Eine massereiche sternbildende Galaxie im frühen Universum

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

(Originalartikel unter https://pweb.cfa.harvard.edu/news)

Ein ferninfrarotes (FIR) Bild einer ultraleuchtkräftigen Galaxie aus der Zeit um ungefähr drei Milliarden Jahre nach dem Urknall. Das Kreuz markiert den Ort der maximalen FIR-Strahlung (auch den Höchstwert für die Radiostrahlung); die konzentrischen Kreise haben jeweils einen Radius von 2, 4 und 6 Kiloparsec (ein Kiloparsec gleich 3300 Lichtjahre). Astronomen bedienen sich der Multiwellenlängenbilder der Galaxie, um Eigenschaften ihrer vielschichtigen, massiven Sternentstehungsaktivität abzuleiten.
Cochrane et al. 202

Die leuchtkräftigsten Galaxien im Universum strahlen das Tausendfache (oder sogar mehr) der Energie der Milchstraße ab, das Meiste bei infraroten Wellenlängen. Diese Galaxien werden von der ultravioletten Strahlung der gewaltigen Menge an neu gebildeten Sternen oder von aktiven galaktischen Kernen angetrieben; die UV-Strahlung wärmt den Staub, der dann die Energie im Infraroten wieder abstrahlt. Wenige Milliarden Jahre nach dem Urknall durchliefen Galaxien im Universum einen Höhepunkt an Sternentstehungsaktivität mit Sternentstehungsraten, die ab und zu tausend Sonnenmassen pro Jahr übertreffen (die Milchstraße bringt rund einen Stern pro Jahr hervor). Das Meiste ihrer Energie strahlen sie im Infraroten ab, auch wenn infolge der Ausdehnung des Universums das beobachtete Maximum ihrer Strahlung in das Submillimeterband rotverschoben ist und sie als staubhaltige, sternbildende Submillimeter-Galaxien bekannt sind.

Diese kosmisch frühen Objekte sind weit entfernt und schwierig zu entdecken, aber einige der leuchtkräftigsten Galaxien sind in tiefen Durchmusterungen entdeckt worden. Die Prozesse, die ihre Strahlung antreiben, geben die physikalischen Bedingungen im frühen Universum wieder; zudem sind die Objekte die Ahnen heutiger Galaxien. Deshalb arbeiten Astronomen hart daran, um einige grundlegende Fragen zu beantworten, vor allem, ob ihre Sternbildungsmechanismen ähnlich zu denen in der Milchstraße sind und falls nicht, wie und weshalb sie sich unterscheiden. Da sie so weit entfernt sind, sind ihre räumlichen Strukturen schwer aufzulösen, und da sie so staubhaltig sind, durchdringen optische Wellenlängen die Verdunkelung nicht.

Die CfA-Astronomin Rachel Cochrane stand einem Team vor, das Multiwellenlängendaten über eine staubhaltige, sternbildende Galaxie aus der Zeit von vor ungefähr drei Milliarden Jahren nach dem Urknall erhielt und auswertete. Sie nutzten die Vorrichtung SINFONI am Very Large Telescope, um Nahinfrarotstrahlung von atomarem Wasserstoff zu beobachten, darüber hinaus Hubble, um das ultraviolette Licht der Galaxie zu untersuchen, sowie das ALMA-Array, um die Submillimeterstrahlung in Verbindung mit Daten der Radiostrahlung vom Lansky Very Large Array zu kartieren. Diese vier Bänder sind als Marker von Sternentstehung bestens bekannt und die Beobachtungen konnten relativ kleine Strukturen auflösen – in der Größenordnung von nur ungefähr wenigen tausend Lichtjahren, fein genug, um die Galaxie und ihre zirkumnukleare Region zu untersuchen. Die neuen Resultate gehören zu den spektakulärsten Befunden aus der kombinierten Leistung dieser vier modernen Einrichtungen.

Die Astronomen stellten fest, daß die Galaxie für ungefähr zweihundert Millionen Jahre lebhaft Sterne gebildet hat; sie ist aber so staubhaltig, daß die genaue Sternentstehungsrate unsicher ist. Ohne Korrekturen für die Verdunkelung liegt die geschätzte Rate etwa zwischen 10-30 Sonnenmassen pro Jahr, jedoch abhängig von der Staubverteilung ist es wahrscheinlicher, daß die Rate bei ungefähr 1000 Sonnenmassen pro Jahr liegt, ein Wert, der mit dem Gesamtenergiehaushalt stimmiger ist; es gibt keinen Hinweis auf einen aktiven galaktischen Kern. Die Bilder zeigen eine ausgedehnte Scheibenstruktur sowie auffällige, ausgedehnte Gebiete aus atomarem Wasserstoff und warmem Staub, welche die Schlußfolgerung wiederholen, daß die Sternentstehung in hohem Maße, doch unregelmäßig verdunkelt ist. Die Resultate verdeutlichen die Komplexität der Sternentstehungsaktivität in diesen frühen Galaxien und die Notwendigkeit von Multiwellenlängenbeobachtungen.

Literatur:

„Resolving a Dusty, Star-Forming SHiZELS Galaxy at z = 2.2 with HST, ALMA, and SINFONI on Kiloparsec Scales”

R. K. Cochrane, P. N. Best, I. Smail, E. Ibar, C. Cheng, A. M. Swinbank, J. Molina, D. Sobral and U. Dudzeviciute

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 503, 2622, 2021

oder

arXiv:2102.07791v1 [astro-ph.GA] 15 Feb 2021