Auf der Jagd nach Gravitationswellen

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

So stellt sich ein Künstler ein Doppelsternsystem aus einem Pulsar (das kleinere Objekt mit den Lichtstrahlen) und einem Weißen Zwerg vor. Ihre gemeinsame Umkreisung erzeugt im Ergebnis Gravitationswellen, schematisch als Kräuselung im Raum dargestellt. Astronomen haben jüngst ein Paar Weißer Zwerge entdeckt, die sich in ungefähr 20 Minuten umkreisen und dies kann als Ausgang zur Eichung von Gravitationswellen-Meßinstrumenten genutzt werden. Luis Calçada / European Southern Observatory


 
Die Allgemeine Relativitätstheorie Einsteins sagt voraus, daß beschleunigte Massen in ähnlicher Weise Gravitationswellen aussenden sollten, so wie beschleunigte elektrische Ladungen elektromagnetische Wellen (Licht) abstrahlen. Ein beachtenswerter Unterschied besteht darin, daß die Gravitation aus sich heraus um das Billionen Billionen Billionenfache schwächer als die elektromagnetische Kraft ist – somit sind auch Gravitationswellen außerordentlich schwach. In der Tat sind Gravitationswellen noch nie in einem Labor gemessen worden, obwohl ihre Existenz aus der abfallenden Bahnenergie in Binärsystemen zuverlässig gefolgert worden ist, denn sie strahlen die Energie in Form dieser Wellen in den Raum ab. Astronomen hoffen, daß neue Generationen von weltraumgestützten Gravitationswellendetektoren die Relativitätstheorie nicht nur unter neuen Bedingungen testen können, sondern auch viele wichtige astrophysikalische Phänomene messen, die andernfalls rätselhaft sind: von der Bewegung, dem Wachstum sowie der Entwicklung der Schwarzen Löcher bis hin zur Entwicklung von Doppelsternen und sogar Einzelheiten aus dem frühen Universums.
Die wichtigste geplante, raumgestützte Gravitationswellenmission wird eLISA („evolved Laser Interferometer Space Antenna”) genannt. Ihr Start ist für das nächste Jahrzehnt oder mehr eingeplant, aber eine Mission zum Nachweis der Machbarkeit ist für 2015 zum Start vorgesehen. Eines der vielen Probleme, denen sich neue Gravitationswellendetektoren gegenübersehen, ist ihre sorgfältige Erprobung und Eichung. Doppelsternsysteme aus Weißen Zwergen sollen diese Aufgabe übernehmen. Wenn ein Stern wie unsere Sonne in etwa sieben Milliarden Jahren alt wird, kann er nicht länger sein nukleares Brennen aufrecht erhalten. Da nur ungefähr die Hälfte seiner Masse zurückbleibt, wird er auf einen Bruchteil seines Radius schrumpfen und zu einem Weißen Zwerg werden. Weiße Zwerge sind weitverbreitet und kommen entweder einzeln oder in irgendeinem Mehrfachsternsystem vor; der berühmteste ist der Begleiter des hellsten Sterns am Himmel, Sirius.
Wissenschaftler schätzen, daß es in unserer Galaxis etwa einhundert Millionen Weiße Zwerge in Binärsystemen zu entdecken gibt. Während sie einander umkreisen, sollten sie größere Mengen an gravitativer Strahlung aussenden. Bis heute sind jedoch nur acht bestätigte Systeme bekannt. Die CfA-Astronomen Warren Brown und Scott Kenyon sowie weitere vier Kollegen nutzten das MMT und die Gemini-Teleskope, um ein neues Mitglied dieser auserlesenen Gruppe ausfindig zu machen – ein Paar Weiße Zwerge, die sich in nur etwa 20 Minuten umkreisen (man rufe sich in Erinnerung, daß die Umlaufzeit der Erde ein Jahr beträgt!) und damit das zweitschnellste bekannte Binärsystem aus Weißen Zwergen ist. Ein dritter Stern befindet sich scheinbar dicht in ihrer Nähe und könnte zum System gehören; weitere Beobachtungen sind erforderlich, um diese Möglichkeit zu klären, doch sollte er Teil des Systems sein, werden die für die neue Dreierquelle vorhergesagten Gravitationswellen das System zu einem der stärksten in Aussicht stehenden Strahler von Gravitationswellen machen.
Literatur:
„A New Gravitational Wave Verification Source“
Mukremin Kilic, Warren R. Brown, A. Gianninas, J. J. Hermes, Carlos Allende Prieto, and S. J. Kenyon
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society Letters 444, L1–L5 (2014)