Astronomie ohne Teleskop – Verbindungen im Raum

Von Steve Nerlich in Universe Today – Übersetzt von Harald Horneff
 
  einsteinring
Ein seltener, doppelter Einstein-Ring (SDSSJ0946+1006). Entweder sind zwei entfernte Galaxien genau hinter einem näher gelegenen, massereichen Galaxiencluster aufgereiht (der durch seine Schwerkraft das Licht der Galaxien bündelt und einen Doppelring hervorruft) – oder es könnte sich um wie ein Donut geformtes Tor in ein anderes Universum handeln. Möge der Leser entscheiden. Quelle: NASA / ESA / HST 
Man stelle sich vor, du besitzt das kostbarste Gut, ein Wurmloch, das man durchqueren kann – und irgendwie kannst du ein Ende packen und dieses auf sehr große Geschwindigkeit beschleunigen. 
Dies könnte dich nur ein paar Wochen kosten, denn du beschleunigst auf die gleiche Geschwindigkeit wie das Ende deines Wurmlochs. Aber für einen Freund, der zunächst am Eingang deines Wurmlochs wartend saß, bedeutet Zeitdehnung, daß zehn Jahre vergangen sein könnten, in denen du ungefähr mit nahezu Lichtgeschwindigkeit am anderen Ende des Wurmlochs ein bißchen Zeit vergeudet hast. 
Wenn du dich nun entschließt, durch das Wurmloch zurückzureisen, um deinen Freund zu sehen, wirst du selbstverständlich dein eigenes Bezugssystem beibehalten und damit deine eigene Zeit, die dir durch die Uhr am Handgelenk angezeigt wird. Spazierst du nun am anderen Ende des Wurmlochs heraus, kannst du deinen gealterten Freund mit einer Zeitung überraschen, die du 2011 gegriffen hast – denn er lebt jetzt in 2021. 
Du ermutigst deinen Freund, mit dir durch das Wurmloch zurückzukehren – und in der Zeit 10 Jahre zurück ins Jahr 2011 zu reisen. Er verbringt ein paar angenehme Tage, in denen er mit seinem zehn Jahre jüngeren Ich herumläuft, mysteriöse SMS versendend, die sein jüngeres Ich ermutigen, durchsichtiges Aluminium zu erfinden. Allerdings ist dein Freund, als ihr beide durch das Wurmloch ins Jahr 2021 zurückreist, darüber enttäuscht, sein Bankkonto in einem bedrückend niedrigen Zustand vorzufinden, denn das Wurmloch ist mit etwas verbunden, was ein anderes Universum geworden ist – wo das Erlebnis der Zeitreise, die du gerade erfahren hast, sich niemals ereignete. 
Du erkennst zudem, daß deine Wurmloch-Zeitmaschine weitere Beschränkungen aufweist. Du kannst dein Ende des Wurmlochs so beschleunigen, daß du auf eine Zeitdilatation von 100 oder sogar 1000 Jahre kommst, aber es wird trotzdem dabei bleiben, daß du nur bis ins Jahr 2011 zurückreisen kannst, in dem du beschlossen hast, das Ende deines Wurmlochs zu beschleunigen. 
Aber wäre es nicht phantastisch, wenn irgendetwas davon tatsächlich möglich wäre? Wenn du ins Universum hinausblickst, um ein durchquerbares Wurmloch zu suchen und zu beobachten – könntest du mit der Suche nach einem Einstein-Ring beginnen. Eine Lichtquelle von einem anderen Universum (oder eine Lichtquelle aus einer anderen Zeit in einer Entsprechung dieses Universums) sollte durch die gekrümmte Raumzeit des Wurmlochs gebogen werden – wenn das Wurmloch und die Lichtquelle in deiner direkten Sichtlinie liegen. Wenn das zutrifft, dann sollte die Lichtquelle als ein heller Ring aus Licht erscheinen. 
 
 zeitmaschine
Die theoretische Lichtsignatur eines Wurmlochs vom Typ Donut geformtes „Ringloch“ und eine „Zeitmaschine“ vom Typ einer Klein‘schen Flasche. Die Ringlochsignatur ist ein doppelter Einstein-Ring – die Signatur der Klein‘schen Flasche sind zwei mit gemeinsamem Mittelpunkt angeschnittene Spiralen. Eine Zeitmaschine vom Typ einer Klein‘sche Flasche ist ein Wurmloch in der gekrümmten Raumzeit, bei dem der Ausgang die gleiche räumliche Lage besitzt wie der Eingang – gehst du hindurch, solltest du nur durch die Zeit reisen. Quelle: González-Díaz und Alonso-Serrano
Faktisch gibt es eine ganze Menge Einstein-Ringe im Universum, doch eine sehr irdische Erklärung führt deren Existenz auf den Gravitationslinseneffekt durch ein massereiches Objekt (wie etwa ein Galaxiencluster) zurück, das zwischen dem Beobachter und einer hellen Lichtquelle liegt – und alles liegt doch nur in unserem Universum. 
In einer kürzlich erschienenen, sehr theoretischen Veröffentlichung wird vorgeschlagen, daß eher eine Ringloch- als eine Wurmlochstruktur die Folge unwahrscheinlicher Umstände sein könnte (pure Theorie – am besten einfach hinnehmen). So könnte man an Stelle eines geraden Schlauchs eher eine ringförmige „Donut“-Verbindung mit einem alternativen Universum bekommen, die einen doppelten Einstein-Ring formen sollte – zwei Lichtkreise mit gemeinsamem Mittelpunkt. 
Ein doppelter Einstein-Ring ist ein sehr seltenes Ereignis und die Autoren meinen, daß das einzige gut bekannte Beispiel (SDSSJ0946+1006) durch die zufällige Gruppierung von drei massereichen Galaxiencluster erklärt werden muß – was ihrer Meinung nach wenig überzeugend ist… vielleicht? 
Unabhängig davon, ob du es für ein überzeugendes Argument hältst, schlagen die Autoren vor, daß, sollte ein Wurmloch vom Typ Klein‘sche Flasche existieren – dieses ein unwahrscheinliches visuelles Phänomen (zwei konzentrische, angeschnittene Spiralen aus Licht) bilden würde. Könnten wir dann  zugestehen, daß solch exotische Strukturen existieren?
 
Weiterführende Literatur (im Internet zu finden unter):
arXiv:1102.3784v1
Pedro F. González-Díaz, Ana Alonso-Serrano
Observing other universe through ringholes and Klein-bottle holes (2011)