Originalveröffentlichung am 13.02.2025 zu finden unter: https://webbtelescope.org/news/news-releases
Zusammenfassung: Entdeckung beweist jahrzehntealte Theorie des Fütterungszyklus der Galaxien
Seit seiner Entdeckung im Jahr 2010 sticht der Phoenix-Cluster immer wieder aus der Masse hervor.
Er ist einer der massereichsten Galaxiencluster, die den Astronomen bekannt sind, und war der erste Galaxiencluster, in dem ein supermassereiches Schwarzes Loch gefunden wurde, das eine hohe Sternentstehungsrate fördert, anstatt sie zu behindern.
Wie genau das geschah, blieb jedoch ein Rätsel. Die Forscher konnten superheißes Gas und superkalte Gasfilamente sehen, die sich bildende Sterne verbergen. Das dazwischen blieb jedoch unsichtbar. Das heißt, bis das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA mit seinem Infrarotauge den Clusterkern untersuchte und das fehlende kühlende Gas fand.
Forscher, die das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA nutzen, haben endlich das Rätsel gelöst, wie ein massereicher Galaxiencluster mit einer so hohen Rate Sterne bildet. Die Bestätigung durch Webb stützt sich auf mehr als ein Jahrzehnt an Studien mit dem Chandra-Röntgenobservatorium und dem Hubble-Weltraumteleskop der NASA sowie mit mehreren bodengestützten Observatorien.
Der Phoenix-Cluster, eine Gruppe von Galaxien, die 5,8 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt durch die Schwerkraft aneinandergebunden sind, ist aufgrund einiger einzigartiger Eigenschaften ein interessantes Ziel für Astronomen gewesen. Insbesondere solche Eigenschaften sind überraschend: eine vermutete extreme Abkühlung des Gases und eine rasante Sternentstehungsrate trotz eines supermassereichen Schwarzen Lochs von etwa 10 Milliarden Sonnenmassen in seinem Kern. In anderen beobachteten Galaxienclustern sendet das zentrale supermassereiche Schwarze Loch energiereiche Teilchen und Strahlung aus, die verhindern, daß das Gas genügend abkühlt, um Sterne zu bilden. Forscher haben die Gasströme in diesem Cluster untersucht, um herauszufinden, wie diese extreme Sternentstehung zustande kommt.
„Wir können unsere früheren Untersuchungen des Phoenix-Clusters, bei denen unterschiedliche Abkühlungsraten bei verschiedenen Temperaturen festgestellt wurden, mit einer Skipiste vergleichen“, sagt Michael McDonald vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, der das Programm leitet. „Der Phoenix-Galaxiencluster verfügt über das größte Reservoir an heißem, sich abkühlendem Gas aller Galaxiencluster – vergleichbar mit dem am stärksten frequentierten Sessellift, der die meisten Skifahrer auf den Gipfel des Berges bringt. Allerdings kommen nicht alle Skifahrer den Berg hinunter, was bedeutet, daß nicht das gesamte Gas auf niedrige Temperaturen abgekühlt ist. Wenn man eine Skipiste hätte, auf der deutlich mehr Leute oben aus dem Lift aussteigen als unten ankommen, wäre das ein Problem!“
Bislang stimmten im Phoenix-Cluster die Zahlen nicht überein, und den Forschern fehlte ein Teil des Vorgangs. Webb hat nun die sprichwörtlichen Skifahrer in der Mitte des Berges gefunden, indem es das fehlende kühlende Gas aufgespürt und kartiert hat, daß letztlich die Sternentstehung fördert. Das Wichtigste dabei ist, daß dieses warme Zwischengas innerhalb von Hohlräumen gefunden wurde, die das sehr heiße Gas mit einer Temperatur von 10 Millionen Grad Celsius und das bereits abgekühlte Gas mit einer Temperatur von etwa 10.000 Grad Celsius durchziehen.
Das Team untersuchte den Kern des Clusters detaillierter als je zuvor mit dem Medium-Resolution Spectrometer des Mid-Infrared Instrument (MIRI) von Webb. Dieses Instrument ermöglicht es den Forschern, während einer einzigen Beobachtungsreihe spektroskopische Daten aus zwei Dimensionen einer Himmelsregion aufzunehmen.
„Frühere Studien haben nur Gas an den extrem kalten und heißen Enden der Temperaturverteilung im Zentrum des Clusters gemessen“, fügt McDonald hinzu. „Wir waren eingeschränkt – es war nicht möglich, dieses ‘warme’ Gas, nach dem wir suchten, nachzuweisen. Mit Webb konnten wir dies zum ersten Mal tun.“
Eine Eigenart der Natur
Die Fähigkeit von Webb, diese spezielle Temperatur des abkühlenden Gases, ungefähr 300.000 Grad Celsius, zu erkennen, ist zum Teil auf seine instrumentellen Fähigkeiten zurückzuführen. Die Forscher erhalten jedoch auch ein wenig Hilfe von der Natur.
Bei dieser Kuriosität handelt es sich um zwei sehr unterschiedliche ionisierte Atome, Neon und Sauerstoff, die in ähnlichen Umgebungen entstehen. Bei diesen Temperaturen ist die Strahlung von Sauerstoff 100-mal heller, aber nur im Ultravioletten sichtbar. Obwohl das Neon viel lichtschwächer ist, leuchtet es im Infraroten, was es den Forschern ermöglichte, die Vorteile der fortschrittlichen Instrumente von Webb zu nutzen.
„In den Wellenlängen des mittleren Infrarots, die von Webb erfaßt wurden, war die Neon-VI-Signatur absolut überwältigend“, erklärt Michael Reefe, ebenfalls vom Massachusetts Institute of Technology und Hauptautor der in Nature veröffentlichten Untersuchung. „Obwohl diese Emission normalerweise schwieriger zu messen ist, schneidet die Empfindlichkeit von Webb im mittleren Infrarot durch all das Rauschen hindurch.“
Das Team hofft nun, diese Technik zur Untersuchung typischer Galaxiencluster einsetzen zu können. Obwohl der Phoenix-Cluster in vielerlei Hinsicht einzigartig ist, ist dieser Machbarkeitsnachweis ein wichtiger Schritt, um zu erfahren, wie andere Galaxiencluster Sterne bilden.
Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumforschung. Webb wird Rätsel in unserem Sonnensystem lösen, einen Blick auf ferne Welten um andere Sterne werfen und die geheimnisvollen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseren Platz darin erforschen. Webb ist ein internationales Programm unter der Leitung der NASA und ihrer Partner ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (Kanadische Weltraumorganisation).
Phoenix-Cluster (Hubble, Chandra, VLA mit Anmerkung versehen)

Abbildung: Joseph Olmsted (STScI)
Über das Bild: Neue Beobachtungen von NASA’s James-Webb-Weltraumteleskop haben das abkühlende Gas aufgespürt, das es dem Phoenix-Cluster ermöglicht, Sterne mit einer so hohen Rate zu bilden. Frühere Untersuchungen des Phoenix-Galaxienclusters mit dem Hubble-Weltraumteleskop, dem Chandra-Röntgenobservatorium und dem Very Large Array-Radioteleskop haben gezeigt, daß das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum des Clusters eine ungewöhnlich hohe Rate an Sternentstehung bewirkt. Dies ist nicht typisch – in anderen erfaßten Galaxienclustern sendet ein supermassereiches Schwarzes Loch normalerweise energiereiche Teilchen und Strahlung aus, die verhindern, daß das Gas genug abkühlt, um Sterne zu bilden.
Chandra detektiert das heißeste Gas, das in diesem Bild lila dargestellt ist. Vom Zentrum des Clusters gehen rote Jets aus, die Hohlräume oder Blasen im heißen Gas aufblähen, die hier in lila Strichen dargestellt sind. Filamente aus kühlerem Gas, in denen sich Sterne bilden, die von Hubble beobachtet wurden, erscheinen in Blau.
Bis zu den leistungsstarken spektroskopischen Instrumenten von Webb, die den Infrarotbereich untersuchen, blieb das abkühlende Gas unentdeckt. In diesem Bild sind die Konturen, die das Gas aus den von Webb gesammelten spektroskopischen Daten nachzeichnen, darübergelegt. Dieses intermediäre warme Gas wurde zwischen den Hohlräumen gefunden, die das sehr heiße Gas mit einer Temperatur von 10 Millionen Grad Celsius und das bereits abgekühlte Gas mit etwa 10.000 Grad Celsius abbilden.
Phoenix-Cluster (Hubble, Chandra, VLA)



Ansicht: NASA, CXC, NRAO, ESA, Michael McDonald (MIT)
Abbildung: Joseph Olmsted (STScI)
- Fast Facts
- Objekt
- Objektname(n): Phoenix-Cluster
- Objektbeschreibung: Galaxiencluster
- Rektaszension: 23:44:40.9
- Deklination: -42:41:54
- Sternbild: Phoenix
- Entfernung: 5,73 Milliarden Lichtjahre
- Abmessung: Das Bild hat einen Durchmesser von 44 Bogensekunden (etwa 1,2 Millionen Lichtjahre)
- Daten
- Instrument: ACS/WFC
- Filter: F475W, F775W, F850LP
- Bild
- Farbinformation: Diese Bilder sind ein Komposit aus Einzelbelichtungen, die mit dem ACS-Instrument am Hubble-Weltraumteleskop aufgenommen wurden. Es wurden mehrere Filter verwendet, um schmale Wellenlängenbereiche zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuordnung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem monochromatischen (Graustufen-)Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
- Blau: F475W Grün: F775W Rot: F850LP
Über das Bild: Dieses Bild des Phoenix-Clusters kombiniert Daten des NASA-Weltraumteleskops Hubble, des Röntgenobservatoriums Chandra und des Very Large Array Radioteleskops (VLA) und zeigt, wie das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum die Sternentstehung in großem Umfang fördert, anstatt sie zu behindern.
Die Röntgenstrahlung von Chandra zeigt extrem heißes Gas in Lila. Optische Lichtdaten von Hubble zeigen Galaxien in Gelb und Filamente aus kühlerem Gas, in denen sich Sterne bilden, in Hellblau.
Durch Ausbrüche erzeugte Jets, die in Rot dargestellt sind, werden vom VLA in Radiowellen gesehen. Wenn die Jets nach außen drängen, blähen sie Hohlräume bzw. Blasen in dem heißen Gas auf, das den Cluster durchdringt.
Neue Beobachtungen von NASA’s James-Webb-Weltraumteleskops zeichnen das abkühlende Gas entlang dieser Hohlräume nach, daß es dem Phoenix-Cluster ermöglicht, Sterne mit einer so hohen Rate zu bilden.