Astronomie ohne Teleskop – Kein Metall, kein Planet?

Von Steve Nerlich in Universe Today – Übersetzt von Harald Horneff

Japanische Astronomen haben eine Arbeit veröffentlicht, in der ein starker Zusammenhang zwischen der Metallizität staubiger protoplanetarer Scheiben und deren Lebensdauer festgestellt wird. Aus diesem Befund leiten sie ab, daß Sterne mit niedriger Metallizität aufgrund der kürzeren Lebens-dauer der sie umgebenden protoplanetaren Scheiben eine sehr viel geringere Wahrscheinlichkeit für Planeten, einschließlich Gasriesen, besitzen.

Astronomen sprechen von “Metallen”, wenn es um Elemente geht, die im Periodensystem Wasserstoff und Helium folgen. Die Galaxis hat ein Metallizitätsgefälle. Die Metallizität fällt merklich, je weiter man nach außen kommt. Ganz am Rand der Milchstraße, etwa 18 Kiloparsec vom Zentrum entfernt, beträgt die Metallizität der Sterne nur noch 10 % von dem, was die Sonne (die etwa 8 Kiloparsec oder etwa 25.000 Lichtjahre vom Zentrum entfernt ist) aufweist.

In der Studie werden junge Sternhaufen innerhalb von stellaren Kinderstuben mit relativ hoher Metallizität (wie der Orion-Nebel) mit mehr entfernt gelegenen Haufen in den äußeren Bereichen der Galaxis innerhalb von Kinderstuben mit niedriger Metallizität (wie Digel-Wolke 2) verglichen.

Die Folgerungen der Untersuchung basieren auf der Annahme, daß der Strahlungsausstoß der Sterne mit dichten protoplanetarischen Scheiben bei nahen und mittleren Infrarot-Wellenlängen stärker ausfällt. Dies beruht großteils darauf, daß der Stern seine umgebende protoplanetare Scheibe auf-heizt und die Scheibe so zum Strahlen im Infraroten anregt.

Die Forschergruppe verwendete das 8.2-Meter-Subaru-Teleskop und eine Methode, die man JHK-Photometrie nennt (JHK sind Filtersysteme für den infraroten Bereich), um ein Maß zu bestimmen, das sie „Scheibenanteil“ nannten und der die Dichte der protoplanetaren Scheibe wiedergibt (durch den Überschuß an infraroter Strahlung festgelegt). Sie verwendeten zudem eine weitere anerkannte Masse-Leuchtkraft-Beziehung, um das Alter der Haufen zu bestimmen.

Trägt man den Scheibenanteil über das Alter von Sternenpopulationen mit sonnenentsprechender Metallizität gegen Sternenpopulationen niedriger Metallizität aus der äußeren Galaxis auf, scheint es, daß sich die protoplanetaren Scheiben der Sterne mit niedriger Metallizität viel schneller auflösen.

Die Autoren schlagen vor, daß der kürzeren Lebensspanne der Scheiben mit niedrigem Metallanteil ein Prozeß zu Grunde liegt, der Photoverdampfung genannt wird – der Druck der Photonen reicht aus, die leichtgewichtigen Atome Wasserstoff und Helium schnell zu zerstreuen. Die anwesenden „Metalle“ mit höherem Atomgewicht hingegen streuen die Photonen und eine protoplanetare Scheibe kann über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten werden.

Die Autoren betonen, daß die kürzere Lebenszeit der Scheiben mit niedriger Metallizität die Wahr-scheinlichkeit der Planetenbildung verringert. Die Folgerungen dieser Beziehung scheinen zu sein: weniger Planeten um Sterne am äußeren Rand der Galaxis wie auch weniger Planeten um jede alte Sternpopulation II, die sich in einer Umgebung mit niedriger Metallizität gebildet hat. Zudem legen die Ergebnisse nahe, daß Planeten, auch Gasriesen, außerordentlich selten im frühen Universum gewesen sein dürften. Sie sind erst später in der Entwicklung des Universums zum Allgemeingut geworden – nachdem die stellare Nukleosynthese den Kosmos genügend mit Metallen angereichert hat.

Weiterführende Literatur (im Internet zu finden unter):

arXiv:1010.1668v1
Chikako Yasui, Naoto Kobayashi, Alan T. Tokunaga, Masao Saito & Chihiro Tokoku

Short Lifetime of Protoplanetary Disks in Low-Metallicity Environments (2010)