Das massereichste entfernte Objekt, das bekannt ist

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Das massereichste bekannte Objekt im jungen Universum, ein SPT-CLJ2106-5844 genannter Galaxiencluster, ist auch ein „Meßfühler“ über die Bedingungen im jungen Universum. Dieses Bild verbindet optische und infrarote Bilder mit Intensitätskontourlinien, die mit dem Chandra-Röntgen-Observatorium ermittelt wurden.


Galaxien treten oft in Gruppen auf. Unsere Milchstraße und ihre lokale Nachbarschaft mit etwa 50 Galaxien zum Beispiel liegen am Rande des Virgo-Clusters, einer Ansammlung von Galaxien, deren Zahl irgendwo zwischen 1.200 und 2.000 liegt. Galaxiencluster sind die massereichsten Objekte im Universum und man glaubt, daß ihre Entstehung in kleinen räumlichen Änderungen der Materiedichte im frühen Universum ihren Anfang nahm. Cluster sind daher leistungsfähige Sonden über das Strukturwachstum im frühen Universum und ihre Anzahl und ihre Massen helfen den Astronomen, kosmologische Modelle einschließlich der Galaxienentstehung zu testen.
Eine aus 73 Astronomen bestehende Gruppe hat jetzt eine Abhandlung über die Entdeckung des massereichsten entfernten Clusters den man kennt, SPT-CLJ2106-5844, veröffentlicht; er wiegt rund 1.3 Billiarden Sonnenmassen (mehr als etwa die 1.000-fache Masse der Milchstraße). Dies macht SPT-CLJ2106-5844 zum massereichsten Objekt, das heute im fernen Universum bekannt ist. (Es gibt einige größere Cluster, die uns näher liegen, aber diese hatten Milliarden an Jahren mehr Zeit, Materie anzusammeln.) Ihre Messung stützt sich auf die Eigenschaft, daß die meiste normale Materie in Clustern (also ohne Beachtung der Dunklen Materie) nicht in den Galaxien selbst vorliegt, sondern in den gewaltigen intergalaktischen Räumen zwischen den Galaxien in einem Cluster. Dieses intergalaktische Gas ist sehr heiß und seine Atome sind ionisiert; dies ist die Folge durch die in den Cluster hinein akkretierte Materie. Das heiße Gas emittiert nicht nur Röntgenlicht, sondern verändert zudem die Energieverteilung, während es mit der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung in Wechselwirkung tritt.
Mit dem Südpol-Teleskop suchten die Wissenschaftler bei Millimeter-Wellenlängen etwa 3% des gesamten Himmels nach den charakteristischen Helligkeitsabfällen ab, die diese Cluster hervorrufen. Dieser ungewöhnliche, massereiche Cluster wurde recht einfach in den Millimeterdaten der Durchmusterung entdeckt. Anschließend wertete man Röntgenaufnahmen des Chandra-Röntgen-Observatorium aus, um die Eigenschaften des heißen Gases zu bestimmen; mit Hilfe von Röntgenspektren wurde die Entfernung des Clusters aus seiner Geschwindigkeit gemessen. Auch sehr genaue optische und infrarote Geschwindigkeitsbeobachtungen wurden gewonnen, um die durch Rotverschiebung angegebene Entfernung des Clusters zu bestätigen: er ist so weit entfernt, daß sein Licht über 7.5 Milliarden Jahre bis zu uns unterwegs gewesen ist. Eines der hochinteressanten Ergebnisse dieser Entdeckung ist, daß Cluster dieser Größenordnung im jungen Universum sehr selten sind, falls heutige Modelle über die Entwicklung des Universums richtig sind. Genau genommen könnte dieser Cluster sogar einzigartig sein.