Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
Kugelsternhaufen sind eine Ansammlung gravitativ aneinander gebundener Sterne, in manchen Fällen bis zu einer Million, gruppiert in nahezu kugelförmigen Haufen mit Durchmessern von nur einigen zehn Lichtjahren. Kugelsternhaufen sind üblicherweise in den äußeren Bereichen (den Halos) von Galaxien lokalisiert; die Milchstraße besitzt etwa 200 Kugelsternhaufen, die sie umkreisen. Astronomen sind nicht nur an Kugelsternhaufen interessiert, weil sie die Heimat für viele der ältesten bekannten Sterne sind, sondern auch infolge ihrer Lage in den galaktischen Halos. Zusammenstöße zwischen Galaxien sind alltäglich, und Kugelsternhaufen könnten uralte Belege für diese Begegnungen liefern, weil sie durch solche Wechselwirkungen stark beeinflußt werden. Während einer Kollision kann eine Galaxie durch Verschlucken ihres Nachbarn oder durch Verschmelzen mit ihrem Nachbarn wachsen und einige Modelle sagen vorher, daß sich Sternhaufen während dieser Wechselwirkungen bilden. Hinzu kommt, daß möglicherweise bei einer Verschmelzung eine große Zahl an Kugelsternhaufen, die ursprünglich zu einer kleineren Galaxie gehörten, durch die größere Galaxie eingefangen werden könnte. In jedem Fall hält die Verteilung der Kugelsternhaufen um eine Galaxie herum Hinweise auf ihre Herkunft und die Geschichte ihrer Heimatgalaxie bereit.
Der Virgo-Galaxiencluster umfaßt zwischen ein- und zweitausend Galaxien und liegt ungefähr 54 Millionen Lichtjahre entfernt im Sternbild Virgo. Allein die zehn hellsten Galaxien des Virgo-Clusters beherbergen 7053 entdeckte Kugelsternhaufen. Raffaele D’Abrusco, Pepi Fabbiano und Andreas Zezas vom CfA begutachteten sorgfältig diesen Satz an Kugelsternhaufen und suchten dabei nach Information über die Geschichte dieser Galaxien. In einer neuen Arbeit berichten sie von der Entdeckung eindeutiger Strukturen unter den Kugelsternhaufen – dies besagt, daß die Kugelsternhaufen um diese Galaxien nicht symmetrisch verteilt sind. Ihre Anordnung nimmt oft Formen an, die von fast linear bis kreisförmig reichen, darüber hinaus auch einige komplexere Formen. Die Wissenschaftler fanden 229 solcher Strukturen unter diesen Anordnungen, wovon 42 als mittel oder groß und sich bis zu 25 kpc erstreckend klassifiziert wurden. Die länglichen Strukturen sind tendenziell an einer Achse der Heimatgalaxie ausgerichtet; genau so würde man es erwarten, wenn eine Verschmelzung verantwortlich wäre.
Die Wissenschaftler führen Argumente dafür an, daß diese Strukturen tatsächlich die Überreste von Galaxien sind, die in der Vergangenheit akkretiert wurden und schätzen unter anderem Grenzen für die Massen dieser Elterngalaxien ab. Computersimulationen liefern einen gewissen Grad an Übereinstimmung. Die Autoren merken an, daß mit detaillierteren Berechnungen diese Strukturen ein machtvolles neues Werkzeug bieten, die Untersuchung der Galaxienentwicklung zu verbessern.
Literatur:
“Spatial Structures in the Globular Cluster Distribution of the Ten Brightest Virgo Galaxies”
R. D’Abrusco, G. Fabbiano, A. Zezas
The Astrophysical Journal, 805:26 (27pp), 2015 May 20