Originalveröffentlichung am 14.01.2025 zu finden unter: https://webbtelescope.org/news/news-releases
Zusammenfassung: Ein Supernova-Blitzlicht leuchtete ansonsten unsichtbares Material zwischen den Sternen an
Der Raum zwischen den Sternen ist mit Gas und Staub gefüllt – manchmal dicht, manchmal dünn und oft unsichtbar, wenn es nicht beleuchtet wird. Ein kosmischer Scheinwerfer in Form eines Supernova-Blitzes hat interstellare Materie im Sternbild Kassiopeia erhellt. NASA’s James-Webb-Weltraumteleskop – zeigt den Astronomen neue Details wie Knoten, Bahnen und Wolken, die wahrscheinlich durch Magnetfelder geformt wurden.
Es war einmal der Kern eines massereichen Sterns, der kollabierte und dabei eine Schockwelle erzeugte, die sich nach außen hin ausbreitete und den Stern dabei auseinander riß. Als die Schockwelle die Oberfläche des Sterns erreichte, durchstieß sie diese und erzeugte einen kurzen, intensiven Puls von Röntgenstrahlen und ultraviolettem Licht, das sich in den umgebenden Raum ausbreitete. Etwa 350 Jahre später hat dieser Lichtstoß interstellares Material erreicht, es erhellt, erwärmt und im infraroten Licht aufleuchten lassen.
Das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA hat dieses infrarote Leuchten beobachtet und dabei feine Details entdeckt, die den Ästen und Wirbeln einer Holzmaserung ähneln. Diese Beobachtungen ermöglichen es den Astronomen zum ersten Mal, die wahre 3D-Struktur dieses interstellaren Staubs und Gases (bekannt als interstellares Medium) zu kartieren.
„Wir waren ziemlich schockiert, als wir diesen Detailreichtum sahen“, sagte Jacob Jencson vom Caltech/IPAC in Pasadena, Leiter des wissenschaftlichen Programms.
„Wir sehen Schichten wie in einer Zwiebel“, fügte Josh Peek vom Space Telescope Science Institute in Baltimore, ein Mitglied des Wissenschaftsteams, hinzu. „Wir denken, daß jede dichte, staubige Region, die wir sehen, und die meisten derer, die wir nicht sehen, im Inneren so aussehen. Wir waren nur noch nie in der Lage, einen Blick in ihr Inneres zu werfen.“
Das Team stellt seine Ergebnisse in einer Pressekonferenz auf der 245. Tagung der American Astronomical Society in National Harbor, Maryland, vor.
„Selbst wenn ein Stern stirbt, besteht sein Licht weiter – es hallt durch den Kosmos. Seit dem Start des James Webb-Weltraumteleskops der NASA sind nun drei außergewöhnliche Jahre vergangen. Jedes Bild, jede Entdeckung zeigt nicht nur die Erhabenheit des Universums, sondern auch die Leistungsfähigkeit sowohl des NASA-Teams als auch der Zusagen internationaler Partnerschaften. Diese bahnbrechende Mission, die größte internationale Zusammenarbeit der NASA in der Weltraumforschung, ist ein echter Beweis für den Einfallsreichtum, die Teamarbeit und das Streben der NASA nach Spitzenleistungen“, sagte NASA-Administrator Bill Nelson. „Es war eine besondere Ehre, dieses monumentale Projekt zu leiten, das durch den unermüdlichen Einsatz von Tausenden von Wissenschaftlern und Ingenieuren weltweit geprägt wurde. Dieses jüngste Bild fängt auf wunderbare Weise das bleibende Vermächtnis von Webb ein – ein Schlüsselloch in die Vergangenheit und eine Mission, die künftige Generationen inspirieren wird.“
Aufnahme eines CT-Scans
Die Bilder von Webb’s NIRCam (Nahinfrarotkamera) zeigen ein Phänomen, das als Lichtecho bekannt ist. Ein Lichtecho entsteht, wenn ein Stern explodiert oder ausbricht und dabei Licht in die umliegenden Staubklumpen sendet, so daß diese in einem sich ständig ausbreitenden Muster leuchten. Lichtechos bei sichtbaren Wellenlängen (wie die um den Stern V838 Monocerotis) sind auf die Reflexion von Licht an interstellarem Material zurückzuführen. Im Gegensatz dazu werden Lichtechos bei infraroten Wellenlängen hervor gerufen, wenn der Staub durch energiereiche Strahlung erwärmt wird und dann leuchtet.
Die Forscher visierten ein Lichtecho an, das zuvor von dem außer Dienst gestellten Spitzer-Weltraumteleskop der NASA beobachtet worden war. Es ist eines von Dutzenden von Lichtechos, die nahe des Supernova-Überrests Cassiopeia A – den Überresten des explodierten Sterns – beobachtet wurden. Das Lichtecho stammt von nicht mit den Überresten in Beziehung stehendem Material, das sich hinter Cassiopeia A befindet, und nicht von Material, das bei der Explosion des Sterns ausgestoßen wurde.
Die auffälligsten Merkmale auf den Webb-Bildern sind dicht gepackte Faltblätter. Diese Filamente zeigen Strukturen auf bemerkenswert kleinen Skalen von etwa 400 astronomischen Einheiten oder weniger als ein Hundertstel eines Lichtjahres. (Eine Astronomische Einheit, oder AE, ist die durchschnittliche Entfernung zwischen Erde und Sonne. Die Umlaufbahn des Neptun hat einen Durchmesser von 60 AE.)
„Wir wußten nicht, daß das interstellare Medium Strukturen auf so kleinem Maßstab aufweist, geschweige denn, daß es faltblattartig ist“, so Peek.
Diese faltblattartigen Strukturen könnten durch interstellare Magnetfelder beeinflußt werden. Die Bilder zeigen auch dichte, eng gewundene Regionen, die Ästen in der Holzmaserung ähneln. Dabei könnte es sich um magnetische „Inseln“ handeln, die in die eher stromlinienförmigen Magnetfelder eingebettet sind, die das interstellare Medium durchziehen.
„Dies ist das astronomische Äquivalent zu einem medizinischen CT-Scan“, erklärt Armin Rest vom Space Telescope Science Institute, ein Mitglied des Wissenschaftsteams. „Wir haben drei Schichten zu drei verschiedenen Zeitpunkten aufgenommen, die es uns ermöglichen, die echte 3D-Struktur zu untersuchen. Das wird die Art und Weise, wie wir das interstellare Medium untersuchen, völlig verändern.“
Künftige Arbeit
Das wissenschaftliche Programm des Teams umfaßt auch spektroskopische Beobachtungen mit Webb’s MIRI (Mid-Infrared Instrument). Das Team plant, das Lichtecho mehrmals im Abstand von Wochen oder Monaten anzusteuern, um zu beobachten, wie es sich beim Vorbeiflug des Lichtechos entwickelt.
„Wir können denselben Staubfleck vor, während und nach der Beleuchtung durch das Echo beobachten und versuchen, Veränderungen in der Zusammensetzung oder im Zustand der Moleküle festzustellen, einschließlich der Frage, ob einige Moleküle oder sogar die kleinsten Staubkörner zerstört werden“, so Jencson.
Infrarotlichtechos sind außerdem extrem selten, da sie eine bestimmte Art von Supernovaexplosion mit einem kurzen Impuls energiereicher Strahlung erfordern. Das kommende Nancy Grace Roman Weltraumteleskop der NASA wird eine Untersuchung der galaktischen Ebene durchführen, bei der möglicherweise weitere Infrarotlichtechos gefunden werden, die Webb dann im Detail untersuchen kann.
Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumforschung. Webb wird Rätsel in unserem Sonnensystem lösen, einen Blick auf ferne Welten um andere Sterne werfen und die geheimnisvollen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseren Platz darin erforschen. Webb ist ein internationales Programm unter der Leitung der NASA und ihrer Partner ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (Kanadische Weltraumorganisation).
Lichtechos von Cassiopeia A (NIRCam Ansichten)
- Fast Facts
- Objekt
- Objektname(n): Lichtechos von Cassiopeia A
- Objektbeschreibung: Lichtechos von einer Supernovaexplosion
- Rektaszension: 23:16:03.93
- Deklination: +58:22:31.59
- Sternbild: Cassiopeia
- Entfernung: etwa 11.000 Lichtjahre
- Daten
- Instrument: NIRCam
- Filter: F200W, F300M, F335M, F360M, F444W
- Bild
- Farbinformation: Diese Bilder sind ein Komposit aus Einzelbelichtungen, die vom James-Webb-Weltraumteleskop mit dem NIRCam-Instrument aufgenommen wurden. Es wurden mehrere Filter verwendet, um bestimmte Wellenlängenbereiche zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuweisung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem monochromatischen (Graustufen-) Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
- Rot: F444W Orange: F360M Gelb: F335M Grün: F300M Blau: F200W
Über das Bild: Diese schimmernden kosmischen Vorhänge zeigen interstellares Staub und Gas, die durch die blitzlichtartige Explosion einer längst vergangenen Supernova aufgeheizt wurden. Das Gas leuchtet dann im Infrarotbereich in einem so genannten thermischen Lichtecho. Während sich das Supernova-Licht mit Lichtgeschwindigkeit durch den Weltraum bewegt, scheint sich das Echo auszudehnen. NASA’s James-Webb-Weltraumteleskop hat dieses Lichtecho in der Nähe des Supernova-Überrests Cassiopeia A dreimal separat beobachtet und dabei im Wesentlichen einen 3D-Scan des interstellaren Materials erstellt. Beachten Sie, daß das Sichtfeld in der oberen Reihe im Vergleich zur mittleren und unteren Reihe leicht im Uhrzeigersinn gedreht ist, was auf den Drehwinkel des Webb-Teleskops zum Zeitpunkt der Beobachtungen zurückzuführen ist.
Lichtechos von Cassiopeia A (Spitzer Kontext)
- Fast Facts
- Objekt
- Objektname(n): Lichtechos von Cassiopeia A
- Objektbeschreibung: Lichtechos von einer Supernovaexplosion
- Rektaszension: 23:16:03.93
- Deklination: +58:22:31.59
- Sternbild: Cassiopeia
- Entfernung: etwa 11.000 Lichtjahre
- Daten
- Instrument: NIRCam
- Filter: F200W, F300M, F335M, F360M, F444W
- Bild
- Farbinformation: Diese Bilder sind ein Komposit aus Einzelbelichtungen, die vom James-Webb-Weltraumteleskop mit dem NIRCam-Instrument aufgenommen wurden. Es wurden mehrere Filter verwendet, um bestimmte Wellenlängenbereiche zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuweisung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem monochromatischen (Graustufen-) Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
- Rot: F444W Orange: F360M Gelb: F335M Grün: F300M Blau: F200W
Über das Bild: Dieses Hintergrundbild der Region um den Supernova-Überrest Cassiopeia A wurde 2008 vom Spitzer-Weltraumteleskop der NASA veröffentlicht. Durch die Aufnahme mehrerer Bilder dieser Region mit dem Spitzer-Teleskop über drei Jahre hinweg konnten die Forscher eine Reihe von Lichtechos untersuchen. Jetzt hat das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA einige dieser Lichtechos sehr viel detaillierter abgebildet. Die Einschübe unten rechts zeigen eine Epoche der Webb-Beobachtungen, während der Einschub links ein Webb-Bild des zentralen Supernova-Überrests zeigt, das 2023 veröffentlicht wurde.
Einzelne Bildnachweise
- Spitzer-Ansicht: NASA/JPL-Caltech/Y. Kim (Univ. of Arizona/Univ. of Chicago)
- Cassiopeia A Einschub: NASA, ESA, CSA, STScI, Danny Milisavljevic (Purdue University), Ilse De Looze (Ghent University), Tea Temim (Princeton University)
- Lichtechos Einschub: NASA, ESA, CSA, STScI, J. Jencson (Caltech/IPAC)
Lichtechos von Cassiopeia A (NIRCam Kompass-Ansicht)
- Fast Facts
- Objekt
- Objektname(n): Lichtechos von Cassiopeia A
- Objektbeschreibung: Lichtechos von einer Supernovaexplosion
- Rektaszension: 23:16:03.93
- Deklination: +58:22:31.59
- Sternbild: Cassiopeia
- Entfernung: etwa 11.000 Lichtjahre
- Daten
- Instrument: NIRCam
- Filter: F200W, F300M, F335M, F360M, F444W
- Bild
- Farbinformation: Diese Bilder sind ein Komposit aus Einzelbelichtungen, die vom James-Webb-Weltraumteleskop mit dem NIRCam-Instrument aufgenommen wurden. Es wurden mehrere Filter verwendet, um bestimmte Wellenlängenbereiche zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuweisung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem monochromatischen (Graustufen-) Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
- Rot: F444W Orange: F360M Gelb: F335M Grün: F300M Blau: F200W
Über das Bild: Bild von Lichtechos in der Nähe von Cassiopeia A, aufgenommen mit Webb’s NIRCam-Instrument, mit Kompasspfeilen, Skalenbalken und Farbschlüssel als Referenz. Die Kompasspfeile nach Norden und Osten zeigen die Ausrichtung des Bildes am Himmel an. Beachten Sie, daß die Beziehung zwischen Norden und Osten am Himmel (von unten gesehen) im Vergleich zu den Richtungspfeilen auf einer Karte des Bodens (von oben gesehen) vertauscht ist.
Der Maßstabsbalken ist in Lichtjahren angegeben, was der Entfernung entspricht, die das Licht in einem Erdenjahr zurücklegt. (Das Licht braucht ein Jahr, um eine Strecke zurückzulegen, die der Länge des Balkens entspricht.) Ein Lichtjahr entspricht etwa 9,46 Billionen Kilometer.
Dieses Bild zeigt unsichtbare Nahinfrarot-Wellenlängen, die in Farben des sichtbaren Lichts umgewandelt wurden. Der Farbschlüssel zeigt, welche NIRCam-Filter bei der Aufnahme des Lichts verwendet wurden. Die Farbe jedes Filternamens ist die Farbe des sichtbaren Lichts, die verwendet wird, um das infrarote Licht darzustellen, das durch diesen Filter hindurchgeht.
Lichtechos von Cassiopeia A im Zeitraffer
Dieses Zeitraffervideo mit Daten von NASA’s James-Webb-Weltraumteleskop zeigt die Entwicklung eines Lichtechos in der Nähe des Supernova-Überrests Cassiopeia A. Ein Lichtecho entsteht, wenn ein Stern explodiert oder ausbricht und dabei Licht in die umliegenden Klumpen interstellaren Staubs sendet, die dann in einem immer größer werdenden Muster aufleuchten. Die exquisite Auflösung von Webb zeigt nicht nur unglaubliche Details innerhalb dieser Lichtechos, sondern auch ihre Ausdehnung im Laufe von nur wenigen Wochen – eine bemerkenswert kurze Zeitspanne, wenn man bedenkt, daß die meisten kosmischen Ziele während eines Menschenlebens unverändert bleiben.