Alles über Staub

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Das Sternentstehungsgebiet Cygnus X im Infraroten, beobachtet mit dem Herschel-Weltraum-Teleskop. Das meiste in dieser Aufnahme wird durch warmen Staub hervorgerufen, der durch ultraviolettes Licht junger Sterne aufgewärmt wurde. Eine neue Arbeit legt eine neue, genauere Technik zur Ableitung der Temperatur und Staubeigenschaften aus solchen Aufnahmen vor. NASA / ESA / Herschel, M. Hennemann & F. Motte


 
Der Raum zwischen den Sternen ist nicht leer – er enthält erhebliche Mengen an Gas und Staub. Astronomen schätzen, daß etwa 5-10% der Gesamtmasse unserer Milchstraße in interstellarem Gas und Staub zu finden ist und etwa 1% in der Form von winzigen Staubkörnern vorliegt, die überwiegend, ungefähr wie feiner Sand, aus Silikaten bestehen. Einige Körner bestehen auch aus Kohlenstoff und anderen Elementen.
Interstellarer Staub spielt in der Astronomie viele wichtige Rollen. Staub absorbiert sichtbares Licht und bestimmt so zu einem großen Teil, was Astronomen mit dem Auge erkennen können. Parallel dazu strahlt Staub bei infraroten Wellenlängen und auf Grund des Absorptions- und nachfolgenden Reemissionsprozesses von Licht kontrolliert Staub einen Großteil des Energiegleichgewichts im interstellaren Medium. Staub ist auch für die Chemie unentbehrlich, die im interstellaren Medium abläuft, da er Gasmolekülen eine Oberfläche zur Verfügung stellt, auf der diese mit anderen Molekülen reagieren können. Staubkörner selbst enthalten einen großen Anteil von vielen wichtigen Elementen im Universum wie Silizium, Kohlenstoff oder Eisen. Nicht zuletzt kann in einem frühen Stadium der Entwicklung neuer Sterne der Staub um sie herum verklumpen – ein Schritt in Richtung Planetenbildung.
Warmer Staub im All – also Staub, der durch ultraviolettes Licht von jungen Sternen auf die relativ „warmen“ Temperaturen von 20 bis 60 Kelvin erwärmt wird – ist in letzter Zeit dank des Herschel-Weltraum-Teleskops das Ziel intensiver Untersuchung geworden. Dieses Teleskop hat Instrumente, die entworfen wurden, um dieses lichtschwache, großräumig verteilte Material abzubilden. Doch hat sich das genaue Modellieren der Strahlung als Herausforderung erwiesen. Eine Schwierigkeit besteht darin, daß die Energiesignatur der ausgesandten Strahlung nicht nur von der Temperatur, sondern auch von Größe, Form und Zusammensetzung der Staubkörner abhängt. Bisher haben die meisten Astronomen versucht, ihre Beobachtungen durch Einsatz eines einfachen Algorithmus (Chi-Quadrat-Statistik) mit der besten theoretischen Modellierung in Einklang zu bringen, ein Algorithmus, der den anwachsenden Unterschied zwischen den beobachteten und vorausgesagten Werten bei völlig verschiedenen Wellenlängen minimiert.
Brandon Kelly und Alyssa Goodman vom CfA haben gemeinsam mit vier Kollegen beträchtliche Fortschritte zur Technik der Bestimmung von Staubtemperaturen und Staubeigenschaften aus Infrarotbeobachtungen erzielt. Sich nicht auf herkömmliche Minimierungsverfahren (wie der Chi-Quadrat-Statistik) verlassend, passte die Gruppe eine Reihe von Datenpunkten und Modellvorhersagen zeitgleich einander an (einen sogenannten Bays’schen Algorithmus nutzend) und leiteten daraus einen Datensatz der wahrscheinlichsten Staubwerte ab. Die auf Herschel-Daten angewandte neue Technik erzielt einige wichtige Resultate. Anstelle der herkömmlichen Schlußfolgerung, daß die Staubtemperatur mit Eigenschaften wie der Größe gegenläufig in Beziehung steht (dies bedeutet, heiße Staubkörner sind kleiner), finden sie gegenteiliges: eine schwache Beziehung zwischen Temperatur und Staubeigenschaften. Der neue Ansatz wird weiterverfolgt und Ergebnisse sind zu erwarten, doch scheint diese Arbeit einen genaueren und zuverlässigeren Weg zu liefern, die Eigenschaften von Staub zu messen, einem wichtigen Bestandteil des interstellaren Mediums.