Originalveröffentlichung am 26.03.2025 zu finden unter: https://webbtelescope.org/news/news-releases
Zusammenfassung: Unerwartete, helle Wasserstoffstrahlung überraschte Astronomen
Das frühe Universum war von einem dichten Nebel aus neutralem Wasserstoff erfüllt. Obwohl die ersten Sterne und Galaxien große Mengen an ultraviolettem Licht abstrahlten, konnte dieses Licht den Nebel nur schwer durchdringen. Es dauerte Hunderte von Millionen Jahre, bis der neutrale Wasserstoff ionisiert war, d. h. die Elektronen den Protonen entrissen waren, so daß sich das Licht ungehindert durch den Raum bewegen konnte.
Astronomen versuchen, diese einzigartige Zeit der Transformation, die als Ära der Reionisation bekannt ist, zu verstehen. Eine neu entdeckte Galaxie beleuchtet diese Ära auf unerwartete Weise. JADES-GS-z13-1, die nur 330 Millionen Jahre nach dem Urknall beobachtet wurde, zeigt helle Wasserstoffemissionen, die eigentlich vom kosmischen Nebel absorbiert werden sollten. Theoretiker ringen um eine Erklärung dafür, wie ihr Licht den Nebel zu einem so frühen Zeitpunkt durchdringen konnte.
Mit der einzigartigen Infrarotempfindlichkeit von NASA’s James-Webb-Weltraumteleskop können Forscher alte Galaxien untersuchen, um Geheimnisse des frühen Universums zu ergründen. Jetzt hat ein internationales Team von Astronomen helle Wasserstoffemissionen aus einer Galaxie in einer unerwartet frühen Zeit in der Geschichte des Universums entdeckt. Diese überraschende Entdeckung stellt die Forscher vor die Frage, wie dieses Licht den dichten Nebel aus neutralem Wasserstoff, der den Weltraum zu dieser Zeit erfüllte, durchdrungen haben könnte.
Das Webb-Teleskop entdeckte die unglaublich weit entfernte Galaxie JADES-GS-z13-1, deren Existenz nur 330 Millionen Jahre nach dem Urknall beobachtet wurde, auf Bildern, die von der NIRCam (Nahinfrarotkamera) des Webb-Teleskops im Laufe des James Webb Space Telescope Advanced Deep Extragalactic Survey (JADES) aufgenommen wurden. Die Forscher nutzten die Helligkeit der Galaxie in verschiedenen Infrarotfiltern, um ihre Rotverschiebung abzuschätzen. Diese mißt die Entfernung einer Galaxie von der Erde anhand der Streckung ihres Lichts während ihrer Reise durch den sich ausdehnenden Weltraum.
Die NIRCam-Aufnahmen ergaben eine erste Schätzung der Rotverschiebung von 12,9. Um die extreme Rotverschiebung zu bestätigen, beobachtete ein internationales Team unter der Leitung von Joris Witstok von der Universität Cambridge im Vereinigten Königreich sowie dem Cosmic Dawn Center und der Universität Kopenhagen in Dänemark die Galaxie mit dem NIRSpec-Instrument (Nahinfrarot-Spektrograph) von Webb.
In dem sich daraus ergebenden Spektrum wurde eine Rotverschiebung von 13,0 bestätigt. Dies entspricht einer Galaxie, die nur 330 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden ist – ein kleiner Bruchteil des heutigen Alters des Universums von 13,8 Milliarden Jahren. Aber es gab auch eine unerwartete Besonderheit: eine bestimmte, besonders helle Wellenlänge des Lichts, die so genannte Lyman-Alpha-Emission, die von Wasserstoffatomen abgestrahlt wird. Diese Emission war viel stärker, als die Astronomen in diesem frühen Stadium der Entwicklung des Universums für möglich hielten.
„Das frühe Universum war in einen dichten Nebel aus neutralem Wasserstoff getaucht“, erklärt Roberto Maiolino, ein Mitglied des Teams von der Universität Cambridge und dem University College London. „Der größte Teil dieses Nebels wurde durch einen Prozeß namens Reionisierung aufgelöst, der etwa eine Milliarde Jahre nach dem Urknall abgeschlossen war. GS-z13-1 wurde beobachtet, als das Universum erst 330 Millionen Jahre alt war, zeigt aber eine überraschend klare, verräterische Signatur der Lyman-Alpha-Emission, die erst sichtbar wird, wenn sich der umgebende Nebel vollständig gelichtet hat. Dieses Ergebnis war für die Theorien über die frühe Galaxienentstehung völlig unerwartet und hat die Astronomen überrascht.“
Vor und während der Ära der Reionisierung blockierten die riesigen Mengen an neutralem Wasserstoffnebel, der die Galaxien umgab, jegliches energiereiche ultraviolette Licht, das sie ausstrahlten, ähnlich wie die Filterwirkung von farbigem Glas. Solange sich nicht genügend Sterne gebildet hatten und in der Lage waren, das Wasserstoffgas zu ionisieren, konnte kein solches Licht – auch nicht die Lyman-Alpha-Strahlung – aus diesen jungen Galaxien entweichen und die Erde erreichen. Die Bestätigung der Lyman-Alpha-Strahlung aus dieser Galaxie hat daher große Auswirkungen auf unser Verständnis des frühen Universums.
„Angesichts unseres Verständnisses der Entwicklung des Universums hätten wir eine Galaxie wie diese eigentlich nicht finden dürfen“, sagt Kevin Hainline, ein Mitglied des Teams von der University of Arizona. „Man könnte sich das frühe Universum wie einen dichten Nebel vorstellen, der es äußerst schwierig macht, selbst starke Leuchttürme zu finden, die hindurchleuchten. Trotzdem sehen wir hier einen Lichtstrahl dieser Galaxie, der den Vorhang durchdringt. Diese faszinierende Emissionslinie hat enorme Auswirkungen darauf, wie und wann das Universum reionisiert wurde.“
Die Quelle der Lyman-Alpha-Strahlung aus dieser Galaxie ist noch nicht bekannt, könnte aber das erste Licht der frühesten Generation von Sternen im Universum enthalten, die sich gebildet haben. „Die große Blase aus ionisiertem Wasserstoff, die diese Galaxie umgibt, könnte von einer besonderen Population von Sternen erzeugt worden sein – viel massereicher, heißer und leuchtkräftiger als Sterne, die in späteren Epochen entstanden sind, und möglicherweise repräsentativ für die erste Generation von Sternen“, so Witstok. Ein mächtiger aktiver galaktischer Kern, der von einem der ersten supermassereichen Schwarzen Löcher angetrieben wird, ist eine weitere Möglichkeit, die das Team identifiziert hat.
Diese Forschungsergebnisse wurden am Mittwoch in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.
Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumforschung. Webb wird Rätsel in unserem Sonnensystem lösen, einen Blick auf ferne Welten um andere Sterne werfen und die geheimnisvollen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseren Platz darin erforschen. Webb ist ein internationales Programm unter der Leitung der NASA und ihrer Partner ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (Kanadische Weltraumorganisation).
JADES-GS-z13-1 im GOODS-S Feld (NIRCam Ansicht)

Sandro Tacchella (Cambridge), Phill Cargile (CfA),
Joris Witstok (Cambridge, University of Copenhagen),
P. Jakobsen (University of Copenhagen), Alyssa Pagan (STScI), Mahdi Zamani (ESA/Webb), JADES Collaboration
- Fast Facts
- Objekt
- Objektname(n): Der JWST Advanced Deep Extragalactic Survey (JADES), JADES-GS-z13-1
- Objektbeschreibung: Stark rotverschobene Galaxie
- Rektaszension: 03:32:36.89
- Deklination: -27:46:49.33
- Sternbild: Fornax
- Abmessung: Das Hauptbild hat einen Durchmesser von etwa 6,2 Bogenminuten
- Daten
- Instrument: NIRCam
- Filter: F090W, F115W, F150W, F200W, F277W, F356W, F410M, F444W
- Bild
- Farbinformation: Diese Bilder sind ein Komposit aus Einzelbelichtungen, die vom James-Webb-Weltraumteleskop mit dem NIRCam-Instrument aufgenommen wurden. Es wurden mehrere Filter verwendet, um einen breiten Wellenlängenbereich zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuordnung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem monochromatischen (Graustufen-)Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
- Blau: F090W + F115W + F150W Grün: F200W + F277W Rot: F356W + F410M + F444W
Über das Bild: Die unglaublich weit entfernte Galaxie JADES-GS-z13-1, die nur 330 Millionen Jahre nach dem Urknall beobachtet wurde, wurde zunächst mit Tiefenaufnahmen der NIRCam (Nahinfrarotkamera) des James-Webb-Weltraumteleskops der NASA entdeckt. Jetzt hat ein internationales Team von Astronomen die starke Wasserstoffemission dieser Galaxie zu einem unerwartet frühen Zeitpunkt in der Geschichte des Universums definitiv nachgewiesen. JADES-GS-z-13 hat eine Rotverschiebung (z) von 13, was ein Hinweis auf ihr Alter und ihre Entfernung ist.
JADES-GS-z13-1 (NIRCam Nahansicht)

Sandro Tacchella (Cambridge), Phill Cargile (CfA),
Joris Witstok (Cambridge, University of Copenhagen),
P. Jakobsen (University of Copenhagen), Alyssa Pagan (STScI), Mahdi Zamani (ESA/Webb), JADES Collaboration
- Fast Facts
- Objekt
- Objektname(n): Der JWST Advanced Deep Extragalactic Survey (JADES), JADES-GS-z13-1
- Objektbeschreibung: Stark rotverschobene Galaxie
- Rektaszension: 03:32:36.89
- Deklination: -27:46:49.33
- Sternbild: Fornax
- Abmessung: Das Hauptbild hat einen Durchmesser von etwa 6,2 Bogenminuten
- Daten
- Instrument: NIRCam
- Filter: F090W, F115W, F150W, F200W, F277W, F356W, F410M, F444W
Über das Bild: Dieses Bild zeigt die Galaxie JADES GS-z13-1 (der rote Punkt in der Mitte), die mit der NIRCam (Nahinfrarotkamera) des James-Webb-Weltraumteleskops der NASA im Rahmen des JWST Advanced Deep Extragalactic Survey (JADES) program aufgenommen wurde. Diese Daten der NIRCam ermöglichten es den Forschern, GS-z13-1 als eine unglaublich weit entfernte Galaxie zu identifizieren und den Wert ihrer Rotverschiebung abzuschätzen. Die einzigartige Infrarotempfindlichkeit von Webb ist notwendig, um Galaxien in dieser extremen Entfernung zu beobachten, deren Licht auf seiner langen Reise durch den Kosmos in infrarote Wellenlängen verschoben wurde.
Graphik des Spektrums von JADES-GS-z13-1

P. Jakobsen (University of Copenhagen), Joseph Olmsted (STScI)
Über das Bild: Das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA hat unerwartetes Licht von einer weit entfernten Galaxie entdeckt. Die Galaxie JADES-GS-z13-1, die nur 330 Millionen Jahre nach dem Urknall (entsprechend einer Rotverschiebung von z=13,05) beobachtet wurde, zeigt eine helle Emission von Wasserstoff, die als Lyman-Alpha-Emission bekannt ist. Dies ist überraschend, da diese Emission eigentlich von einem dichten Nebel aus neutralem Wasserstoff, der das frühe Universum durchzog, absorbiert werden sollte. In dieser Graphik zeigt die durchgezogene blaue Linie das bereinigte, gemittelte Spektrum, während das schwache Blau die Fehlerbalken anzeigt.