Originalveröffentlichung am 04.03.2024 zu finden unter: https://webbtelescope.org/news/news-releases
Zusammenfassung: Die rätselhafte Galaxie GN-z11 ist eine der jüngsten Galaxien, die je beobachtetet wurden
Das James-Webb-Weltraumteleskop löst sein Versprechen ein, unser Verständnis des frühen Universums zu verändern, indem es Galaxien zur Frühzeit des Universums untersucht. Eine davon ist die außergewöhnlich leuchtkräftige Galaxie GN-z11, die bereits existierte, als das Universum nur einen winzigen Bruchteil seines heutigen Alters hatte. Sie ist eine der jüngsten und am weitesten entfernten Galaxien, die jemals beobachtet wurden, und gleichzeitig eine der rätselhaftesten. Warum ist sie so hell? Webb scheint die Antwort gefunden zu haben.
Wissenschaftler, die GN-z11 mittels Webb untersuchen, haben auch einige verlockende Belege für die Existenz von Sternen der Population III entdeckt, die sich in den Außenbezirken dieser abgelegenen Galaxie befinden. Diese schwer faßbaren Sterne – die ersten, die Licht ins Universum bringen – bestehen ausschließlich aus Wasserstoff und Helium. Bisher wurden solche Sterne noch nicht endgültig nachgewiesen, aber die Wissenschaftler wissen, daß es sie geben muß. Jetzt, mit Webb, scheint ihre Entdeckung näher denn je.
Mit einem tiefen Blick in Raum und Zeit haben zwei Teams mit dem James-Webb-Weltraumteleskop der NASA die unge-wöhnlich leuchtkräftige Galaxie GN-z11 untersucht, die existierte, als unser 13,8 Milliarden Jahre altes Universum nur etwa 430 Millionen Jahre alt war.
Diese Galaxie – eine der jüngsten und am weitesten entfernten Galaxien, die je beobachtet wurden – wurde erstmals mit dem Hubble-Weltraumteleskop der NASA entdeckt und ist so hell, daß die Wissenschaftler vor der Frage stehen, warum sie so hell ist. Jetzt gibt GN-z11 einige seiner Geheimnisse preis.
Höchst aktives Schwarzes Loch ist das entfernteste, das je gefunden wurde
Ein Team, das GN-z11 mit Webb untersuchte, fand die ersten eindeutigen Beweise dafür, daß die Galaxie ein zentrales, supermassereiches Schwarzes Loch beherbergt, das schnell Materie akkretiert. Damit ist es das am weitesten entfernte aktive supermassereiche Schwarze Loch, das bisher entdeckt wurde.
“Wir haben extrem dichtes Gas gefunden, wie es in der Nähe von supermassereichen Schwarzen Löchern, die Gas akkretieren, üblich ist”, erklärt Studienleiter Roberto Maiolino vom Cavendish Laboratory und dem Kavli Institute of Cosmology an der University of Cambridge in Großbritannien. “Dies waren die ersten eindeutigen Anzeichen dafür, daß GN-z11 ein Schwarzes Loch beherbergt, das Materie verschlingt.”
Mit Hilfe von Webb fand das Team auch Hinweise auf ionisierte chemische Elemente, die typischerweise in der Nähe von akkretierenden supermassereichen Schwarzen Löchern beobachtet werden. Außerdem entdeckten sie einen sehr starken Wind, der von der Galaxie ausgestoßen wird. Solche Hochgeschwindigkeitswinde werden typischerweise von Prozessen angetrieben, die mit stark akkretierenden supermassereichen Schwarzen Löchern verbunden sind.
“Webb’s NIRCam (Nahinfrarotkamera) hat eine ausgedehnte Komponente enthüllt, welche die Wirtsgalaxie wiedergibt, und eine zentrale, kompakte Quelle, deren Farben mit denen einer Akkretionsscheibe übereinstimmen, die ein Schwarzes Loch umgibt”, sagte die Forscherin Hannah Übler, ebenfalls vom Cavendish Laboratory und dem Kavli-Institut.
Zusammengenommen zeigen diese Beweise, daß GN-z11 ein supermassereiches Schwarzes Loch von 2 Millionen Sonnenmassen beherbergt, das sich in einer sehr aktiven Phase des Materieverzehrs befindet, weshalb es auch so hell leuchtet.
Unberührter Gasklumpen im Halo von GN-z11 verblüfft Forscher
Ein zweites Team, ebenfalls unter der Leitung von Maiolino, fand mit Webb’s NIRSpec (Nahinfrarot-Spektrograph) einen gasförmigen Heliumklumpen im Halo um GN-z11.
“Die Tatsache, daß wir außer Helium nichts anderes sehen, deutet darauf hin, daß dieser Klumpen so gut wie unberührt sein muß”, sagt Maiolino. “Das ist etwas, das von der Theorie und von Simulationen in der Nähe von besonders masse-reichen Galaxien aus diesen Epochen erwartet wurde – daß es „Inseln“ mit unberührtem Gas gibt, die im Halo überleben, und diese können kollabieren und Sternhaufen der Population III bilden.
Die Suche nach den bislang unentdeckten Sternen der Population III – der ersten Generation von Sternen, die fast aus-schließlich aus Wasserstoff und Helium bestehen – ist eines der wichtigsten Ziele der modernen Astrophysik. Man geht davon aus, daß diese Sterne sehr massereich, sehr leuchtkräftig und sehr heiß sind. Ihre erwartete Signatur ist das Vorhandensein von ionisiertem Helium und das Fehlen von chemischen Elementen, die schwerer als Helium sind.
Die Entstehung der ersten Sterne und Galaxien markiert einen grundlegenden Wandel in der kosmischen Geschichte, bei dem sich das Universum von einem dunklen und relativ einfachen Zustand zu der hoch strukturierten und komplexen Umgebung entwickelte, die wir heute sehen.
In zukünftigen Webb-Beobachtungen werden Maiolino, Übler und ihr Team GN-z11 genauer untersuchen, und sie hoffen, die Vermutung zu untermauern, daß sich in ihrem Halo möglicherweise Sterne der Population III bilden.
Die Forschung über den unberührten Gasklumpen im Halo von GN-z11 wurde von Astronomy & Astrophysics zur Veröffentlichung angenommen. Die Ergebnisse der Studie über das Schwarze Loch von GN-z11 wurden am 17. Januar 2024 in der Zeitschrift Nature veröffentlicht. Die Daten wurden im Rahmen der JWST Advanced Deep Extragalactic Survey (JADES) gewonnen, einem gemeinsamen Projekt der NIRCam- und NIRSpec-Teams.
Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumforschung. Webb wird Rätsel in unserem Sonnensystem lösen, einen Blick auf ferne Welten um andere Sterne werfen und die geheimnisvollen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseren Platz darin erforschen. Webb ist ein internationales Programm unter der Leitung der NASA und ihrer Partner ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (Kanadische Weltraumorganisa-tion).
GOODS-North Field (NIRCam Ansicht)

Sandro Tacchella (Cambridge), Marcia Rieke (University of Arizona), Daniel Eisenstein (CfA)
- Fast Facts
- Objekt
- Objektname(n): GOODS-North Field, GN-z11
- Objektbeschreibung: weit entfernte Galaxie
- Rektaszension: 12:36:32.13
- Deklination: +62:15:59.98
- Sternbild: Ursa Major
- Abmessung: Das Bild hat einen Durchmesser von etwa 8 Bogenminuten
- Daten
- Instrument: NIRCam
- Filter: F090W, F115W, F150W, F200W, F277W, F335M, F356W, F410M, F444W
- Bild
- Farbinformation: Diese Bilder sind ein Komposit aus Einzelbelichtungen, die vom James-Webb-Weltraumteleskop mit dem Instrument NIRCam aufgenommen wurden. Es wurden mehrere Filter verwendet, um bestimmte Wellenlängen-bereiche zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuweisung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem mono-chromatischen (Graustufen-)Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
- Blau: F090W+F115W+F150W Grün: F200W+F277W+F335M Rot: F356W+ F410M+F444W
Über das Bild: Dieses Bild von Webb’s NIRCam (Nahinfrarotkamera) zeigt einen Teil des GOODS-Nord-Galaxienfeldes. Ein Ausschnitt hebt die Galaxie GN-z11 unten rechts hervor, die zu einem Zeitpunkt nur 430 Millionen Jahre nach dem Urknall zu sehen ist. Das Bild zeigt eine ausgedehnte Komponente, welche die Heimatgalaxie GN-z11 nachzeichnet, und eine zentrale Quelle, deren Farben mit denen einer Akkretionsscheibe um ein Schwarzes Loch übereinstimmen.
Unberührter Gasklumpen in der Nähe von GN-z11
Über das Bild: Diese zweiteilige Graphik zeigt Hinweise auf einen gasförmigen Klumpen aus Helium im Halo, der die Galaxie GN-z11 umgibt. Im oberen Teil, ganz rechts, identifiziert ein kleiner Kasten GN-z11 in einem Feld von Galaxien. Der mittlere Kasten zeigt ein vergrößertes Bild der Galaxie. Der Kasten ganz links zeigt eine Karte des Heliumgases im Halo von GN-z11, einschließlich eines Klumpens, der in den im mittleren Feld gezeigten Infrarotfarben nicht erscheint. In der unteren Hälfte der Graphik zeigt ein Spektrum den deutlichen “Fingerabdruck” von Helium im Halo. Das vollständige Spektrum zeigt keine Anzeichen für andere Elemente und deutet darauf hin, daß der Klumpen aus Helium so gut wie unberührt sein muß, d. h. aus Wasserstoff- und Heliumgas besteht, das vom Urknall stammt, ohne größere Verunreini-gungen durch schwerere, von Sternen erzeugte Elemente. Theorie und Simulationen in der Umgebung von besonders massereichen Galaxien aus diesen Epochen sagen voraus, daß es im Halo noch „Inseln“ mit ursprünglichem Gas geben sollte, die kollabieren und Sternhaufen der Population III bilden könnten.
GOODS-North Field (NIRCam Kompass-Ansicht)

Sandro Tacchella (Cambridge), Marcia Rieke (University of Arizona), Daniel Eisenstein (CfA)
- Fast Facts
- Objekt
- Objektname(n): GOODS-North Field, GN-z11
- Objektbeschreibung: weit entfernte Galaxie
- Rektaszension: 12:36:32.13
- Deklination: +62:15:59.98
- Sternbild: Ursa Major
- Abmessung: Das Bild hat einen Durchmesser von etwa 8 Bogenminuten
- Daten
- Instrument: NIRCam
- Filter: F090W, F115W, F150W, F200W, F277W, F335M, F356W, F410M, F444W
- Bild
- Farbinformation: Diese Bilder sind ein Komposit aus Einzelbelichtungen, die vom James-Webb-Weltraumteleskop mit dem Instrument NIRCam aufgenommen wurden. Es wurden mehrere Filter verwendet, um bestimmte Wellenlängen-bereiche zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuweisung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem mono-chromatischen (Graustufen-)Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
- Blau: F090W+F115W+F150W Grün: F200W+F277W+F335M Rot: F356W+ F410M+F444W
Über das Bild: Dieses Bild des GOODS-Nord-Feldes, aufgenommen von Webb’s Nahinfrarotkamera (NIRCam), zeigt Kompasspfeile, einen Maßstabsbalken und einen Farbschlüssel als Referenz.
Die Kompasspfeile nach Norden und Osten zeigen die Ausrichtung des Bildes am Himmel an. Beachten Sie, daß die Beziehung zwischen Norden und Osten am Himmel (von unten gesehen) im Vergleich zu den Richtungspfeilen auf einer Karte des Bodens (von oben gesehen) umgekehrt ist.
Der Maßstabsbalken ist in Winkelabständen am Himmel beschriftet, wobei eine Bogensekunde einem 3.600stel Grad entspricht. Der Maßstabsbalken ist 60 Bogensekunden lang.
Dieses Bild zeigt unsichtbare Nahinfrarot-Wellenlängen, die in Farben des sichtbaren Lichts umgewandelt wurden. Der Farbschlüssel zeigt, welche NIRCam-Filter bei der Erfassung des Lichts verwendet wurden. Die Farbe jedes Filternamens ist die Farbe des sichtbaren Lichts, die verwendet wird, um das infrarote Licht darzustellen, das durch diesen Filter gelangt.