Schnell und heftig: durch Schockwellen aufgeheiztes Gas in kollidierenden Galaxien

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Eine überlagerte Aufnahme der kollidierenden Galaxien NGC 6240; die Röntgenstrahlung ist in purpur, die optische Strahlung weiß dargestellt. Astronomen haben im Röntgenbereich Hinweise auf durch Sch
ockwellen aufgeheiztes Gas entdeckt, das sich mit Geschwindigkeiten von etwa 2.200 km/s bewegt, vermutlich in Verbindung mit ausgestoßenem Material von Supernovae. X-ray: NASA / CXC / SAO / E. Nardini et al. Optical: NASA / STScI


 
Leuchtkräftige, infrarote Galaxien geben eine Strahlung von einigen zehn oder sogar noch mehr Milchstraßen ab. Ihr auffallendstes Merkmal ist nicht ihr gewaltiger Energieausstoß, sondern die Tatsache, daß nahezu ihre gesamte Strahlung unsichtbar ist und bei infraroten Wellenlängen liegt. Die Quelle der Energie ist heftige Sternentstehung, die in stauberfüllten Wolken stattfindet. Das ultraviolette und optische Licht, erzeugt von heißen jungen Sternen, wird von Staubkörnern verschluckt und dann in Form infraroter Strahlung wieder ausgesandt. Es wird erwartet, daß Kollisionen zwischen Galaxien gesteigerte Sternentstehung auslösen und so vermutet man, daß sich leuchtkräftige Galaxien aus solchen Wechselwirkungen ergeben. Diese Objekte können für eine Phase des Anwachsens der Sternzahlen stehen, die die meisten Galaxien kurz durchlaufen, besonders während der Anfangsphase des Universums, als Zusammenstöße viel häufiger waren. Die Beziehungen zwischen galaktischen Wechselwirkungen und Sternentstehung sind allerdings nicht vollständig verstanden, zum Teil deshalb, weil der verdunkelnde Staub es schwierig macht, die kleinen Kerne verschmelzender Galaxien zu untersuchen.
Im lokalen Universum (etwa innerhalb einer Milliarde Lichtjahre um uns herum) ist die Galaxie NGC 6240 ungewöhnlich – eine mitten in der Verschmelzung zweier Galaxien steckende leuchtkräftige infrarote Quelle, in der Sterne mit einer geschätzten Rate von etwa 25 Sonnenmassen pro Jahr entstehen und die ungefähr 20-mal so viel Energie abstrahlt als die Milchstraße. Sie ist auch als leistungsstarke Röntgenquelle bekannt. Die Herkunft der Röntgenstrahlung ist ungewiß gewesen: sie könnte etwa von mittelgroßen Schwarzen Löchern stammen, die sich während des Sternentstehungsprozesses gebildet haben oder vielleicht aus den supermassereichen Schwarzen Löchern im Zentrum des Kerns herrühren.
Junfeng Wang, Emanuele Nardini, Giuseppina Fabbiano, Margarita Karovska, Martin Elvis, Guido Risaliti, Andreas Zezas und drei weitere Astronomen nutzten Bilder und Spektren aus Chandra-Beobachtungen, um die Kernregion von NGC 6240 mit hoher räumlicher Auflösung und Empfindlichkeit zu untersuchen. Sie waren in der Lage, die beiden Kerne zu identifizieren und das diffuse, sehr heiße Gas (etwa 70 Millionen Kelvin) im inneren Bereich der Galaxie im Umkreis von nahezu zwanzigtausend Lichtjahren zu untersuchen. Erstmals gewannen sie die räumliche Verteilung des hochionisierten gasförmigen Eisens, das in dieser heißen Umgebung entsteht. Sie fanden heraus, daß diese Verteilung eng mit dem durch Schockwellen aufgeheizten molekularen Wasserstoffgas übereinstimmt, das im Infraroten zu sehen und seit vielen Jahren bekannt ist. Ausgehend von dieser Übereinstimmung und eine Analyse der neuen Daten mit einbeziehend, konnten die Wissenschaftler ableiten, daß ungefähr eine Million Sonnenmassen an heißem Eisen in diesem Gebiet vorkommen und das sowohl die Menge als auch die Energien mit einer Serie von Supernova-Explosionen vereinbar sind; die Katastrophen erzeugen Gas, das sich mit Geschwindigkeiten von bis zu 2.200 Kilometer pro Sekunde bewegt und das die umliegende Materie auf die zu beobachtenden extremen Temperaturen aufheizt. Die Ergebnisse bestätigen, daß in der Tat rasche Sternentstehung (Supernovae zeigen den Tod massereicher junger Sterne an) abläuft und für die kräftige infrarote als auch die Röntgenstrahlung verantwortlich ist.
Literatur:
„Fast and Furious: Shock Heated Gas as the Origin of Spatially Resolved Hard X-ray Emission in the Central 5 kpc of the Galaxy Merger NGC 6240”
Junfeng Wang, Emanuele Nardini, Giuseppina Fabbiano, Margarita Karovska, Martin Elvis, Silvia Pellegrini, Claire Max, Guido Risaliti, Vivian U, and Andreas Zezas
The Astrophysical Journal, 781:55 (15pp), 2014 January 20