Eine Abfolge von Bewegungen um einen jungen Stern

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Ein Hubble-Bild des Trapezclusters im Orion-Nebel. Unsichtbar für Hubble ist „Quelle I“, der leuchtkräftigste junge Stern in der Wolke, der tief in Staub eingebettet ist; der Staub ist unter dem rötlichen Leuchten in der oberen rechten Ecke zu sehen. NASA / HST


 
Der berühmte Orion-Nebel ist die zur Erde am nächsten gelegene Kinderstube von massereichen jungen Sternen und circa 1.300 Lichtjahre entfernt. Der Nebel ist Teil einer riesigen Molekülwolke, die mehrere Haufen an heißen jungen Sternen beheimatet, wobei der hellste junge Stern im Orion-Nebel, genannt Quelle I, mit der Leuchtkraft von 100.000 Sonnen strahlt. Aufzuklären, wie sich Sterne bilden, ist wichtig für das Verständnis der Herkunft und Entwicklung unseres Sonnensystems sowie der galaktischen Umgebung, und so hat es etwas von einer Kampfansage an die Astronomen, daß die Natur von Quelle I, dem hellsten jungen Stern in der am nächsten gelegenen großen Kinderstube, ein Rätsel ist.
Ein Grund für diese Unkenntnis ist, daß Quelle I weder im optischen noch im infraroten Licht sichtbar ist; sie ist so unter Staub begraben, daß sie bis jetzt nur bei Radiowellenlängen erkannt worden ist. Zusätzlich ist sie von Gruppen anderer, allerdings weniger leuchtkräftigen Sternen umgeben, die die Bestimmung stören. Einige Hinweise legen den Schluß nahe, daß Quelle I ein einzelner Stern ist, der abströmende Materiejets antreibt; mittels anderer Indizien kann man aber argumentieren, daß es sich bei Quelle I um eine Sterngruppe handelt. Es gibt sogar Daten, die es möglich erscheinen lassen, daß Quelle I vor wenigen hundert Jahren aus einem anderen Sternsystem herausgeschleudert wurde.
Quelle I ist auf eine weitere Art einmalig: sie ist eine von nur drei bekannten Sternentstehungsgebieten, die Maser-Emission vom Siliziummonoxid-Molekül (SiO) aufweisen. Maser sind Laseranaloga im Radiobereich und das helle Licht dieser SiO-Emission entstammt Verdickungen sehr dichten Gases, die meist in Verbindung mit alten Sternen auftreten. Sechs Astronomen haben Techniken der Radioastronomie für sehr genaue räumliche Kartierung verwendet, um einen Film der SiO-Maseremission von Quelle I zu erstellen. Sie bildeten die Region bis herab zu einer Auflösung von nur 0.2 astronomische Einheiten ab (die halbe Entfernung Merkur – Sonne) und gewannen 19 Bilder in einem Zeitraum von 21 Monaten.
Der Film verfolgt die Bewegungen von über 1.000 einzelnen Maserpunkten. Die Ergebnisse, der genaueste Blick, der je von der Dynamik und der zeitlichen Entwicklung molekularen Materials in der Nähe eines massereichen jungen Sterns gewonnen wurde, zeigen bei der Auswertung, daß Quelle I etwa acht Sonnenmassen besitzt und nahe dem Zentrum einer X-förmigen Abströmung liegt, die sehr wahrscheinlich das Ergebnis eines bipolaren Windes ist, der von einer rotierenden Scheibe abströmt, die von der Seite her gesehen wird. Die Arbeit hilft nicht nur, viele der offenen Fragen über Quelle I zu klären, sondern liefert stichhaltige Belege dafür, daß sowohl Akkretion auf eine Scheibe als auch Winde niedriger Geschwindigkeit wichtige Elemente in der Evolution junger Sterne in diesem Massebereich sind.