Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
(Originalartikel unter https://pweb.cfa.harvard.edu/news)
Wenn aus einem koronalen Loch (eine kühlere Region in der Sonnenatmosphäre) ein schneller Teilchenstrom des Sonnenwinds ausbricht und einen langsameren Teilchenstrom überholt, kann sich eine sogenannte stream interaction region (SIR) bilden. In der SIR entwickelt sich eine der Grenzfläche vorgelagerte “Verdichtung“ aus komprimiertem Plasma; üblicherweise entwickelt sich ein Druckmaximum, gefolgt von einer ausgedünnten Region in der schnelleren Sonnenwindkomponente. Während sich die SIR von der Sonne weg ausbreitet, auf Entfernungen von einer astronomischen Einheit oder mehr, kann die Verdichtung eine Stoßwelle ausbilden, die geladene Teilchen effizient beschleunigt. Daher sind SIRs eine wichtige Quelle für energiereiche Teilchen im interplanetaren Raum.
Koronale Löcher, Hauptquellen für den Hochgeschwindigkeitsstrom, drehen sich, während die Sonne selbst um ihre Achse rotiert, und die SIR-Strukturen sich dabei mit drehen. Nach einer vollendeten Sonnenrotation wird ein SIR als corotating interaction region = CIR reklassifiziert. SIRs und CIRs sind großräumige, langlebige Strukturen, die, wie der Sonnenwind selbst, geomagnetische Stürme auf der Erde auslösen sowie ihre Ionosphäre und Thermosphäre beeinflussen können. Zudem können diese Strukturen und ihre Stoßwellen die Intensität der einströmenden, galaktischen kosmischen Strahlung regulieren. SIRs und CIRs verändern sich zeitlich und räumlich und Astronomen arbeiten daran zu verstehen, wie sie sich bilden, entwickeln und für mehrere Sonnenrotationen bestehen bleiben. Dies durchzuführen verlangt nach einem soliden Datenbestand an Beobachtungen aus geringen heliosphärischen Entfernungen sowie ergänzende Messungen mit anderen Weltraum-Observatorien.
Die CfA-Astronomen Anthony Case, Justin Kasper, Kelly Korreck sowie Michael Stevens und ihre Kollegen nutzten die Parker Solar Probe und dessen Instrument SWEAP, um SIRs und CIRs zu identifizieren; SWEAP kommt mit nur ungefähr 6.5 Millionen Kilometern der Sonnenoberfläche extrem nahe. Das Team verknüpfte die SWEAP-Ergebnisse mit Daten von STEREO-A, Wind und anderen Sonnenbeobachtungssatelliten, die weiter entfernt kreisen. Während fünf Umkreisungen von Parker Solar Probe maßen und bestimmten diese Missionen Entfernungen, Drücke, Magnetfelder und Geschwindigkeiten von elf SIRs und CIRs und verfolgten im Verlauf von nahezu zwei Jahren deren Entwicklung. Zweck dieses Programms ist es, einen „lebendigen Katalog“ von SIR- und CIR-Ereignissen mit genauen Erkennungsmerkmalen zu erstellen. Diese Ergebnisse stellen den ersten Durchlauf in einer Reihe von Beobachtungen dar, die Fallstudien dieser Strukturen ebenso wie statistische Auswertungen ermöglichen, um deren Eigenschaften und Entwicklung zu verstehen.
Literatur:
“A Living Catalog of Stream Interaction Regions in the Parker Solar Probe era”
R. C. Allen, G. C. Ho, L. K. Jian, S. K. Vines, S. D. Bale A. W. Case, M. E. Hill, C. J. Joyce, J. C. Kasper, K. E. Korreck, D. M. Malaspina, D. J. McComas, R. McNutt, C. Möstl, D. Odstrcil, N. Raouafi, N. A. Schwadron, and M. L. Stevens