Messung der Entfernungen zu unsichtbaren Objekten

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
Eine der wichtigsten Messungen eines Himmelsobjekts ist seine Distanz, da deren Bestimmung die Astronomen in die Lage versetzt, den Objekten innewohnende Schlüsseleigenschaften wie Masse und Leuchtkraft zu berechnen. Doch ist die Entfernung einer der schwierigsten Größen, die genau bestimmt werden kann. Die direkteste Methode zur Bestimmung nennt man Parallaxe. Wird ein Himmelskörper von verschiedenen, weit auseinander liegenden Punkten betrachtet, erscheint seine Winkelposition in Bezug auf Hintergrundsterne verschieden zu sein. Die Parallaxe wird (zum Beispiel) genutzt, um die Entfernungen zu nahe gelegenen Sternen durch das Messen ihrer sechs Monate auseinander liegenden, scheinbaren Winkel zu triangulieren. Dies geschieht an zwei entgegengesetzten Positionen auf der Erdumlaufbahn um die Sonne.
In einer vor mehr als vierzig Jahren entstandenen Arbeit („On the possibility of determining the distances and masses of stars from the gravitational lens effect“, Refsdal, S., Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, Vol. 134, p.315, 1966) wurde vorhergesagt, falls es je möglich sein wird, zeitgleiche Parallaxenmessungen – wobei eine der Messungen im All (d.h., mit einem großen Abstand zur Erde) durchgeführt wird – zu erhalten, daß dann auch die Entfernung zu einem sehr kurzlebigen Himmelsphänomen gemessen werden könnte. In dieser frühen Arbeit stand im Besonderen die Messung der Entfernungen zu dunklen Körpern im Mittelpunkt. Diese ändern die Stärke des sichtbaren Lichts eines entfernten, im Hintergrund gelegenen Sterns, sobald der unsichtbare Körper sich langsam vor dem Stern im Raum bewegt. Er erzeugt Mikrolinseneffekte, also kurze Lichtblitze, da das Gravitationsfeld des dunklen Körpers wie eine Linse (daher der Name) wirkt. Etwa 15 Mikrolinsenereignisse sind bis heute gefunden worden. Dabei kam eine von Charles Alcock (Direktor des CfA) und seinem Team mitentwickelte Technik zum Einsatz. Alcock selbst hat gefolgert, daß die meisten dieser Ereignisse durch sehr dunkle Körper im Halo um die Milchstraße erzeugt wurden. Andere hingegen kamen zu dem Schluß, daß die Mikrolinsenereignisse durch Sterne in der Scheibe der Milchstraße hervorgerufen wurden oder aber mit Sternen aus den Magellanschen Wolken in Verbindung stehen, jene kleinen irregulären Galaxien, die Nachbarn der Milchstraße sind.
23 Forscher haben – zum ersten Mal – erfolgreich mit Hilfe einer Parallaxe die Entfernung zu einem Mikrolinsenereignis gemessen. Die Weltraum gestützte Messung wurde mit der Infrared Array Camera (IRAC) des Spitzer-Weltraum-Observatoriums durchgeführt. Etwa 23 Tage vor dem Mikrolinsenblitz selbst entdeckte ein Netzwerk aus Teleskopen, das speziell zum Aufsuchen solcher Phänomene eingerichtet wurde, ein erstes Flackern, von dem die Forscher vermuteten, daß es von den Verzerrungen einer Gravitationslinse stammte und sie schlugen Alarm, daß ein helles Ereignis vermutlich eintreten werde. IRAC wurde wie mehrere erdgebundene Teleskope ausgerichtet, um das Gebiet im Auge zu behalten. Der Stern wurde heller – in einem Monat um mehr als den Faktor zwei. Eine sorgfältige Analyse all der vielschichtigen Ergebnisse stützt stark die Idee, daß der Halo der Milchstraße der Ort ist, aus dem heraus der Körper den Linseneffekt hervorrief und dies deutet darauf hin, daß es wahrscheinlich eine große Zahl an noch nicht entdecktem dunklen Material gibt, welches an unsere Galaxis gebunden ist.