Das Carina-Komplex-Projekt des Chandra-Observatoriums

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Ein Falschfarbenbild der Röntgenemission aus dem massereichen Haufen heißer junger Sterne um den Eta-Carinae-Nebel. Zusätzlich zu den Tausenden von Punkten, die den heißen Sternen entsprechen, zeigt das Bild, daß heißes Gas weit verteilt ist. Die drei Farben geben, wie in der Bildbeschriftung benannt, die drei Energiebänder der Röntgenstrahlung wieder. Die Zahlen an den Achsenrändern geben die Position am Himmel wieder. Chandra X-ray Observatory


 
Der Große Nebel im Sternbild Carina ist ein riesiger sternbildender Komplex, etwa 7.500 Lichtjahre entfernt. Der Hauptstern in diesem Komplex, Eta Carinae, leuchtet hell am Südhimmel. Die Gruppe aus Sternhaufen im Carina-Nebel ist jung und heiß; deren Alter reicht von weniger als etwa einer Million Jahre bis circa sechs Millionen Jahre. Insgesamt beherbergt die Region eine der reichsten Ansammlungen an massereichen jungen Sternen in der Galaxis. Zusätzlich ist die Region reich an Material, das nicht in Sternen gebunden ist; dazu zählen Filamente, Säulen, Aushöhlungen, Bögen und weitere Merkmale, die auf eine turbulente und komplexe Geschichte hinweisen.
Der Carina-Nebel ist nicht nur reich an heißen Strahlungsquellen. Er ist auch voller Rätsel, da die zahlreichen, komplexen Strukturen nachgewiesenermaßen schwer zu erklären sind. Einige Wissenschaftler vermuten, daß es in dieser Region zu einem früheren Zeitraum zu lebhafter Sternentstehung gekommen ist und ob sich in der Nachbarschaft eine Supernova ereignet haben könnte (und so einige der beobachteten Strukturen hervorgebracht hat) oder nicht, wird intensiv diskutiert. Die Rolle starker Stoßfronten und zusammenprallender Winde, die das beobachtbare heiße, diffuse Gas erzeugten, ist ebenfalls umstritten.
Ein großes Astronomenteam hat mit dem Chandra-Röntgen-Observatorium den Großen Nebel in Carina untersucht und ergänzt mit neuen Daten ältere Beobachtungen im Chandra-Archiv. Die Gruppe hat begonnen, eine bahnbrechende Reihe aus sechzehn Arbeiten über diese Region und seiner reichhaltigen astrophysikalischen Bestandteile zu veröffentlichen; dazu gehören verschiedene Untersuchungen seiner massereichen Sterne, Sterne mittlerer und geringer Masse, Magnetfeldeffekte und die Infraroteigenschaften seiner in Staub gehüllten Quellen.
Eine der neuen Arbeiten beschäftigt sich mit der Röntgenemission der heißesten massereichsten Sterne in dem Cluster, von denen 68 (der bekannten70) in dieser Studie gemessen wurden. Es ist lange vermutet worden, daß Stoßfronten energiereicher Winde Röntgenstrahlung hervorrufen; dies unterscheidet sich von kleineren Sternen, deren Photosphären Röntgenstrahlung erzeugen können. Diese neue Untersuchung stellt fest, daß dort zumindest drei verschiedene Arten an Stoßfronten wirksam zu sein scheinen: diejenigen, die im stellaren Wind eingebettet sind, andere auf Grund der Zusammenstöße zwischen den Winden zweier massereicher Sterne, die sich in einem Binärsystem umkreisen, und Stoßfronten, bei denen die durch Magnetfelder gebündelten Winde aus gegenüberliegenden Hemisphären eines Sterns sich treffen und aufeinanderprallen. Andere Ergebnisse dieser Durchmusterung liefern einen Katalog über 14.000 punktförmige Röntgenquellen, zumeist Sterne. Diese Reihe neuer Arbeiten liefert eine wichtige Grundlage zum Verständnis dieses berühmten Leuchtfeuers am Südhimmel und stellt die am Werk befindlichen Mechanismen dar, welche stellare Röntgenstrahlung erzeugen.