Staubhaltige, protoplanetare Scheiben (Originalartikel vom 17.11.2017)

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Eine ALMA-Aufnahme der planetenbildenden Scheibe um den jungen, sonnenähnlichen Stern TW Hydrae. Der Bildausschnitt zoomt an die dem Stern nächstgelegene Lücke heran, die in der gleichen Entfernung liegt wie die Erde zur Sonne. Astronomen haben eine Untersuchung an 284 Scheiben in drei nahgelegenen Regionen durchgeführt, um deren Entwicklung zu studieren. S. Andrews; Harvard-Smithsonian CfA, ALMA ESO / NAOJ / NRAO


 
Planetensysteme bilden sich aus Scheiben von Gas und Staub um junge Sterne herum. Doch der Ablauf der Entstehung ist komplex und schlecht verstanden. Viele physikalische Prozesse spielen eine Rolle, darunter Akkretion auf den Stern, Photoevaporation (Verdampfen durch Licht) von Scheibenmaterial, Wechselwirkungen der Scheibe mit den planetaren Embryonen, Wachstum der Staubkörner, die Bewegung des Staubs auf die Mittelebene der Scheibe hin und vieles mehr. Um diese verschiedenen Faktoren zu enträtseln, nutzt man Beobachtungen von protoplanetaren Scheiben bei mehreren Wellenlängen; besonders der Submillimeter-Wellenlängenbereich bietet eine Möglichkeit, den größten Teil der Scheibe zu durchdringen, um die Staubmassen direkt abzuschätzen.
Durchmusterungen von Sternentstehungsregionen mit Einrichtungen wie etwa ALMA und dem Submillimeter Array (SMA) haben herausgefunden, daß Scheiben typischerweise 0.1% – 0.5% der Masse ihres Heimatsterns besitzen. Die CfA-Astronomen Sean Andrews und David Wilner waren Mitglieder eines Teams, das mit diesen beiden Einrichtungen systematisch den Staub in 284 protoplanetaren Scheiben in drei nahgelegenen Sternentstehungsregionen untersuchte. Sie fanden deutliche Hinweise für Kornwachstum in der Form des Emissionsspektrums, zumindest für zwei Regionen. Das Ergebnis, das mit früheren Arbeiten in Übereinstimmung steht, läßt auf die frühen Stadien der Planetenbildung schließen. Das Team entdeckte zudem, daß die mittlere Temperatur des Staubs bei allen Beispielen zwischen etwa 40 – 50 Kelvin liegt. Ihre Beobachtung legt nahe, daß in den drei Regionen die Scheiben alle ähnlich sind, allerdings mit individuellen Abweichungen – ein Ergebnis, daß etwas überraschend war, denn es wurde vermutet, daß in den Scheiben entwicklungsbedingte Effekte offenkundiger zu Tage treten. Die Gruppe plant jetzt zusätzliche Beobachtungen, um eine bessere und umfänglichere Statistik zu erstellen.
Literatur:
„Far-infrared to Millimeter Data of Protoplanetary Disks: Dust Growth in the Taurus, Ophiuchus, and Chamaeleon I Star-forming Regions“
Álvaro Ribas, Catherine C. Espaillat, Enrique Macías, Hervé Bouy, Sean Andrews, Nuria Calvet, David A. Naylor, Pablo Riviere-Marichalar, Matthijs H. D. van der Wiel, and David Wilner
The Astrophysical Journal, 849, 63, 2017