Astronomie ohne Teleskop – Sonne oder RTG

Von Steve Nerlich in Universe Today – Übersetzt von Harald Horneff

Schickt man eine Raumsonde jenseits des Asteroidengürtels, benötigt man zur Erzeugung elektrischer Energie Plutonium-238; so bei Pioneer 10 und 11, Voyager 1 und 2, Galileo, Cassini und Ulysses, die ein Swing-by-Manöver am Jupiter vollzog, um auf eine polare Sonnenumlaufbahn gelenkt zu werden – und jetzt bei New Horizon auf seinem Weg zu Pluto.

Doch 2011 ist die Jupitermission Juno zum Start vorgesehen – die erste Forschungsmission zu den äußeren Planeten, die über Sonnensegel mit Energie versorgt wird. Und für 2011 ist ein weiterer Bruch mit der Tradition vorgesehen: das Wissenschaftslabor Curiosity wird das erste Marsfahrzeug sein, das mit einem Radioisotope Thermoelectric Generator = RTG (Radioisotopengenerator) aus Plutonium-238 mit Energie versorgt wird.

Zwar hatten die Viking-Landemodule auch RTGs an Bord, waren aber keine Fahrzeuge. Und die Fahrzeuge (einschließlich Sojourner) hatten mittels Radioisotope betriebene Heizgeräte, doch dabei handelte es sich nicht um RTGs.

Energie durch die Sonne oder RTGs – was ist besser? Einige Kommentatoren haben darauf hinge-wiesen, daß die Entscheidung der NASA, Juno mit Sonnenenergie zu betreiben, eine pragmatische Wahl ist. Man suchte den schwindenden Vorrat an RTGs zu schonen. Heute ist die Bereitwilligkeit zur weiteren Produktion der RTGs aber gewachsen.

Wenn aber Sonnensegel arbeiten, warum geht man nicht bis an die Grenzen von deren Leistungs-fähigkeit? Daß einige unserer am längsten arbeitenden Raumsonden (wie die 33 Jahre alten Voyager-sonden) mit RTGs versorgt werden, liegt wohl großteils daran, daß sie fernab der harten Strahlung des inneren Sonnensystems arbeiten. Wegen dieser Strahlung brechen im inneren Sonnensystem die Systeme mit größerer Wahrscheinlichkeit zusammen, bevor ihnen die Energie ausgeht. Da Juno ein gefahrvolles Leben führen wird, ihr Flug führt sie nah an Jupiters beachtliche Strahlung heran, kann Langlebigkeit keine Schlüsseleigenschaft ihrer Mission sein.

Vermutlich bringt Energie aus einem RTG mehr Nutzen. So sollte es Curiosity in die Lage versetzen, auch während des Marswinters zu fahren – und vielleicht eröffnet es eine Reihe von Anwendungen in der Marsnacht, die mit den vorhergehenden Fahrzeugen nicht möglich waren.

Bezüglich der Energieversorgung sollen Junos Sonnensegel in der Erdumlaufbahn sage und schreibe 18 Kilowatt erzeugen; in Jupiters Umlaufbahn werden aber nur noch 400 Watt geliefert. Wenn die Zahlen stimmen, liefern die Sonnensegel die gleiche Energiemenge wie eine Standard-RTG-Einheit. In einer großen Raumsonde wie Cassini können aber mehrere RTG-Einheiten zusammengeschaltet sein, um bis zu einem Kilowatt Strom zu erzeugen.

Einiges spricht für, einiges gegen Sonnensegel bzw. RTGs. Es gibt aber einen Punkt – den wir heute jenseits der Umlaufbahn des Jupiters festmachen können – von dem ab die Sonne die Energie-versorgung nicht mehr sicherstellt und RTGs wohl die einzige Option darstellen.

RTGs nutzen die durch radioaktives Material erzeugte Hitze (allgemein in Keramik eingeschlossenes Plutonium-238). Umgeben von Thermoelementen, nutzen diese den Wärmeunterschied zwischen der Wärmequelle und der kühleren äußeren Oberfläche des RTG, um Strom zu erzeugen.

Doch jeder, den die Radioaktivität beunruhigt, sollte sich daran erinnern, daß sich RTGs an Bord von Apollo 12 bis 17 befanden, um die Geräte für die Mondoberflächenexperimente zu betreiben. Hinzu kommt das RTG an Bord von Apollo 13, das unbenutzt mit der Mondlandefähre Aquarius – dem Rettungsboot der Besatzung vor dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre – zur Erde zurückkehrte. Die NASA testete wohl die Gewässer, wo die Reste von Aquarius endeten und fand keine Spur einer Plutoniumkontamination. Es ist daher unwahrscheinlich, daß deren hitzegetesteter Behälter beim Wiedereintritt beschädigt wurde. Zudem wurde bei der Herstellung sichergestellt, daß der Behälter für 10 Halbwertszeiten des Plutonium-238, etwa 900 Jahre, unversehrt bleibt.

Am Gefährlichsten ist es in jedem Fall, wenn man Plutonium an einem Ort konzentriert. In dem unwahrscheinlichen Fall, daß ein RTG beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre zerstört wird und sein Plutonium sich irgendwie über den Planeten verteilt – nun gut. Das größer Problem würde aber entstehen, wenn das Plutonium irgendwie als Pressling beistehen bleibt und in Ihr Bierglas fällt, ohne daß sie es bemerken. Prost.