Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
Erdnahe Objekte (Near Earth Objects = NEOs) sind Asteroide (oder Kometen), deren Umlaufbahnen sie manchmal dicht an die Erdumlaufbahn heranführen. Folglich könnten sie eventuell mit der Erde zusammenstoßen – dies bringt ihnen bedeutend mehr allgemeines Interesse ein als den meisten Objekten in der Astronomie. 1908 zum Beispiel wurde das Tunguska-Ereignis, das über 2.000 Quadratkilometer in Rußland einebnete, gemäß einigen einfachen Abschätzungen von einem Asteroiden mit etwa 60 Metern Durchmesser verursacht. Der Asteroid, der im letzten Frühling in Sibirien einschlug (der Tscheljabinsk-Meteorit), maß nur circa 40 Meter im Durchmesser. Während es recht einfach ist, einen NEO im sichtbaren Licht durch Beobachtung seiner Bewegung über den Himmel von Nacht zu Nacht aufzuspüren, ist die Ermittlung seiner Größe schwieriger. Dies ist darauf zurückzuführen, daß die optische Helligkeit eines NEO das Ergebnis von zwei Faktoren ist – seiner Größe und seines Reflexionsvermögens. CfA-Astronomen haben für mehrere Jahre mit der IRAC (Infrared Array Camera) an Bord von Spitzer das abgestrahlte infrarote Licht von NEOs gemessen und den Strahlungsfluß nachgebildet, um das Reflexionsvermögen und auf diese Weise die Abmessungen der NEOs zu bestimmen.
Die NASA hat entschieden, eine bemannte Mission zu einem Asteroiden zu befürworten, bei der der erste Schritt vermutlich die Bergung eines NEO mittels Roboter sein wird. Die gegenwärtige Idee zur Asteroid Recovery Mission (ARM) sieht vor, mit einem Roboter einen ziemlich kleinen NEO (fünf bis zehn Meter im Durchmesser) zu greifen und in eine Umlaufbahn um die Erde zu schleppen, wo ihn ein Astronautenteam treffen und Proben zur Erde holen würde. Jedoch ist es schwierig, einen geeigneten Asteroiden zu finden: die Abmessungen von einigen kleineren NEOs sind erst kürzlich (mit Infrarot-Technik) bestimmt worden und ein geeignetes Objekt muß jetzt in einer Umlaufbahn nah genug für eine Fernerkundung sein, aber auch in wenigen Jahren in die unmittelbare Nähe für die Bergungsmission selbst zurückkehren.
Die CfA-Astronomen Joe Hora, Howard Smith und Giovanni Fazio haben gemeinsam mit ihrem Team mittels dem Spitzer-Weltraum-Teleskop das NEO 2011MD beobachtet. Wie sich gezeigt hat, ist es das kleinste, je mit Spitzer beobachtete Objekt – es war äußerst lichtschwach und für seine Sichtung wurden 19.9 Stunden benötigt. Das Objekt ist klein genug, daß nichtgravitative Kräfte (Wirkung der Strahlung) seinen Weg verändern können und daher, um zu wissen, wohin das Teleskop zu richten ist, einige komplizierte Berechnungen notwendig sind. Da es sogar noch kleiner als vermutet hätte sein könnte, wäre eine erfolglose Suche nicht beweiskräftig gewesen, da Spitzer in die falsche Richtung ausgerichtet gewesen sein könnte.
Tatsächlich gelang ein lichtschwacher Nachweis genau an der erwarteten Himmelsposition. Eine Modellierung der Strahlung, verbunden mit früheren optischen Resultaten, hat ergeben, daß das Objekt etwa eine Ausdehnung von sechs Metern (plus vier oder minus zwei Meter) besitzt. Aus seiner Größe schließen die Astronomen, daß seine Dichte mit 1.1 Gramm pro Kubikzentimeter etwas höher als die von Wasser ist und sein Aufbau vermutlich einer Schutthalde mit vielen großen Hohlräumen gleicht. Die Information wird von der NASA genutzt, um zu entscheiden, ob 2011MD als Ziel in Frage kommt oder nicht – hier wird weiter darüber berichtet werden.
Literatur:
“Physical Properties of Near-Earth Asteroid 2011 MD”
M. Mommert, D. Farnocchia, J. Hora, S. R. Chesley, D. E. Trilling, P. W. Chodas, M. Mueller, A. W. Harris, H. Smith, and G. Fazio
The Astrophysical Journal Letters, 789:L22 (5pp), 2014 July 1