Originalveröffentlichung am 10.03.2025 zu finden unter: https://webbtelescope.org/news/news-releases
Zusammenfassung: Neue Volkszählung beantwortet die Frage: Wie klein kann man bei der Bildung von Sternen und Braunen Zwergen werden?
Der Flammennebel, ein Sternentstehungsgebiet im Orion-Molekülwolkenkomplex, wird schon seit langem von Teleskopen wie dem Hubble-Weltraumteleskop der NASA beobachtet. Die kleinsten Sterne in seinem dunklen und staubigen Herzen waren jedoch bisher weitgehend verborgen. NASA’s James-Webb-Weltraumteleskop hat zum ersten Mal einen Blick darauf geworfen und die kleinsten und schwächsten Objekte gezählt, um die geringste Masse zu bestimmen, die für die Bildung Brauner Zwerge erforderlich ist.
Der Flammennebel, der ungefähr 1.400 Lichtjahre von der Erde entfernt ist, ist eine Brutstätte der Sternentstehung, die weniger als 1 Million Jahre alt ist. Innerhalb des Flammennebels gibt es Objekte, die so klein sind, daß ihre Kerne niemals in der Lage sein werden, Wasserstoff wie vollwertige Sterne zu fusionieren – Braune Zwerge.
Braune Zwerge, oft als „gescheiterte Sterne“ bezeichnet, werden mit der Zeit sehr lichtschwach und viel kühler als Sterne. Diese Faktoren machen die Beobachtung von Braunen Zwergen mit den meisten Teleskopen schwierig, wenn nicht gar unmöglich, selbst in kosmisch kurzen Entfernungen von der Sonne. Wenn sie jedoch sehr jung sind, sind sie noch relativ wärmer und heller und daher leichter zu beobachten, trotz des verdeckenden, dichten Staubs und Gases, das in diesem Fall den Flammennebel bildet.
NASA’s James-Webb-Weltraumteleskop kann diese dichte, staubige Region durchdringen und das schwache Infrarotglühen junger Brauner Zwerge erkennen. Ein Team von Astronomen nutzte diese Fähigkeit, um die untere Massengrenze von Braunen Zwergen im Flammennebel zu erforschen. Das Ergebnis waren frei schwebende Objekte, die etwa die zwei- bis dreifache Masse des Jupiters haben, obwohl sie mit Webb bis zur 0,5-fachen Masse des Jupiters vordringen können.
„Das Ziel dieses Projekts war es, die fundamentale Grenze der Entstehung von Sternen und Braunen Zwergen bei geringer Masse zu erforschen. Mit Webb sind wir in der Lage, die schwächsten und masseärmsten Objekte zu untersuchen“, sagte der Hauptautor der Studie, Matthew De Furio von der University of Texas in Austin.
Kleinere Fragmente
Die von dem Team gesuchte Grenze für niedrige Massen wird durch einen Prozeß namens Fragmentierung erreicht. Bei diesem Prozeß brechen große Molekülwolken, aus denen sowohl Sterne als auch Braune Zwerge entstehen, in immer kleinere Einheiten, so genannte Fragmente, auseinander.
Die Fragmentierung hängt in hohem Maße von mehreren Faktoren ab, wobei das Gleichgewicht zwischen Temperatur, Wärmedruck und Schwerkraft zu den wichtigsten gehört. Genauer gesagt: Wenn sich die Fragmente unter der Schwerkraft zusammenziehen, erhitzen sich ihre Kerne. Wenn ein Kern massereich genug ist, beginnt er mit der Fusion von Wasserstoff. Der durch diese Fusion erzeugte Druck wirkt nach außen der Schwerkraft entgegen, stoppt den Kollaps und stabilisiert das Objekt (das dann als Stern bezeichnet wird). Fragmente, deren Kerne nicht kompakt und heiß genug sind, um Wasserstoff zu verbrennen, ziehen sich jedoch weiter zusammen, solange sie ihre innere Wärme abstrahlen.
„Die Abkühlung dieser Wolken ist wichtig, denn wenn man genug Energie im Inneren hat, kann man gegen die Schwerkraft ankämpfen“, sagt Michael Meyer von der University of Michigan. „Wenn die Wolken effizient abkühlen, kollabieren sie und brechen auseinander.“
Die Fragmentierung stoppt, wenn ein Fragment undurchsichtig genug wird, um seine eigene Strahlung zu absorbieren, wodurch die Abkühlung beendet und ein weiterer Kollaps verhindert wird. Theorien zufolge liegt die untere Grenze für diese Fragmente irgendwo zwischen einer und zehn Jupitermassen. Diese Studie schränkt diesen Bereich erheblich ein, da Webb bei seiner Zählung Fragmente verschiedener Massen innerhalb des Nebels gezählt hat.
„Wie in vielen früheren Studien festgestellt wurde, findet man bei niedrigeren Massen mehr Objekte bis zur zehnfachen Jupitermasse. In unserer Studie mit dem James-Webb-Weltraumteleskop sind wir bis zum 0,5-fachen der Jupitermasse empfindlich, und wir finden deutlich weniger Objekte, wenn man unter die zehnfache Jupitermasse geht“, erklärte De Furio. „Wir finden weniger Objekte mit fünf Jupitermassen als solche mit zehn Jupitermassen, und wir finden viel weniger Objekte mit drei Jupitermassen als solche mit fünf Jupitermassen. Wir finden eigentlich keine Objekte unter zwei oder drei Jupitermassen, und wir erwarten, sie zu sehen, wenn sie da sind, also stellen wir die Hypothese auf, daß dies die eigentliche Grenze sein könnte.“
Meyer fügte hinzu: „Mit Webb war man zum ersten Mal in der Lage, bis zu dieser Grenze und darüber hinaus zu suchen. Wenn diese Grenze real ist, sollte es in unserer Milchstraße eigentlich keine frei schwebenden Objekte mit einer Jupitermasse geben, es sei denn, sie wurden als Planeten gebildet und dann aus einem Planetensystem herausgeschleudert.“
Auf Hubble’s Vermächtnis aufbauen
Trotz der Schwierigkeit, sie zu finden, können Braune Zwerge eine Fülle von Informationen liefern, insbesondere im Bereich der Sternentstehung und der Planetenforschung, da sie sowohl den Sternen als auch den Planeten ähnlich sind. Das Hubble-Weltraumteleskop der NASA ist schon seit Jahrzehnten auf der Suche nach diesen Braunen Zwergen.
Obwohl Hubble die Braunen Zwerge im Flammennebel nicht bis zu einer so geringen Masse beobachten kann wie Webb, war es entscheidend für die Identifizierung von Kandidaten für weitere Untersuchungen. Diese Studie ist ein Beispiel dafür, wie Webb den Staffelstab von jahrzehntelangen Hubble-Daten aus dem Orion-Molekülwolkenkomplex übernommen hat – und damit eine tiefgreifende Forschung ermöglicht.
„Es ist wirklich schwierig, Braune Zwerge bis hinunter zu zehn Jupitermassen vom Boden aus zu untersuchen, insbesondere in Regionen wie dieser. Dank der Hubble-Daten aus den letzten 30 Jahren wußten wir, daß dies eine wirklich zweckdienliche Sternentstehungsregion ist. Wir brauchten Webb, um dieses spezielle wissenschaftliche Thema untersuchen zu können“, sagte De Furio.
„Es ist ein Quantensprung in unseren Möglichkeiten im Vergleich zum Verständnis, das wir mit Hubble gewonnen haben. Webb eröffnet uns wirklich völlig neue Möglichkeiten, diese Objekte zu verstehen“, erklärte der Astronom Massimo Robberto vom Space Telescope Science Institute.
Das Team setzt die Untersuchung des Flammennebels fort und nutzt die spektroskopischen Instrumente von Webb, um die verschiedenen Objekte innerhalb seines staubigen Kokons weiter zu charakterisieren.
„Es gibt eine große Überschneidung zwischen den Objekten, die Planeten sein könnten, und den Objekten, die sehr, sehr massearme Braune Zwerge sind“, so Meyer. „Und das ist unsere Aufgabe in den nächsten fünf Jahren: herauszufinden, was was ist und warum.“
Diese Ergebnisse wurden zur Veröffentlichung in The Astrophysical Journal Letters angenommen.
Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumforschung. Webb wird Rätsel in unserem Sonnensystem lösen, einen Blick auf ferne Welten um andere Sterne werfen und die geheimnisvollen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseren Platz darin erforschen. Webb ist ein internationales Programm unter der Leitung der NASA und ihrer Partner ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (Kanadische Weltraumorganisation).
Flammennebel: Hubble- und Webb-Beobachtungen

Matthew De Furio (UT Austin), Massimo Robberto (STScI), Alyssa Pagan (STScI)
- Fast Facts
- Objekt
- Objektname(n): Flammennebel, NGC 2024
- Objektbeschreibung: Sternentstehungsgebiet mit LMO’s (Low Mass Objects)
- Rektaszension: 05:41:41.76
- Deklination: -01:54:33.30
- Sternbild: Orion
- Entfernung: Etwa 1.400 Lichtjahre
- Abmessung: Die Hubble-Ansicht hat einen Durchmesser von 7,2 Bogenminuten (etwa 3 Lichtjahre), der Webb-Einschub hat einen Durchmesser von 2 Bogenminuten (etwa 0,8 Lichtjahre)
- Daten
- Instrument: HST: WFC3/IR
- Instrument: Webb: NIRCam
- Filter: HST: F105W, F130N, F139M
- Filter: Webb: F115W, F140M, F182M, F360M, F430M
- Bild
- Farbinformation: Diese Bilder sind eine Zusammenstellung von Einzelaufnahmen, die vom James-Webb-Weltraumteleskop mit dem Instrument NIRCam und vom Hubble-Weltraumteleskop mit dem UVIS/IR-Instrument gemacht wurden. Es wurden mehrere Filter verwendet, um bestimmte Wellenlängenbereiche zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuweisung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem monochromatischen (Graustufen-)Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
- Links (Hubble): Blau: F105W Grün: F130N Rot: F139M
- Rechts (Webb): Blau: F115W + F140M Grün: F182M Orange: F360M Rot: F430M
Über das Bild: Diese Collage von Bildern des Flammennebels zeigt links eine Nahinfrarotaufnahme des Hubble-Weltraumteleskops der NASA, wohingegen die beiden Einschübe rechts die Nahinfrarotaufnahme des James-Webb-Weltraumteleskops der NASA zeigen. Ein Großteil des dunklen, dichten Gases und Staubs sowie der umgebenden weißen Wolken auf der Hubble-Ansicht ist auf den Webb-Bildern verschwunden und gibt den Blick frei auf eine lichtdurchlässigere Wolke, die von den infrarotes Licht produzierenden Objekten in ihrem Innern, nämlich jungen Sternen und Braunen Zwergen, durchbrochen wird. Die Astronomen nutzten Webb, um eine Bestandsaufnahme der massearmen Objekte in dieser Sternentstehungsregion vorzunehmen.
Das Hubble-Bild auf der linken Seite stellt Licht mit einer Wellenlänge von 1,05 Mikrometern (Filter F105W) als blau, 1,3 Mikrometern (F130N) als grün und 1,39 Mikrometern (F129M) als rot dar. Die beiden Webb-Bilder auf der rechten Seite stellen Licht mit einer Wellenlänge von 1,15 und 1,4 Mikrometern (Filter F115W und F140M) als Blau, 1,82 Mikrometer (F182M) als Grün, 3,6 Mikrometer (F360M) als Orange und 4,3 Mikrometer (F430M) als Rot dar.
Massearme Objekte im Flammennebel (NIRCam Ansicht)
- Fast Facts
- Objekt
- Objektname(n): Flammennebel, NGC 2024
- Objektbeschreibung: Sternentstehungsgebiet mit LMO’s (Low Mass Objects)
- Rektaszension: 05:41:41.76
- Deklination: -01:54:33.30
- Sternbild: Orion
- Entfernung: Etwa 1.400 Lichtjahre
- Abmessung: Die Ansicht hat einen Durchmesser von 2 Bogenminuten (etwa 0,8 Lichtjahre)
- Daten
- Instrument: NIRCam
- Filter: F115W, F140M, F182M, F360M, F430M
- Bild
- Farbinformation: Dieses Bild ist ein Komposit aus Einzelbelichtungen, die vom James-Webb-Weltraumteleskop mit dem NIRCam-Instrument aufgenommen wurden. Es wurden mehrere Filter verwendet, um bestimmte Wellenlängenbereiche zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuordnung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem monochromatischen (Graustufen-)Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
- Blau: F115W + F140M Grün: F182M Orange: F360M Rot: F430M
Über das Bild: Dieses Nahinfrarotbild eines Teils des Flammennebels vom James-Webb-Weltraumteleskop der NASA hebt drei massearme Objekte hervor, die in den Einschüben auf der rechten Seite zu sehen sind. Diese Objekte, viel kälter als Protosterne, erfordern die Empfindlichkeit der Webb-Instrumente, um sie zu entdecken. Diese Objekte wurden im Rahmen eines Projekts zur Erforschung der untersten Massengrenze von Braunen Zwergen im Flammennebel untersucht.
Die Webb-Bilder stellen Licht mit einer Wellenlänge von 1,15 und 1,4 Mikrometern (Filter F115W und F140M) als Blau, 1,82 Mikrometer (F182M) als Grün, 3,6 Mikrometer (F360M) als Orange und 4,3 Mikrometer (F430M) als Rot dar.
Flammennebel: Hubble- und Webb-Beobachtungen (Kompass-Ansicht)

Matthew De Furio (UT Austin), Massimo Robberto (STScI), Alyssa Pagan (STScI)
- Fast Facts
- Objekt
- Objektname(n): Flammennebel, NGC 2024
- Objektbeschreibung: Sternentstehungsgebiet mit LMO’s (Low Mass Objects)
- Rektaszension: 05:41:41.76
- Deklination: -01:54:33.30
- Sternbild: Orion
- Entfernung: Etwa 1.400 Lichtjahre
- Abmessung: Die Hubble-Ansicht hat einen Durchmesser von 7,2 Bogenminuten (etwa 3 Lichtjahre), der Webb-Einschub hat einen Durchmesser von 2 Bogenminuten (etwa 0,8 Lichtjahre)
- Daten
- Instrument: HST: WFC3/IR
- Instrument: Webb: NIRCam
- Filter: HST: F105W, F130N, F139M
- Filter: Webb: F115W, F140M, F182M, F360M, F430M
- Bild
- Farbinformation: Diese Bilder sind eine Zusammenstellung von Einzelaufnahmen, die vom James-Webb-Weltraumteleskop mit dem Instrument NIRCam und vom Hubble-Weltraumteleskop mit dem UVIS/IR-Instrument gemacht wurden. Es wurden mehrere Filter verwendet, um bestimmte Wellenlängenbereiche zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuweisung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem monochromatischen (Graustufen-)Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
- Links (Hubble): Blau: F105W Grün: F130N Rot: F139M
- Rechts (Webb): Blau: F115W + F140M Grün: F182M Orange: F360M Rot: F430M
Über das Bild: Zwei Bilder des Flammennebels (NGC 2024) rechts, aufgenommen von der Nahinfrarotkamera (NIRCam) von Webb, mit Kompasspfeilen, Skalenbalken und Farbschlüssel als Referenz. Bei diesen Bildern handelt es sich um vergrößerte Regionen innerhalb des größeren Flammennebels, der auf dem Bild links zu sehen ist, das vom Hubble-Weltraumteleskop aufgenommen wurde.
Die Kompasspfeile nach Norden und Osten zeigen die Ausrichtung des Bildes am Himmel an. Beachten Sie, daß die Beziehung zwischen Norden und Osten am Himmel (von unten gesehen) im Vergleich zu den Richtungspfeilen auf einer Karte des Bodens (von oben gesehen) umgekehrt ist.
Der Maßstabsbalken ist in Lichtjahren angegeben, was der Entfernung entspricht, die das Licht in einem Erdenjahr zurücklegt. (Das Licht benötigt 0,2 Jahre oder etwa 2,5 Monate, um eine Strecke zurückzulegen, die der Länge des Balkens entspricht). Ein Lichtjahr sind etwa 9,46 Billionen Kilometer. Das Sichtfeld auf dem Bild ganz links hat einen Durchmesser von circa 0,6 Lichtjahren, das auf dem Bild ganz rechts einen Durchmesser von rund 0,4 Lichtjahren.
Die Bilder ganz rechts zeigen unsichtbare Wellenlängen des nahen Infrarots, die in Farben des sichtbaren Lichts umgewandelt wurden. Der Farbschlüssel zeigt, welche NIRCam-Filter bei der Aufnahme des Lichts verwendet wurden. Die Farbe jedes Filternamens ist die Farbe des sichtbaren Lichts, die verwendet wird, um das infrarote Licht darzustellen, das durch diesen Filter fällt.
Flammennebel (Hubble und Webb im Vergleich)
In diesem Video wird abwechselnd eine Beobachtung des Hubble- und des James-Webb-Weltraumteleskops vom Flammennebel gezeigt, eines nahe gelegenen sternbildenden Nebels, der weniger als 1 Million Jahre alt ist. In diesem Vergleich werden drei massearme Objekte hervorgehoben. In der Hubble-Beobachtung sind die massearmen Objekte durch den dichten Staub und das Gas in der Region verdeckt. In der Webb-Beobachtung werden die Objekte jedoch aufgrund der Empfindlichkeit von Webb für schwaches Infrarotlicht hervorgehoben.