Das stille Intraclustermedium im Kern des Perseus-Clusters

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Ein Röntgenbild des Perseus-Galaxienclusters, aufgenommen mit Chandra. Die zentralen Blasen (dunkle Gebiete) und Kräuselungen bringt man mit Abströmungen von Material in Verbindung, daß das zentrale supermassereiche Schwarze Loch des Clusters umgibt. Mit dem (jetzt verloren gegangenen) Satelliten Hitomi entdeckten Astronomen, daß die Turbulenz in der Zentralregion des Clusters niedrig ist; dies besagt, daß Fehler in vorangegangenen Messungen der Massen von Galaxienclustern mittels Röntgenbeobachtungen klein sind.
NASA / Chandra, Nature und Hitomi Collaboration

Die meisten Galaxien finden sich in Clustern, Gruppen aus ein paar bis vielen tausend Galaxien. Unsere Milchstraße selbst ist ein Mitglied der Lokalen Gruppe, eine Schar von ungefähr fünfzig Galaxien, deren anderes großes Mitglied die in ungefähr 2.3 Millionen Lichtjahren Entfernung gelegene Andromeda-Galaxie ist. Der zu uns nächstgelegene große Galaxiencluster ist der Virgo-Cluster, ungefähr 50 Millionen Lichtjahre entfernt, mit circa 2.000 Mitgliedern. Cluster sind die massereichsten durch die Schwerkraft aneinander gebundenen Objekte im Kosmos und folglich wichtige Forschungsobjekte für kosmologische Parameter. Zurzeit vermuten Astronomen, daß sich Galaxien gemäß dem “unten-nach-oben“-Modell bilden, bei dem sich kleinere Strukturen zuerst entwickeln und große Cluster erst später in der kosmischen Geschichte zusammenfinden. Doch wie und wann dies abläuft, ist kaum verstanden und hängt von mehreren konkurrierenden physikalischen Prozessen ab, einschließlich des Verhaltens vom Gas im Cluster (Intraclustergas). Während Cluster wachsen, verleiben sie sich große Mengen von sehr heißem, intergalaktischen Gas ein, dessen Temperatur bei zehn Millionen Kelvin oder gar noch höher liegt. Das Gas besitzt mehr Masse als alle Sterne in den Galaxien des Clusters zusammen und spielt damit eine bedeutsame Rolle in der Entwicklung des Clusters.

Die japanische Raumfahrtagentur JAXA startete letzten Februar Hitomi, einen internationalen Röntgensatelliten, der unter anderem entworfen wurde, das heiße Intraclustergas zu erforschen. Unglücklicherweise ging Hitomi kurz nach dem Start verloren, aber bevor er zerbrach, war er in der Lage, das heiße Gas in einem großen Galaxiencluster, dem Perseus-Cluster, zu untersuchen. Ein großes Team von Astronomen, darunter Laura Brenneman, Adam Foster und Randall Smith am CfA, haben jetzt ihre Folgerungen aus dieser wichtigen Beobachtung in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.

Die Wissenschaftler untersuchten die Bewegungen des heißen Gases mit Hitomi’s einzigartigem Auflösungsvermögen hoher Geschwindigkeiten. Falls das Gas sich schnell bewegen würde, dann könnte diese Energie dabei helfen, die Materie vor einem gravitativen Kollaps zu bewahren. Vor Hitomi vermuteten die Astronomen, daß derartig schnelle Bewegungen bescheiden sind, wenn man sie mit den thermischen Bewegungen des heißen Gases vergleicht. Die Ergebnisse von Hitomi bestätigten, daß dies in der Tat der Fall ist und ergaben sogar, daß die kinematische Bewegung noch kleiner als bislang erwartet war. Diese Ergebnisse stützten sich zum Teil auf ein Modell der Röntgenabstrahlung, das von dem AtomDB-Team des CfA zur Verfügung gestellt wurde.

Die neue Arbeit schließt das Bild hoher kinematischer Geschwindigkeiten zumindest für Perseus aus; da man vermutet, daß dieser Cluster repräsentativ ist, bedeutet das Ergebnis, daß ähnliche Schlußfolgerungen über Clusterverhalten und -entwicklung verläßlich sind.

Literatur:

“The Quiescent Intracluster Medium in the Core of the Perseus Cluster“

The Hitomi collaboration

Nature Volume:

535, Pages:

117–121 Date published:

(07 July 2016)