Originalveröffentlichung am 26.03.2025 zu finden unter: https://webbtelescope.org/news/news-releases

Zusammenfassung: Das lang gesuchte Polarlicht taucht endlich unter Webb’s starkem Blick auf
Neptun liegt in den eisigen, dunklen, ausgedehnten Weiten am äußeren Rand unseres Sonnensystems, ungefähr 4,8 Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt.
Er wurde nur einmal, im Jahr 1989, von einer Raumsonde besucht, und seitdem haben Observatorien wie das Hubble-Weltraumteleskop der NASA das sich verändernde Wetter auf dem Planeten verfolgt. Im Jahr 2013 entdeckte Hubble sogar einen neuen Mond, der den Planeten umkreist.
Auf vielen Bildern erscheint der Planet als bläuliche Kugel, manchmal mit verschwindenden und wieder auftauchenden dunklen Flecken. Das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA hat nun ein anderes Erscheinungsbild enthüllt – zum ersten Mal ein helles Polarlicht von diesem Eisriesen.
NASA’s James-Webb-Weltraumteleskop hat zum ersten Mal helle Polarlichter auf dem Neptun eingefangen. Polarlichter entstehen, wenn energiegeladene Teilchen, die oft von der Sonne stammen, im Magnetfeld eines Planeten gefangen werden und schließlich auf die obere Atmosphäre treffen. Die bei diesen Zusammenstößen freigesetzte Energie erzeugt das charakteristische Leuchten.
In der Vergangenheit haben Astronomen verlockende Hinweise auf Polarlichter auf dem Neptun gesehen, zum Beispiel beim Vorbeiflug von NASA’s Voyager 2 im Jahr 1989. Die Abbildung und Bestätigung der Polarlichter auf dem Neptun ist den Astronomen jedoch lange Zeit nicht gelungen, obwohl sie auf Jupiter, Saturn und Uranus erfolgreich entdeckt wurden. Neptun war das fehlende Teil des Puzzles, wenn es darum ging, Polarlichter auf den Riesenplaneten unseres Sonnensystems zu entdecken.
„Wie sich herausstellte, war die Abbildung der Polarlichtaktivität auf Neptun nur mit der Nahinfrarot-Empfindlichkeit von Webb möglich“, sagte Hauptautor Henrik Melin von der Northumbria University, der die Forschung während eines Aufenthaltes an der University of Leicester durchführte. „Es war so überwältigend, nicht nur die Polarlichter zu sehen, sondern auch die Einzelheiten und die Klarheit der Signatur haben mich wirklich schockiert.“
Die Daten wurden im Juni 2023 mit Webb’s Nahinfrarot-Spektrographen aufgenommen. Zusätzlich zum Bild des Planeten erhielten die Astronomen ein Spektrum, um die Zusammensetzung und die Temperatur der oberen Atmosphäre des Planeten (die Ionosphäre) zu messen. Zum ersten Mal fanden sie eine extrem auffällige Emissionslinie, die auf das Vorhandensein des Trihydrogeniumkations (protoniertes Wasserstoffmolekül H3+) hinweist, das in Polarlichtern entstehen kann. Auf den Webb-Bildern von Neptun erscheint die leuchtende Aurora als cyanfarbene Flecken.
„H3+ war bei allen Gasriesen – Jupiter, Saturn und Uranus – ein klarer Hinweis auf Polarlichtaktivität, und wir erwarteten, dasselbe auf dem Neptun zu sehen, als wir den Planeten im Laufe der Jahre mit den besten verfügbaren bodengestützten Einrichtungen untersuchten“, erklärte Heidi Hammel von der Association of Universities for Research in Astronomy, interdisziplinäre Wissenschaftlerin bei Webb und Leiterin des Guaranteed Time Observation program, bei dem die Daten gewonnen wurden. „Nur mit einem Gerät wie Webb haben wir endlich diese Bestätigung erhalten.“
Die Polarlichtaktivität auf Neptun unterscheidet sich auch deutlich von dem, was wir von der Erde oder sogar von Jupiter oder Saturn gewohnt sind zu sehen. Anstatt sich auf den Nord- und Südpol des Planeten zu beschränken, befinden sich die Polarlichter des Neptun in den mittleren geographischen Breiten des Planeten – etwa dort, wo sich auf der Erde Südamerika befindet.
Dies liegt an der seltsamen Beschaffenheit des Magnetfelds von Neptun, das ursprünglich 1989 von Voyager 2 entdeckt wurde und das um 47 Grad gegenüber der Rotationsachse des Planeten geneigt ist. Da die Polarlichter dort entstehen, wo die Magnetfelder in der Atmosphäre des Planeten zusammenlaufen, sind die Polarlichter des Neptun weit von seinen Rotationspolen entfernt.
Die bahnbrechende Entdeckung von Neptuns Polarlichtern wird uns helfen zu verstehen, wie Neptuns Magnetfeld mit Teilchen interagiert, die von der Sonne in die entfernten Bereiche unseres Sonnensystems strömen – ein völlig neues Fenster in der Atmosphärenforschung des Eisriesen.
Mit den Webb-Beobachtungen hat das Team auch zum ersten Mal seit dem Vorbeiflug von Voyager 2 die Temperatur des oberen Teils der Atmosphäre des Neptuns gemessen. Die Ergebnisse geben einen Hinweis darauf, warum Neptuns Polarlichter den Astronomen so lange verborgen blieben.
„Ich war erstaunt – die obere Atmosphäre des Neptun hat sich um mehrere hundert Grad abgekühlt“, so Melin. „Tatsächlich war die Temperatur im Jahr 2023 nur etwas mehr als halb so hoch wie im Jahr 1989.“
Im Laufe der Jahre haben die Astronomen die Intensität von Neptuns Polarlichtern auf der Grundlage der von Voyager 2 aufgezeichneten Temperatur vorhergesagt. Eine wesentlich kältere Temperatur würde zu viel schwächeren Polarlichtern führen. Diese kalte Temperatur ist wahrscheinlich der Grund dafür, daß die Polarlichter des Neptun so lange unentdeckt geblieben sind. Die dramatische Abkühlung deutet auch darauf hin, daß sich dieser Bereich der Atmosphäre stark verändern kann, obwohl der Planet im Vergleich zur Erde über 30-mal weiter von der Sonne entfernt ist.
Ausgestattet mit diesen neuen Erkenntnissen hoffen die Astronomen nun, Neptun mit Webb über einen vollen Sonnenzyklus hinweg zu untersuchen, eine 11-jährige Periode der Aktivität, die durch das Magnetfeld der Sonne bestimmt wird. Die Ergebnisse könnten Aufschluß über den Ursprung von Neptuns bizarrem Magnetfeld geben und sogar erklären, warum er so geneigt ist.
„Während wir in die Zukunft blicken und von künftigen Missionen zu Uranus und Neptun träumen, wissen wir jetzt, wie wichtig es sein wird, Instrumente zu haben, die auf die Wellenlängen des Infrarotlichts abgestimmt sind, um die Polarlichter weiter zu untersuchen“, fügte Leigh Fletcher von der Universität Leicester, Mitautor der Studie, hinzu. „Dieses Observatorium hat endlich das Fenster zu dieser letzten, bisher verborgenen Ionosphäre der Riesenplaneten geöffnet.“
Diese Beobachtungen unter der Leitung von Fletcher wurden im Rahmen von Hammel’s Guaranteed Time Observation program 1249 durchgeführt. Die Ergebnisse des Teams wurden in Nature Astronomy veröffentlicht.
Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumforschung. Webb wird Rätsel in unserem Sonnensystem lösen, einen Blick auf ferne Welten um andere Sterne werfen und die geheimnisvollen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseren Platz darin erforschen. Webb ist ein internationales Programm unter der Leitung der NASA und ihrer Partner ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (Kanadische Weltraumorganisation).
Neptuns Polarlichter (Hubble- und Webb Ansicht)

Henrik Melin (Northumbria University), Leigh Fletcher (University of Leicester),
Stefanie Milam (NASA-GSFC)
- Fast Facts
- Objekt
- Objektname(n): Neptun
- Objektbeschreibung: Polarlichter von Neptun
- Daten
- Instrument: WFC3/UVIS, NIRSpec
- Filter: Hubble> F467M, F763M, F845M
- Filter: Webb> G395/F290LP
- Bild
- Farbinformation: Diese Bilder sind eine Zusammenstellung von Einzel-aufnahmen, die vom Hubble- und James-Webb-Weltraumteleskop mit den Instrumenten WFC3 bzw. NIRSpec gemacht wurden. Es wurden mehrere Filter verwendet, um verschiedene Wellenlängenbereiche zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuweisung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem monochromatischen (Graustufen-)Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
- Hubble: Blau: F476, Grün: F763M, Rot: F845M
- Webb: Cyan: G395/F290LP H3+, Graustufen: G395/F290LP 3μm Wolken
Über das Bild: Links ist ein farbverstärktes Bild des Neptun vom Hubble-Weltraumteleskop der NASA zu sehen. Rechts ist dieses Bild mit Daten von NASA’s James-Webb-Weltraumteleskop kombiniert. Die blaugrünen Flecken, die Polarlichter darstellen, und die weißen Wolken sind Daten von Webb’s Nahinfrarotspektrographen (NIRSpec), die über das vollständige Bild des Planeten von Hubble’s Wide Field Camera 3 gelegt wurden.
Polarlichter entstehen, wenn energiereiche Teilchen, die oft von der Sonne stammen, im Magnetfeld eines Planeten gefangen werden und schließlich auf die obere Atmosphäre treffen. Die bei diesen Kollisionen freigesetzte Energie erzeugt das charakteristische Leuchten.
Die von Webb entdeckten Polarlichter auf Neptun sind das erste Mal, daß Astronomen einen direkten Beweis für dieses Phänomen auf dem sonnenfernsten Planeten erbracht haben. Zusätzlich zu dem sichtbaren Leuchten in den Bildern wurde im Spektrum von Webb auch eine extrem auffällige Emissionslinie gefunden, die auf das Vorhandensein des Trihydrogeniumkations (H3+) hinweist, das in Polarlichtern entstehen kann.
Neptuns Polarlichter treten nicht an den Nord- und Südpolen des Planeten auf, wo wir Polarlichter auf Planeten wie der Erde und dem Jupiter sehen, da das Magnetfeld des Neptuns um 47 Grad gegenüber der Rotationsachse des Planeten geneigt ist.
Webb’s Untersuchung des Neptun ergab auch, daß sich die obere Atmosphäre des Planeten um mehrere hundert Grad abgekühlt hat, was vermutlich der Grund dafür ist, daß die Polarlichter des Neptun so lange unentdeckt blieben.