Webb enthüllt rasante Lichtshow vom zentralen Schwarzen Loch der Milchstraße

Originalveröffentlichung am 18.02.2025 zu finden unter: https://webbtelescope.org/news/news-releases

Zusammenfassung: Die Beobachtungen zeigten ein anhaltendes Feuerwerk mit kurzen Ausbrüchen und längeren Fackeln (Flares)

Stellen Sie sich Sonneneruptionen vor, aber in einem unvorstellbaren Ausmaß. Ein ständiges Flimmern, das hell genug ist, um 26.000 Lichtjahre weit zu leuchten. Und dazwischen immer wieder brillante Blitze, die täglich aufblitzen.

Forscher, die NASA’s James-Webb-Weltraumteleskop benutzen, haben diese Aktivität im Zentrum unserer Galaxis entdeckt. Die Quelle ist die Akkretionsscheibe um das zentrale supermassereiche Schwarze Loch der Milchstraße. Webb entdeckte Helligkeitsänderungen über bemerkenswert kurze Zeiträume, was bedeutet, daß sie aus der inneren Scheibe des Schwarzen Lochs kommen, nicht weit außerhalb von seinem Ereignishorizont.

Das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße scheint eine Party zu feiern – mit einer Lichtshow im Stil einer Discokugel. Mit Hilfe des James-Webb-Weltraumteleskops der NASA hat ein Team von Astrophysikern den bisher längsten und detailliertesten Blick auf die „Leere“ in der Mitte unserer Galaxis geworfen.

Sie fanden heraus, daß die wirbelnde Scheibe aus Gas und Staub (oder Akkretionsscheibe), die das zentrale supermassereiche Schwarze Loch namens Sagittarius A* umkreist, einen konstanten Strom von Flares aussendet, die keine Ruhephasen haben. Die Aktivität erstreckt sich über einen weiten Zeitraum – von kurzen Episoden bis hin zu langen Zeitabschnitten. Manche Flares sind ein schwaches flackern, die nur wenige Sekunden andauern, andere wiederum sind blendend helle Eruptionen, die täglich auftreten. Es gibt auch noch schwächere Veränderungen, die sich über Monate hinziehen.

Die neuen Erkenntnisse könnten Physikern helfen, die grundlegende Natur Schwarzer Löcher besser zu verstehen, wie sie von ihrer Umgebung gespeist werden sowie die Dynamik und Entwicklung unserer eigenen Galaxis.

Die Studie wurde in der Ausgabe vom 18. Februar der Zeitschrift The Astrophysical Journal Letters veröffentlicht.

„In unseren Daten sahen wir eine sich ständig ändernde, brodelnde Helligkeit“, so Farhad Yusef-Zadeh von der Northwestern University in Illinois, der die Studie leitete. „Und dann Bumm! Ein großer Helligkeitsausbruch tauchte plötzlich auf. Dann beruhigte es sich wieder. Wir konnten kein Muster in dieser Aktivität finden. Sie scheint zufällig zu sein. Das Aktivitätsprofil dieses Schwarzen Lochs war jedes Mal neu und aufregend, wenn wir es uns angeschaut haben.“

Zufälliges Feuerwerk

Für die Studie nutzten Yusef-Zadeh und sein Team die NIRCam (Nahinfrarotkamera) von Webb, um Sagittarius A* insgesamt 48 Stunden lang in 8- bis 10-Stunden-Schritten über ein Jahr hinweg zu beobachten. So konnten sie verfolgen, wie sich das Schwarze Loch im Laufe der Zeit veränderte.

Das Team erwartete zwar, Flares zu sehen, doch Sagittarius A* war aktiver, als sie erwartet hatten. Die Beobachtungen zeigten ein beständiges Feuerwerk unterschiedlicher Helligkeit und Dauer. Die Akkretionsscheibe, die das Schwarze Loch umgibt, erzeugte fünf bis sechs große Flares pro Tag und dazwischen mehrere kleine Sub-Flares beziehungsweise Ausbrüche.

Zwei getrennte Prozesse mit im Spiel

Obwohl Astrophysiker die Prozesse, die dabei ablaufen, noch nicht vollständig verstehen, vermutet Yusef-Zadeh, daß zwei verschiedene Prozesse für die kurzen Ausbrüche und die längeren Flares verantwortlich sind. Er vermutet, daß kleinere Störungen innerhalb der Akkretionsscheibe das schwache Flackern verursachen. Insbesondere können turbulente Fluktuationen innerhalb der Scheibe das Plasma (ein heißes, elektrisch geladenes Gas) komprimieren und einen vorübergehenden Strahlungsausbruch verursachen. Yusef-Zadeh vergleicht diese Ereignisse mit Sonneneruptionen.

„Es ist vergleichbar mit der Art und Weise, wie sich das Magnetfeld der Sonne zusammenzieht, verdichtet und dann eine Sonneneruption auslöst“, erklärt er. „Natürlich sind die Vorgänge dramatischer, weil die Umgebung eines Schwarzen Lochs viel energiereicher und extremer ist. Aber auch auf der Sonnenoberfläche brodelt es gewaltig.“

Yusef-Zadeh führt die großen, hellen Fackeln auf gelegentliche magnetische Rekonnexionsereignisse zurück – ein Prozeß, bei dem zwei Magnetfelder zusammenstoßen und Energie in Form von beschleunigten Teilchen freisetzen. Diese Teilchen bewegen sich mit Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit und senden helle Strahlungsausbrüche aus.

Ein magnetisches Rekonnexionsereignis ist wie ein Funke statischer Elektrizität, der in gewisser Hinsicht auch eine „elektrische Rekonnexion“ ist“, so Yusef-Zadeh.

Doppelter ‘Blick’

Da Webb’s NIRCam zwei verschiedene Wellenlängen gleichzeitig beobachten kann (im Fall dieser Beobachtungen 2,1 und 4,8 Mikrometer), konnten Yusef-Zadeh und seine Mitarbeiter vergleichen, wie sich die Helligkeit der Flares bei den einzelnen Wellenlängen verändert. Und wieder erlebten die Forscher eine Überraschung. Sie entdeckten, daß Ereignisse, die bei kürzeren Wellenlängen beobachtet wurden, ihre Helligkeit leicht vor den Ereignissen mit längeren Wellenlängen veränderten.

„Dies ist das erste Mal, daß wir bei diesen Wellenlängen eine Zeitverzögerung bei den Messungen festgestellt haben“, so Yusef-Zadeh. „Wir haben diese Wellenlängen gleichzeitig mit der NIRCam beobachtet und festgestellt, daß die längere Wellenlänge der kürzeren um einen sehr kleinen Betrag hinterherhinkt – vielleicht von ein paar Sekunden bis zu 40 Sekunden.“

Diese Zeitverzögerung lieferte weitere Hinweise auf die physikalischen Prozesse, die um das Schwarze Loch herum ablaufen. Eine Erklärung ist, daß die Teilchen im Laufe des Flare Energie verlieren – bei kürzeren Wellenlängen schneller als bei längeren Wellenlängen. Solche Veränderungen sind bei Teilchen zu erwarten, die sich spiralförmig um Magnetfeldlinien bewegen.

Angestrebt wird ein lückenloser Blick

Um diese Fragen weiter zu erforschen, hoffen Yusef-Zadeh und sein Team, Sagittarius A* mit Webb über einen längeren Zeitraum beobachten zu können, z. B. 24 ununterbrochene Stunden, um das Rauschen zu reduzieren und den Forschern die Möglichkeit zu geben, noch feinere Details zu erkennen.

„Wenn man so schwache Flare-Ereignisse betrachtet, muß man mit dem Rauschen konkurrieren“, sagte Yusef-Zadeh. „Wenn wir 24 Stunden lang beobachten können, dann können wir das Rauschen reduzieren und Merkmale sehen, die wir vorher nicht sehen konnten. Das wäre erstaunlich. Wir können auch sehen, ob sich diese Flares wiederholen oder ob sie wirklich zufällig sind.

Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumforschung. Webb wird Rätsel in unserem Sonnensystem lösen, einen Blick auf ferne Welten um andere Sterne werfen und die geheimnisvollen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseren Platz darin erforschen. Webb ist ein internationales Programm unter der Leitung der NASA und ihrer Partner ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (Kanadische Weltraumorganisation).

Flackernde Scheibe um das Schwarze Loch der Milchstraße (Künstlerischer Entwurf)

Abbildung: NASA, ESA, CSA, Ralf Crawford (STScI)

Über das Bild: Dieser künstlerische Entwurf zeigt das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße, bekannt als Sagittarius A*. Es ist von einer wirbelnden Akkretionsscheibe aus heißem Gas umgeben. Durch die Schwerkraft des Schwarzen Lochs wird das Licht auf der anderen Seite der Scheibe gebeugt, so daß es sich über und unter dem Schwarzen Loch zu winden scheint.

In der Scheibe sind mehrere aufflackernde heiße Flecken zu sehen, die Sonneneruptionen ähneln, allerdings in einem energiereicheren Ausmaß. Das James-Webb-Weltraumteleskop hat sowohl helle Flares als auch schwächeres Geflacker entdeckt, das von Sagittarius A* ausgeht. Das Flackern ist so schnell, daß es seinen Ursprung sehr nahe am Schwarzen Loch haben muß.

Infrarot-Flackern und Flares von Sagittarius A*

Video: NASA, ESA, CSA, Farhad Yusef-Zadeh (Northwestern University), Howard Bushouse (STScI), Alyssa Pagan (STScI)

Dieses Zeitraffervideo komprimiert etwa 9 Stunden Infrarotbeobachtungen des James-Webb-Weltraumteleskops auf 30 Sekunden. Webb beobachtete das Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße, bekannt als Sagittarius A*. Webb entdeckte sowohl schwaches Flackern als auch hellere Flares (einer davon ist gegen Ende des Videos zu sehen). Diese Helligkeitsschwankungen können auf zwei verschiedene Prozesse zurückzuführen sein.

Die scheinbare Veränderung der Größe der zentralen Lichtquelle ist ein instrumenteller Effekt. Die Akkretionsscheibe des Schwarzen Lochs ist auf den NIRCam-Bildern (Nahinfrarotkamera), die zur Erstellung dieses Films verwendet wurden, weniger als ein Pixel groß. Die Bilder kombinieren Daten bei Wellenlängen von 2,1 und 4,8 Mikrometern.

Beobachtungen und Lichtkurve von Sagittarius A*

Video: NASA, ESA, CSA, Farhad Yusef-Zadeh (Northwestern University), Howard Bushouse (STScI), Leah Hustak (STScI), Alyssa Pagan (STScI)

Dieses Zeitraffervideo zeigt Beobachtungen des zentralen Schwarzen Lochs in der Milchstraße, bekannt als Sagittarius A*, durch das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA. Links zeigen die Bilder der NIRCam (Nahinfrarotkamera), die durch die Kombination von Daten mit einer Wellenlänge von 2,1 und 4,8 Mikrometern erstellt wurden, einen Lichtpunkt, der zufällig heller und dunkler wird. Rechts ist die Helligkeit in Abhängigkeit von der Zeit aufgetragen. Webb entdeckte sowohl schwaches Flackern als auch hellere Fackeln (von denen eine gegen Ende des Videos zu sehen ist). Dieses Video komprimiert etwa 9 Stunden Beobachtungen auf 30 Sekunden.

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