NASA’s Webb identifiziert kleinsten frei treibenden Braunen Zwerg

Originalveröffentlichung am 13.12.2023 zu finden unter: https://webbtelescope.org/news/news-releases

Zusammenfassung: Entdeckung hilft bei der Beantwortung der Frage: Wie klein kann man bei der Entstehung von Sternen werden?

Braune Zwerge werden manchmal auch als gescheiterte Sterne bezeichnet, da sie sich wie Sterne durch Gravitations-kollaps bilden, aber nie genug Masse erlangen, um die Kernfusion zu zünden. Die kleinsten Braunen Zwerge können sich in ihrer Masse mit Riesenplaneten überschneiden. Auf der Suche nach dem kleinsten Braunen Zwerg haben Astro-nomen mit dem James-Webb-Weltraumteleskop den neuen Rekordhalter gefunden: ein Objekt mit der drei- bis vierfachen Masse des Jupiters.

Braune Zwerge sind Objekte, die sich an der Grenze zwischen Sternen und Planeten befinden. Sie bilden sich wie Sterne und werden so dicht, daß sie unter ihrer eigenen Schwerkraft kollabieren, aber sie werden nie dicht und heiß genug, um Wasserstoff zu fusionieren und zu einem Stern zu werden. Am unteren Ende der Skala sind einige Braune Zwerge mit Riesenplaneten vergleichbar und wiegen nur ein paar Mal die Masse des Jupiters.

Astronomen versuchen, das kleinste Objekt zu bestimmen, das sich wie ein Stern bilden kann. Ein Team, das NASA’s James-Webb-Weltraumteleskop einsetzt, hat den neuen Rekordhalter identifiziert: einen winzigen, frei treibenden Braunen Zwerg mit der nur drei- bis vierfachen Masse des Jupiters.

“Eine grundlegende Frage, die man in jedem Lehrbuch der Astronomie findet, lautet: Was sind die kleinsten Sterne? Das ist es, was wir zu beantworten versuchen”, erklärt Hauptautor Kevin Luhman von der Pennsylvania State University.

Suchstrategie

Um diesen neu entdeckten Braunen Zwerg zu finden, untersuchten Luhman und seine Kollegin Catarina Alves de Oliveira den Sternhaufen IC 348, der sich in ungefähr 1.000 Lichtjahren Entfernung in der Sternentstehungsregion Perseus befindet. Dieser Haufen ist jung, nur ungefähr 5 Millionen Jahre alt. Daher sind alle Braunen Zwerge im Infrarotlicht noch relativ hell und leuchten durch die Hitze ihrer Entstehung.

Das Team nahm zunächst das Zentrum des Haufens mit Webb’s NIRCam (Nahinfrarotkamera) auf, um Kandidaten für Braune Zwerge anhand ihrer Helligkeit und Farben zu identifizieren. Die vielversprechendsten Ziele wurden dann mit Webb’s NIRSpec (Nahinfrarot-Spektrographen) weiterverfolgt.

Die Infrarotempfindlichkeit von Webb war entscheidend, denn sie ermöglichte es dem Team, schwächere Objekte zu entdecken als bodengebundene Teleskope. Außerdem konnte das Team dank der scharfen Sicht von Webb feststellen, welche roten Objekte stecknadelkopfgroße Braune Zwerge und welche formlose Hintergrundgalaxien waren.

Dieser Ausleseprozeß führte zu drei interessanten Zielobjekten mit einem Gewicht von drei bis acht Jupitermassen und Oberflächentemperaturen von 830 bis 1.500 Grad Celsius. Der kleinste von ihnen wiegt gemäß Computermodellen nur drei- bis viermal so viel wie Jupiter.

Eine Erklärung, wie ein so kleiner Brauner Zwerg entstehen könnte, ist theoretisch schwierig. Eine schwere und dichte Gaswolke hat ausreichend Schwerkraft, um zu kollabieren und einen Stern zu bilden. Aufgrund ihrer schwächeren Schwerkraft sollte es jedoch für eine kleine Wolke schwieriger sein, zu einem Braunen Zwerg zu kollabieren, und das gilt insbesondere für Braune Zwerge mit der Masse von Riesenplaneten.

“Für aktuelle Modelle ist es ziemlich einfach, Riesenplaneten in einer Scheibe um einen Stern zu bilden”, sagte Catarina Alves de Oliveira von der ESA (Europäische Weltraumorganisation), die das Beobachtungsprogramm leitet. “Aber in diesem Haufen ist es unwahrscheinlich, daß sich dieses Objekt in einer Scheibe bildet, sondern eher wie ein Stern, und drei Jupitermassen sind 300 Mal kleiner als unsere Sonne. Wir müssen uns also fragen, wie der Sternentstehungsprozess bei solch sehr, sehr kleinen Massen funktioniert.”

Ein geheimnisvolles Molekül

Winzige Braune Zwerge geben nicht nur Aufschluß über den Prozeß der Sternentstehung, sondern können den Astrono-men auch helfen, Exoplaneten besser zu verstehen. Die am wenigsten massereichen Braunen Zwerge überschneiden sich mit den größten Exoplaneten; daher würde man erwarten, daß sie einige ähnliche Eigenschaften aufweisen. Ein frei treibender Brauner Zwerg ist jedoch leichter zu untersuchen als ein riesiger Exoplanet, da letzterer im grellen Licht seines Wirtssterns verborgen ist.

Zwei der in dieser Untersuchung identifizierten Braunen Zwerge zeigen die spektrale Signatur eines nicht identifizierten Kohlenwasserstoffs oder Moleküls, das sowohl Wasserstoff- als auch Kohlenstoffatome enthält. Die gleiche Infrarotsignatur wurde von der Cassini-Mission der NASA in der Atmosphäre des Saturns und seines Mondes Titan entdeckt. Sie wurde auch im interstellaren Medium, dem Gas zwischen den Sternen, beobachtet.

“Dies ist das erste Mal, daß wir dieses Molekül in der Atmosphäre eines Objekts außerhalb unseres Sonnensystems nachgewiesen haben”, erklärt Alves de Oliveira. “Modelle für Atmosphären von Braunen Zwergen sagen seine Existenz nicht voraus. Wir betrachten Objekte mit jüngerem Alter und geringerer Masse als je zuvor, und wir sehen etwas Neues und Unerwartetes”.

Brauner Zwerg oder vagabundierender Planet?

Da die Objekte durchaus im Massenbereich von Riesenplaneten liegen, stellt sich die Frage, ob es sich tatsächlich um Braune Zwerge handelt oder ob sie in Wirklichkeit abtrünnige Planeten sind, die aus Planetensystemen ausgestoßen wurden. Das Team kann Letzteres zwar nicht ausschließen, hält es aber für viel wahrscheinlicher, daß es sich um einen Braunen Zwerg handelt als um einen ausgestoßenen Planeten.

Ein ausgestoßener Riesenplanet ist aus zwei Gründen unwahrscheinlich. Erstens sind solche Planeten im Vergleich zu Planeten mit geringerer Masse im Allgemeinen unüblich. Zweitens sind die meisten Sterne massearm, und Riesenplaneten sind unter diesen Sternen besonders selten. Daher ist es unwahrscheinlich, daß die meisten Sterne in IC 348 (die masse-arme Sterne sind) in der Lage sind, solche massereichen Planeten hervorzubringen. Da der Sternhaufen außerdem erst 5 Millionen Jahre alt ist, war wahrscheinlich noch nicht genug Zeit für die Bildung von Riesenplaneten, die dann aus ihren Systemen herausgeschleudert werden.

Die Entdeckung weiterer solcher Objekte wird dazu beitragen, ihren Status zu klären. Theorien besagen, daß vagabundie-rende Planeten eher in den Außenbezirken eines Sternhaufens zu finden sind, so daß eine Ausweitung des Suchgebiets sie identifizieren könnte, wenn sie in IC 348 existieren.

Künftige Arbeiten könnten auch längere Durchmusterungen umfassen, bei denen lichtschwächere, kleinere Objekte ent-deckt werden können. Bei der kurzen Durchmusterung, die das Team durchführte, sollten Objekte entdeckt werden, die nur die doppelte Masse des Jupiters haben. Längere Durchmusterungen könnten leicht eine Jupitermasse erreichen.

Diese Beobachtungen wurden im Rahmen des Guaranteed Time Observation program1229 durchgeführt. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift The Astronomical Journal veröffentlicht.

Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumforschung. Webb wird Rätsel in unserem Sonnensystem lösen, einen Blick auf ferne Welten um andere Sterne werfen und die geheimnisvollen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseren Platz darin erforschen. Webb ist ein internationales Programm unter der Leitung der NASA und ihrer Partner ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (Kanadische Weltraumorganisa-tion).

IC 348 (NIRCam Ansicht)

Ansicht: NASA, ESA, CSA, STScI, Kevin Luhman (PSU), Catarina Alves de Oliveira (ESA)
  • Fast Facts
  • Objekt
  • Objektname(n): IC 348
  • Objektbeschreibung: Sternentstehungsgebiet
  • Rektaszension: 03:44:34.28
  • Deklination: +32:09:43.10
  • Sternbild: Perseus
  • Entfernung: Etwa 1.000 Lichtjahre
  • Abmessung: Dieses Bild hat einen Durchmesser von etwa 1,9 Bogenminuten (0,6 Lichtjahre)
  • Daten
  • Instrument: NIRCam
  • Filter: F277W, F360M, F444W
  • Bild
  • Farbinformation: Diese Bilder sind ein Komposit aus Einzelbelichtungen, die vom James-Webb-Weltraumteleskop mit dem NIRCam-Instrument aufgenommen wurden. Es wurden mehrere Filter verwendet, um bestimmte Wellenlängen-bereiche zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuordnung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem mono-chromatischen (Graustufen-) Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
  • Blau: F277W Grün: F360M Rot: F444W

Über das Bild: Dieses Bild des NIRCam-Instruments (Nahinfrarotkamera) auf dem James-Webb-Weltraumteleskop der NASA zeigt den zentralen Teil des Sternhaufens IC 348. Astronomen durchkämmten den Haufen auf der Suche nach winzigen, frei treibenden Braunen Zwergen: Objekte, die zu klein sind, um Sterne zu sein, aber größer als die meisten Planeten. Sie fanden drei Braune Zwerge, die weniger als das Achtfache der Masse des Jupiters aufweisen. Der kleinste wiegt nur das Drei- bis Vierfache von Jupiter, was Theorien zur Sternentstehung in Frage stellt.

Die hauchdünnen Schleier, die das Bild ausfüllen, sind interstellares Material, das das Licht der Sterne des Sternhaufens reflektiert – ein so genannter Reflexionsnebel. Zu diesem Material gehören auch kohlenstoffhaltige Moleküle, die als poly-zyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) bekannt sind. Der helle Stern, der dem Zentrum des Bildes am nächsten ist, ist eigentlich ein Paar von Sternen des Typs B in einem Doppelsternsystem, die die massereichsten Sterne im Haufen sind. Die Winde dieser Sterne könnten dazu beitragen, die große Schleife auf der rechten Seite des Sichtfelds zu formen.

Braune Zwerge in IC 348 (NIRCam Ansicht)

Ansicht: NASA, ESA, CSA, STScI, Kevin Luhman (PSU), Catarina Alves de Oliveira (ESA)
  • Fast Facts
  • Objekt
  • Objektname(n): IC 348
  • Objektbeschreibung: Sternentstehungsgebiet
  • Rektaszension: 03:44:34.28
  • Deklination: +32:09:43.10
  • Sternbild: Perseus
  • Entfernung: Etwa 1.000 Lichtjahre
  • Abmessung: Dieses Bild hat einen Durchmesser von etwa 1,9 Bogenminuten (0,6 Lichtjahre)
  • Daten
  • Instrument: NIRCam
  • Filter: F277W, F360M, F444W
  • Bild
  • Farbinformation: Diese Bilder sind ein Komposit aus Einzelbelichtungen, die vom James-Webb-Weltraumteleskop mit dem NIRCam-Instrument aufgenommen wurden. Es wurden mehrere Filter verwendet, um bestimmte Wellenlängen-bereiche zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuordnung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem mono-chromatischen (Graustufen-) Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
  • Blau: F277W Grün: F360M Rot: F444W

Über das Bild: Dieses Bild des NIRCam-Instruments (Nahinfrarotkamera) vom James-Webb-Weltraumteleskop der NASA zeigt den zentralen Bereich des Sternhaufens IC 348. Astronomen durchkämmten den Haufen auf der Suche nach winzi-gen, frei treibenden Braunen Zwergen: Objekte, die zu klein sind, um Sterne zu sein, aber größer als die meisten Planeten. Sie fanden drei Braune Zwerge, die weniger als das Achtfache der Masse des Jupiters haben und die im Hauptbild einge-kreist und in den Detailausschnitten rechts dargestellt sind. Der kleinste wiegt nur das Drei- bis Vierfache von Jupiter, was Theorien zur Sternentstehung in Frage stellt.

Die hauchdünnen Schleier, die das Bild ausfüllen, sind interstellares Material, das das Licht der Sterne des Sternhaufens reflektiert – ein so genannter Reflexionsnebel. Zu diesem Material gehören auch kohlenstoffhaltige Moleküle, die als poly-zyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) bekannt sind. Der helle Stern, der dem Zentrum des Bildes am nächsten ist, ist eigentlich ein Paar von Sternen des Typs B in einem Doppelsternsystem, die die massereichsten Sterne im Haufen sind. Die Winde dieser Sterne könnten dazu beitragen, die große Schleife auf der rechten Seite des Sichtfelds zu formen.

IC 348 (NIRCam Kompass-Ansicht)

Ansicht: NASA, ESA, CSA, STScI, Kevin Luhman (PSU), Catarina Alves de Oliveira (ESA)
  • Fast Facts
  • Objekt
  • Objektname(n): IC 348
  • Objektbeschreibung: Sternentstehungsgebiet
  • Rektaszension: 03:44:34.28
  • Deklination: +32:09:43.10
  • Sternbild: Perseus
  • Entfernung: Etwa 1.000 Lichtjahre
  • Abmessung: Dieses Bild hat einen Durchmesser von etwa 1,9 Bogenminuten (0,6 Lichtjahre)
  • Daten
  • Instrument: NIRCam
  • Filter: F277W, F360M, F444W
  • Bild
  • Farbinformation: Diese Bilder sind ein Komposit aus Einzelbelichtungen, die vom James-Webb-Weltraumteleskop mit dem NIRCam-Instrument aufgenommen wurden. Es wurden mehrere Filter verwendet, um bestimmte Wellenlängen-bereiche zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuordnung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem mono-chromatischen (Graustufen-) Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
  • Blau: F277W Grün: F360M Rot: F444W

Über das Bild: Dieses Bild des Sternhaufens IC 348, aufgenommen von Webb’s Kamera für das nahe Infrarot (NIRCam), zeigt Kompasspfeile, einen Maßstabsbalken und einen Farbschlüssel zur Orientierung.

Die Kompasspfeile nach Norden und Osten zeigen die Ausrichtung des Bildes am Himmel an. Beachten Sie, daß die Beziehung zwischen Norden und Osten am Himmel (von unten gesehen) im Vergleich zu den Richtungspfeilen auf einer Karte des Bodens (von oben gesehen) umgekehrt ist.

Der Maßstabsbalken ist in Lichtjahren angegeben, was der Entfernung entspricht, die das Licht in einem Erdjahr zurück-legt. (Licht benötigt 0,1 Jahre, bis es eine Strecke zurückgelegt hat, die der Länge des Maßstabsbalkens entspricht.) Ein Lichtjahr sind circa 9,46 Billionen Kilometer. Das auf diesem Bild gezeigte Sichtfeld hat einen Durchmesser von ungefähr 0,5 Lichtjahren und eine Höhe von 0,8 Lichtjahren.

Dieses Bild zeigt unsichtbare Nahinfrarot-Wellenlängen, die in Farben des sichtbaren Lichts umgewandelt wurden. Der Farbschlüssel zeigt, welche NIRCam-Filter bei der Erfassung des Lichts verwendet wurden. Die Farbe jedes Filternamens ist die Farbe des sichtbaren Lichts, die verwendet wird, um das infrarote Licht darzustellen, das durch diesen Filter gelangt.