Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
(Originalartikel unter https://pweb.cfa.harvard.edu/news)
Wenn ein Stern wie unsere Sonne alt wird, die Sonne in etwa weiteren sieben Milliarden Jahren, wird er nicht länger in der Lage sein, das Brennen seines Kernbrennstoffs aufrecht zu erhalten. Mit nur ungefähr seiner halben Masse zurückbleibend, wird er auf einen Bruchteil seines Radius schrumpfen und zu einem Weißer Zwerg werden. Weiße Zwerge sind weit verbreitet; über 95% aller Sterne werden zu Weißen Zwergen. Der berühmteste ist der Begleiter des hellsten Sterns am Himmel, Sirius, aber insbesondere all die Sterne, von denen bekannt ist, daß sie Exoplaneten beheimaten, werden ihre Existenz als Weiße Zwerge beenden. Astronomen haben nachgewiesen, daß Sterne umkreisende Planeten normalerweise die letzten Entwicklungsstadien ihrer Heimatsterne überstehen können. Die Gesteinsplaneten sind jedoch auseinandergebrochen und gehen in staubhaltigen Trümmerscheiben auf, und so sollten Weiße Zwerge Hinweise auf ihre planetaren Begleiter bewahren. Strahlung von diesen staubhaltigen Scheiben ist in Form von überschüssiger Infrarotstrahlung zu sehen; wenn etwas von diesem Material auf den Weißen Zwerg selbst fällt, erzeugen die Elemente charakteristische Merkmale im Spektrum des Sterns. Ein kleiner Anteil, der Weißen Zwerge mit Staubscheiben, rund 4%, besitzen auch gasförmige Komponenten, die in Emission gesehen worden sind. Auch wenn sehr selten – nur etwa ein Dutzend sind bekannt – sollen diese Weißen Zwerge mit gasförmigen Scheiben ein besonders nützliches Werkzeug zur Auswertung dynamischer Instabilitäten und Zerstörungsereignissen in Scheiben Weißer Zwerge liefern, und Astronomen haben nach weiteren Fällen Ausschau gehalten.
CfA-Astronom Warren Brown war Mitglied in einem Team, daß neue optische Beobachtungen der Mission Gaia, die den gesamten Himmel durchmustert, mit infraroten Kataloginformationen verband, um nach Weißen Zwergen zu suchen, deren Infrarotüberschüsse auf die Anwesenheit einer Scheibe hindeuten. Sie identifizierten etwa 110 Kandidaten, die sie mittels mehrerer bodengebundener Teleskope mit optischer Spektroskopie weiterverfolgten und unter denen sie sechs neue, eine gasförmige Scheibe besitzende Weiße Zwerge entdeckten. Ihre Analyse der Spektren dieser Objekte enthüllte, daß die Scheiben komplexer sind als erwartet: Über 50 Emissionslinien sind zu sehen; sie unterscheiden sich in ihren Breiten, Stärken und Formen. Die Linien haben zudem auffallend unterschiedliche Variabilitätscharakteristika, wobei einige Sterne Linien aufweisen, die sich über einen etwa dreijährigen Beobachtungszeitraum kaum verändern, während zumindest bei einem Weißen Zwerg sich die Linien um 50% verändern. Viele der beobachteten Linien zeigen Profile, welche die Erstellung kinematischer Modelle erlauben, aus denen zum Beispiel eine flache Scheibe folgt, die sich mit der sogenannten Kepler’schen Bewegung dreht (die höheren Geschwindigkeiten liegen näher am Stern, so wie bei den Planeten in unserem Sonnensystem). Die neuen Ergebnisse zeigen, daß Weiße Zwerge abwechslungsreiche, dynamisch aktive Umgebungen besitzen, die genutzt werden können, um besser zu verstehen, wie sich das System aus Planeten um einen Stern entwickelt, während der Stern in ein hohes Alter eintritt.
Literatur:
“White Dwarfs with Planetary Remnants in the Era of Gaia – I. Six Emission Line Systems”
N. P. Gentile Fusillo, C. J. Manser, Boris T. Gansicke, O. Toloza, D. Koester, E. Dennihy, W. R. Brown, J. Farihi, M. A. Hollands, M. J. Hoskin , P. Izquierdo, T. Kinnear, T. R. Marsh, A. Santamarıa-Miranda, A. F. Pala, S. Redfield, P. Rodrıguez-Gil, M. R. Schreiber, Dimitri Veras and D. J. Wilson
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 504, 2707, 2021
oder
arXiv:2010.13807v2 [astro-ph.SR] 18 May 2021