Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)
Die Kerne der meisten Galaxien beherbergen supermassereiche Schwarze Löcher mit Millionen oder sogar Milliarden Sonnenmassen an Material. Material in der näheren Umgebung solcher Schwarzen Löcher kann auf den Torus aus Staub und Gas um das Schwarze Loch akkretiert werden und wenn dies geschieht, strahlt der Kern stark im gesamten Spektrum. Diese aktiven galaktischen Kerne (AGN vom Englischen active galactic nuclei) gehören zu den spektakulärsten und interessantesten Phänomenen in der extragalaktischen Astronomie, und zu den rätselhaften dazu. Was genau die Akkretion an- oder abschaltet ist nicht verstanden und ebenso wenig weiß man, wie die beteiligten Prozesse die Strahlung erzeugen, Jets aus Teilchen hervorbringen oder Sternentstehung in der Galaxie beeinflussen.
Da AGN eine wichtige Rolle in der Entwicklung von Galaxien spielen, untersuchen Astronomen Galaxien mit AGN bei kosmologischen Entfernungen. In früheren Zeiten des Universums, etwa zehn Milliarden Jahre nach dem Urknall, trat vermutlich der wichtigste Materialnachschub für AGN ein. Aber AGN bei diesen Entfernungen sind lichtschwach und viel schwieriger zu finden. Im Rückblick sind sie durch ihre sehr rote Färbung infolge starker Staubabdunkelung, kennzeichnender Emissionslinien (die sehr heißes Gas anzeigen) und/oder ihrer Variabilität entdeckt worden.
Matt Ashby, Steve Willner und Giovanni Fazio vom CfA sowie zwei Kollegen benutzten tiefe, extragalaktische Durchmusterungen im Infraroten, die in über 14 Jahren mit IRAC am Spitzer-Weltraum-Teleskop aufgenommen wurden, um nach fernen AGN zu suchen. Bei den diversen archivierten Durchmusterungen wurden wiederholt unterschiedliche Bereiche des Himmels über nicht weniger als elf Zeiträume in ihrem Bestreben abgetastet, tiefer und weiter in den Kosmos zu spähen, und die vielen Beobachtungen erlauben es, sich ändernde Quellen aufzuspüren. Die Astronomen fanden in diesen Durchmusterungen nahezu tausend, im Infraroten veränderliche Galaxien; dies entspricht ungefähr einem Prozent aller aufgezeichneten Galaxien. Sie schätzen, daß es sich bei ungefähr achtzig Prozent dieser veränderlichen Quellen um AGN handelt und die restlichen Quellen entweder auf Supernovae oder zweifelhafte Daten zurückzuführen sind. Die Variabilität ist bei Untersuchungen in anderen Wellenlängen nicht beobachtet worden, entweder auf Grund der starken Abdunkelung um den Kern und/oder der schwachen Röntgenstrahlung; Infrarot kann dagegen den verdunkelnden Staub durchdringen. Das Team untersuchte Hubble-Aufnahmen der Quellen und hat herausgefunden, daß eine Mehrheit Hinweise auf Störungen zeigt, vielleicht von einer Kollision zwischen den Galaxien verursacht. Die Ergebnisse des Teams lassen vermuten, daß die Variabilität im mittleren Infrarot eine ganz besondere Population von Galaxien mit AGN kennzeichnet.
Literatur:
“Morphologies of mid-IR Variability-Selected AGN Host Galaxies”
Mugdha Polimera, Vicki Sarajedini, Matthew L. N. Ashby, S. P. Willner, and Giovanni G. Fazio
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 476, 1111, 2018