Quecksilber-Mangan-Sterne

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
Es gibt viele unterschiedliche Sternarten, wobei die wichtigsten bestimmenden Faktoren Masse und Alter eines Sterns sind. Der ohne Hilfsmittel sichtbare Stern Phi Herculis (Phi Her), nah am linken Fuß des Sternbilds Herkules gelegen, ist ein ausgezeichnetes Beispiel für die exotischen Variationen, die bei Sterntypen möglich sind. Phi Her ist ein heißer Quecksilber-Mangan-Stern. Er besitzt eine Oberflächentemperatur von ungefähr 12.000 Kelvin, wird von einem kleineren Begleiter umkreist und weist einen riesigen Überschuss an Quecksilber und Mangan auf – von beiden Elementen etwa 100-mal mehr als in der Sonne zu finden ist. Kernfusion versorgt Sterne mit Energie und verbraucht ständig Wasserstoff (und im Anschluß weitere Elemente), während schwerere Elemente wie Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff und so weiter, einschließlich Quecksilber und Mangan, hinterlassen werden. Astronomen versuchen unsere Sonne durch den Blick auf exotische Sterne wie Phi Her besser zu verstehen und ihre Modelle der stellaren Prozesse zu testen und zu verfeinern.
Es ist für einige Jahrzehnte vermutet worden, daß die ungewöhnliche Häufigkeit an Quecksilber und Mangan, die in Phi Her zu sehen ist, auf das interne stellare Strahlungsfeld zurückzuführen sei, das gezielt diese Elemente aus dem Schmelzofen des Sterns in dessen Atmosphäre treibt, wo sie nachgewiesen werden können und ihre Häufigkeit messbar ist. Masse ist der allerwichtigste Faktor für die Eigenschaften eines Sterns und dieser Strahlungsprozeß hängt ebenfalls von der Sternmasse ab. Unglücklicherweise ist die Masse von Phi Her nicht genau bekannt. Nun hat der SAO-Astronom Guillermo Torres mit großer Sorgfalt Daten aus einem Jahrzehnt über Phi Her nachgeprüft und ist zum ersten Mal in der Lage gewesen, seine Masse näher zu bestimmen: er kommt auf 3.04 ± 0.24 Sonnenmassen. Dies stimmt genau mit den Vorhersagen des theoretischen Modells wegen der Eigenschaften des Sterns überein; das Model besagt darüber hinaus, daß Phi Her nur 210 Millionen Jahre alt ist. Torres hat zudem die Masse des Begleitsterns abgeschätzt und kommt auf einen Wert von 1.614 ± 0.066 Sonnenmassen. Die neuen Befunde liefern einen weiteren Baustein zur erstaunlichen Erfolgsgeschichte der Erklärung stellarer Eigenschaften mit Hilfe des Sternenlichts.