Astronomie ohne Teleskop – Spezielle Relativität aus grundlegenden Prinzipien?

Von Steve Nerlich in Universe Today – Übersetzt von Harald Horneff

Es gibt für uns alle Hoffnung, wenn ein freundlich gesinnter Angestellter eines Patentbüros Person des 20. Jahrhunderts werden kann.

 

Einsteins Erklärung der Speziellen Relativitätstheorie, veröffentlicht 1905 in seiner Abhandlung Zur Elektrodynamik bewegter Körper, konzentriert sich auf das Zerschlagen der Idee einer „absoluten Bewegungslosigkeit“, veranschaulicht durch den lichtspendenden Äther. Dies gelang sehr erfolgreich. Aber viele, die sein Argument hören, weshalb alles von der Geschwindigkeit des Lichts im Vakuum abzuhängen scheint, bleiben auch heute noch irritiert zurück.

Da nur wenige im 21. Jahrhundert überzeugt werden müssen, daß der lichtspendende Äther nicht existiert, ist es möglich, auf das Konzept der Speziellen Relativitätstheorie auf einem anderen Weg zu schließen. Einfach durch Gebrauch der Logik kann man herleiten, daß das Universum eine absolute Geschwindigkeit besitzen muß – und von diesem Punkt aus kann man die Spezielle Relativitätstheorie als logische Konsequenz ableiten.

Die Argumentationskette geht wie folgt:

1) In jedem Universum muß es eine absolute Geschwindigkeit geben, da Geschwindigkeit die Messung von zurückgelegter Entfernung zur benötigten Zeit ist. Erhöht man die Geschwindigkeit, so bedeutet dies, daß man die Reisezeit für die Entfernung zwischen A und B verringert. Theoretisch kann man letztlich seine Geschwindigkeit bis zu dem Punkt erhöhen, wo die Reisezeit gegen Null geht – und bei welcher Geschwindigkeit auch immer die Reisezeit Null ist, dies stellt die absolute Geschwindigkeit in einem Universum dar.

2) Jetzt tritt das Relativitätsprinzip auf den Plan. Einstein sprach über Züge und Bahnsteige, um die unterschiedlichen Inertialsysteme zu beschreiben. Zum Beispiel kann man messen, wie jemand auf einem Bahnsteig einen Ball mit 10 km/h nach vorne wirft. In einen Zug, der mit 60 km/h fährt, bewegt sich der mit 10 km/h nach vorne geworfene Ball meßbar mit nahezu 70 km/h (relativ zum Bahnsteig) vorwärts.

3) Punkt 2 ist für ein Universum, das eine absolute Geschwindigkeit (siehe Punkt 1) besitzt, ein großes Problem. Hätte man zum Beispiel ein Gerät, das unseren Ball mit der absoluten Geschwindigkeit des Universums nach vorne herausschleudert und man dann dieses Gerät auf den Zug montiert – würde man erwarten den Ball mit der absoluten Geschwindigkeit + 60 km/h (des Zuges) zu messen.

4) Einstein folgerte: beobachtet man, daß sich etwas in einem anderen Bezugssystem als dem eigenen mit der absoluten Geschwindigkeit bewegt, müssen sich die Bestandteile der Geschwindigkeit (d.h. Wegstrecke und Zeit) in diesem anderen Bezugssystem ändern, um sicherzustellen, daß alles was sich mit der absoluten Geschwindigkeit bewegt niemals mit einer Geschwindigkeit größer als die absolute Geschwindigkeit gemessen werden kann.

Folglich sollten sich im Zug Entfernungen verkürzen (Längenkontraktion) und Zeit sollte sich dehnen (Zeitdilatation).

Der Effekt der Relativbewegung. Die meßbare Zeitdehnung ist in einem Zug vernachlässigbar, der mit 60 km/h an einem Bahnsteig vorbeifährt, steigt aber dramatisch an, wenn der Zug die Möglichkeit erlangt, Lichtgeschwindigkeit zu erreichen. Die Zeit (und Wegstrecke) wird sich so verändern, daß sichergestellt ist, daß die Lichtgeschwindigkeit immer die Lichtgeschwindigkeit bleibt und nicht die Summe aus Lichtgeschwindigkeit + Geschwindigkeit des Zuges wird.

 

Und so ist es wirklich. Daher kann man geradewegs ins Universum blicken und nach Beispielen für etwas Bestimmtes suchen, das sich immer mit der gleichen Geschwindigkeit unabhängig vom Bezugssystem bewegt. Wenn man dieses bestimmte Etwas gefunden hat, weiß man, daß es sich mit der absoluten Geschwindigkeit bewegen muß.

Einstein bietet zwei Beispiele in dem Eingangskapitel seiner Elektrodynamik bewegter Körper:

  • die elektromagnetische Stärke, die durch die relative Bewegung einer Induktionsspule oder eines Magneten erzeugt wird, ist gleich, ob nun die Induktionsspule oder der Magnet bewegt wird (ein Ergebnis der Maxwell‘schen Theorie des Elektromagnetismus)

  • der fehlgeschlagene Versuch zu zeigen, daß die Bewegung der Erde einem Lichtstrahl, der der Erde vorausläuft, eine wie auch immer geartete, zusätzliche Geschwindigkeit hinzufügt (ein vermutlich indirekter Hinweis auf das Michelson-Morley-Experiment aus dem Jahr 1887)

Mit anderen Worten: elektromagnetische Strahlung (d.h. Licht) zeigte einfach die Eigenschaft, die man von etwas erwarten würde, das sich mit der absoluten Geschwindigkeit bewegt, die in unserem Universum möglich ist, sich zu bewegen.

Die Tatsache, daß es Licht ist, sich mit der absoluten Geschwindigkeit des Universums zu bewegen, ist für uns nützlich – wir können die Lichtgeschwindigkeit messen und deshalb können wir der absoluten Geschwindigkeit des Universums einen numerischen Wert (d.h. 300.000 km/s) zuordnen, anstatt es nur c zu nennen.