden Planeten. Neuere Studien dieser Staubscheiben deuten darauf hin, daß Material in der kalten, äußeren Scheibe aus den inneren Regionen dorthin gewandert sein könnte. ESA


 
Kleine Staubpartikel in einer Scheibe aus Gas um einen jungen Stern ballen sich, nach heutigen Modellen, während der ersten Million Jahre stetig zusammen, bis sich kilometergroße Objekte gebildet haben. Diese wiederum verschmelzen und wachsen zu Planeten heran. Die am Werk befindlichen Prozesse hängen zum Teil von der chemischen Zusammensetzung der Staubkörner und von der Entwicklung ihrer Größe, ihrer Form und ihrer Struktur ab.
Die meisten Staubteilchen in dem, einen Stern umgebenden Material sind vermutlich sauerstoffreiche Silikate (üblicherweise Mineralien, die Magnesium, Eisen sowie Silizium und Sauerstoff enthalten). Neben ihrem Auftreten in einer Reihe von Formen und Größen können diese Körner entweder eine kristalline (d.h. hochgeordnete) oder das Gegenteil, eine amorphe Struktur, aufweisen. Körner, die durch allmähliches Anlagern wachsen sind amorph, aber wenn sie während ihrer Existenz nah an ihre Schmelztemperaturen aufgeheizt und dann abgekühlt werden, entwickeln sich kristalline Strukturen. Diese Unterschiede können im Infraroten von Astronomen beobachtet werden, da Staubkörner am stärksten bei Wellenlängen strahlen, die näherungsweise die gleiche Größe wie die Körnchen selbst besitzen, wobei Einzelheiten von diesen strukturellen Unterschieden abhängen. Daher macht es der spektrale Verlauf der Staubemission möglich, die Eigenschaften der Staubkörner in einer Scheibe zu bestimmen und sogar auf deren Geschichte zu schließen.
Eine Gruppe von acht Astronomen, darunter CfA-Astronom Mario Guarcello, unternahm mit infrarotem Licht eine Studie zu Staubkörnern in Scheiben mit dem Ziel, die Natur der protoplanetaren Entwicklung zu durchleuchten und vor allem nach Anhaltspunkten für die Umwandlung von Körnchen durch Aufheizen (insbesondere kristalline gegenüber amorphe Körner) in verschiedenen Regionen der Scheibe zu suchen; diese Umwandlung ist vielleicht das Ergebnis einer lokalen Erwärmung durch Stoßwellen oder Kollisionen. Das Team wählte Scheiben von jungen Brauen Zwergen für die Untersuchung aus. Braue Zwerge besitzen Massen von weniger als 8% der Sonnenmasse und ihre durch die Schwerkraft bewirkte Kontraktion reicht nicht aus, um ihr Inneres auf annähernd zehn Millionen Kelvin, die für das Wasserstoffbrennen notwendig sind (Wasserstoffbrennen heizt die Sonne), aufzuheizen. Stattdessen brennen sie schwächlich mit der Energie der Deuteriumfusion. Nur ungefähr zwanzig Prozent der Braunen Zwerge, die fünf Millionen Jahre alt sind, zeigen Hinweise auf Strahlung von Staub in den Scheiben. Alle Indizien sprechen dafür, daß Kornwachstum, Kristallisation und das Entstehen anderer Eigenschaften von Staubkörnern wahrscheinlich zu einer Zeit beendet sind, wenn ein Brauner Zwerg nur eine Million Jahre alt ist.
Die Wissenschaftler nutzten Infrarotspektren vom Spitzer-Weltraum-Teleskop, um den Staub in einer Auswahl von zwanzig Scheiben sehr junger Brauner Zwerge zu untersuchen. Sie stellten im Gegensatz zur allgemeinen Auffassung, daß die kalten, äußeren Regionen solcher Scheiben amorphe Körner haben sollten, fest, daß die kalten Körner dort oft kristallin sind: etwas hat sich in der ersten Million Jahre ereignet, daß sie bis auf die Schmelztemperaturen erhitzte. Was dies verursachte, ist nach wie vor nicht bekannt. Es könnte sich um ein örtlich begrenztes Phänomen handeln, vielleicht eine Schockwelle oder die Körnchen waren ursprünglich näher am Stern und wanderten nach außen in die kälteren Bereiche. Die Astronomen weisen auf eine aufreizende Analogie zu den Kometen in unserem Sonnensystem hin, die – merkwürdigerweise – ebenfalls kristalline Körnchen aufweisen, obwohl auch sie in den kälteren äußeren Regionen angesiedelt sind. Könnten sich Kometen ebenfalls näher an der Sonne gebildet haben und dann nach außen gewandert sein? Die neue Arbeit beantwortet einige Fragen, während sie andere genauer stellt und ist ein gutes Beispiel für den bedeutenden Fortschritt, der sich heutzutage beim Verständnis einstellt, wie sich Planeten und Planetensysteme bilden.