Der rätselhafte Stern MWC349 (Originalartikel vom 24.11.2017)

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Ein 3-Farben-Infrarotbild der Sternentstehungsregion, die den seltsamen Maserstern MWC349 (der sehr helle Stern rechts) beheimatet. Neue spektroskopische Befunde zeigen, daß der Stern vermutlich nicht mit einem benachbarten Stern in Verbindung steht, dessen Alter (unter der Annahme, Teil eines Doppelsternsystems zu sein) herangezogen wurde, das Alter von MWC349 selbst einzugrenzen. Demzufolge könnte MWC349 ein sehr junger, massereicher Stern sein. Strelnitski et al., 2013


 
Molekülwolken im interstellaren Raum können manchmal natürliche Maser (die Entsprechung der Laser im Radiobereich) erzeugen, die in hellen, schmalen Strahlenbündel leuchten. Gebiete mit reger Sternentstehung bringen einige der eindrucksvollsten solcher Maser hervor – in einem Fall gibt der Maser in einer einzigen Spektrallinie so viel Energie ab wie unsere Sonne in ihrem gesamten sichtbaren Spektrum. In diesen Quellen geht die Maserstrahlung von Molekülen wie Wasser oder OH aus, die durch Zusammenstöße und die Strahlungsumgebung um die jungen Sterne herum angeregt werden.
1989 wurde Maserstrahlung, die von atomarem Wasserstoffgas stammt, um den Stern MWC349 entdeckt, eine Quelle mit einer Scheibe aus ionisiertem Material, das von der Kante her sichtbar ist und einen bipolaren Abfluß zeigt. Die Strahlung ist extrem hell und ändert sich mit der Zeit als Folge der empfindlichen Reaktion auf Änderungen in den einzelnen Anregungsprozessen. Im Laufe der Jahrzehnte haben später durchgeführte Beobachtungen zahlreiche Wasserstofflinien des Masers um diesen Stern herum entdeckt und den Wissenschaftlern die Möglichkeit gegeben, die Strahlung aussendenden Gebiete sorgsamer zu modellieren. MWC349 besitzt zwei besonders mysteriöse Eigenschaften. Zum einen ist es das nahezu einzige Beispiel einer durch Wasserstoff gespeisten Maserquelle. Trotz jahrzehntelanger Suche nach ähnlichen Quellen sind nur wenige weitere Beispiele gefunden worden, und alle sind viel schwächer und weniger spektakulär. Zum zweiten ist sein Alter nicht bekannt: so wurde vorgeschlagen, daß es sich um einen sehr jungen Stern handelt, der sich gerade der Hauptreihe nähert, oder daß es ein entwickelter Stern ist, der in seiner Entwicklung weit fortgeschritten auf der Hauptreihe liegt. Die Einigkeit bislang – daß MWC349 alt ist – ergibt sich aus der Tatsache, daß es nur wenige Bogensekunden von MWC349 entfernt einen weiteren Stern gibt, der möglicherweise ein Begleiter in einem Doppelsternsystem ist. Dieser Stern ist mit ungefähr fünf Millionen Jahre schon älter, und so muß MWC349 selbst ebenfalls etwa so alt sein. Aber die Hinweise sind verwirrend und die seltene und ungewöhnliche Natur des Objekts macht seine Altersbestimmng zu einer astronomisch vorrangigen Aufgabe.
Howard Smith und Jessica Mink vom CFA haben mit vier Kollegen den TRES-Spektrographen des 1.5-Meter Tillinghast-Reflektors am Fred L. Whipple Observatorium und den Keck/HIRES- Spektrographen verwendet, um die Geschwindigkeiten der beiden Sterne aus den Wellenlängen ihrer Spektrallinien genau zu messen. Sie stellten fest, daß sich die beiden Geschwindigkeiten um ungefähr fünfunddreißig Kilometer pro Sekunde unterscheiden; dies macht die Idee von einem Doppelsternsystem unwahrscheinlich. Die Forscher folgern daraus, daß der zweite Stern wohl nur zufällig in der Sichtlinie liegt. Das Ergebnis eröffnet wieder die Möglichkeit, daß MWC349 ein junger, massereicher Stern in einer Region lebhafter Sternentstehung ist.
Literatur:
„MWC349A and B Are Not Gravitationally Bound: New Evidence“
Drew, P.M., Strelnitski, V., Smith, H.A., Mink, J., Jorgenson, R.A, and OMeara, J.M.
Astrophysical Journal 2017 (in press)
oder unter
arXiv:1711.06734v2 [astro-ph.SR]