Astronomie ohne Teleskop – Planetensuche

Von Steve Nerlich in Universe Today – Übersetzt von Harald Horneff

Im gegenwärtigen Suchgebiet der Kepler-Mission beobachtet man 145.000 Sterne nach Anzeichen von Exoplaneten – mit besonderem Interesse an denjenigen Planeten, die in der bewohnbaren Zone eines Sterns liegen könnten. Quelle: Lomberg / NASA


 
Die Extrasolar Planets Encyclopedia listet am 06.05.2011 bestätigte 548 extrasolare Planeten auf. Die NASA Star and Exoplanet Datenbank (mit wöchentlicher Aktualisierung) berichtet am 08.05.2011 von 535 Planeten. Es handelt sich um bestätigte Entdeckungen und die Zahl wird erheblich wachsen, je mehr Exoplaneten-Anwärter festgestellt werden. So wurden etwa bis Februar 1.235 Kandidaten durch die Kepler-Mission veröffentlicht, davon 54, die in einer bewohnbaren Zone liegen könnten.
Welche Techniken kommen bei diesen Entdeckungen zur Anwendung?
Pulsar-Timing-Methode (Anomalien der Puls-Periode) – Ein Pulsar ist ein Neutronenstern mit einem polaren Jet, der annähernd auf die Erde gerichtet ist. Wenn der Stern sich dreht und der Jet in die Sichtlinie der Erde gelangt, messen wir einen äußerst regelmäßig wiederkehrenden Lichtpuls. Dieser ist sogar so regelmäßig, daß das leichte Wackeln in der Sternbewegung auf Grund der Anwesenheit von Planeten meßbar ist.
Die ersten Exoplaneten wurden auf diese Weise gefunden, genaugenommen drei von ihnen im Jahr 1992 um den Pulsar PSR B1257+12. Diese Technik ist natürlich nur anwendbar, um Planeten zu finden, die Pulsare umlaufen; keiner von ihnen könnte als bewohnbar angesehen werden – zumindest bei der gegenwärtigen Definition – und insgesamt wurden bis heute auch nur 4 solcher, einen Pulsar umkreisender Planeten bestätigt.
Um Planeten um Hauptreihensterne zu suchen, haben wir die Technik der…
Radialgeschwindigkeits-Methode – Dies ist der Messung mittels Pulsar-Timing-Anomalien im Prinzip ähnlich, wobei ein Planet oder Planeten ihren Stern während der Umkreisung vor- und zurückziehen und dadurch winzige Geschwindigkeitsänderungen des Sterns in Bezug zur Erde verursachen. Diese Änderungen werden im Allgemeinen als Verschiebungen in den Spektrallinien des Sterns gemessen, nachweisbar durch die Doppler-Spektrometrie, obgleich die Bestimmung durch Astrometrie (direkte Messung winziger Verschiebungen der Sternposition am Himmel) ebenfalls möglich ist.
Bis heute ist die Radialgeschwindigkeits-Methode die erfolgreichste Methode zum Auffinden von Exoplaneten (500 von 548 wurden so aufgespürt), obwohl mit ihr am häufigsten massereiche Planeten in nahen Umlaufbahnen um einen Stern (d. h. heiße Jupiter) enttarnt werden – als Folge davon sind solche Planeten in der derzeitigen, bestätigten Planetenpopulation überrepräsentiert. Zudem ist diese Methode, alleine angewandt, nur bis zu einer Entfernung von ungefähr 160 Lichtjahren zur Erde sicher – und liefert nur die untere Massegrenze des Exoplaneten, aber nicht seine Größe.
Um die Größe eines Planeten zu bestimmen, haben wir die Technik der…
Transit-Methode – Die Transit-Methode ist sowohl beim Aufspüren von Exoplaneten wie bei der Bestimmung ihres Durchmessers effektiv – obwohl sie eine hohe Rate an falschpositiven Meldungen aufweist. Ein Stern mit einem vorbeiziehenden Planeten, der das Sternenlicht teilweise blockiert, ist per Definition ein veränderlicher Stern – von denen aber bei vielen kein Planet beteiligt ist.
Aus diesem Grund wird die Radialgeschwindigkeits-Methode oft benutzt, um eine mit der Transit-Methode gemachte Entdeckung zu bestätigen. Daher sind, obwohl 128 Planeten auf die Transit-Methode zurückzuführen sind, diese dennoch Teil der nach der Radialgeschwindigkeits-Methode ge-zählten 500 Planeten. Die Radialgeschwindigkeits-Methode gibt uns die Planetenmasse – die Transit-Methode dessen Größe (Durchmesser) – und mit beiden Messungen können wir die Dichte des Planeten erhalten. Die Umlaufdauer des Planeten (mit beiden Methoden) gibt uns zudem durch das 3. Kepler’sche Gesetz die Entfernung des Exoplaneten von seinem Stern. Auf diesem Wege können wir bestimmen, ob ein Planet in der bewohnbaren Zone seines Heimatsterns liegt oder nicht.
Es ist zudem sogar möglich, unter Berücksichtigung winziger Änderungen in der Transit-Periodizität (d. h. der Regelmäßigkeit) und der Transitdauer zusätzlich kleinere Planeten zu identifizieren (so wurden 8 Planeten mit dieser Methode gefunden; nimmt man die Entdeckungen mit der Pulsar-Timing-Methode hinzu, sind es sogar 12 Planeten). Mit in der Zukunft wachsender Empfindlichkeit kann es sogar möglich werden, auf diesem Weg Exomonde zu identifizieren.
Die Transit-Methode kann auch noch eine spektroskopische Untersuchung einer Planetenatmosphäre ermöglichen. Der Volltreffer wäre die Entdeckung einer vergleichbaren Erde in einer bewohnbaren Zone, bei der man anschließend die Atmosphäre untersucht und elektromagnetischen Übertragungen überprüft – mit anderen Worten, die Suche nach Lebenszeichen.
Direkte Abbildung des Exoplaneten Beta Pictoris b – unterstützt von der Nulling-Interferometrie, die hier das Sternenlicht von Beta Pictoris beseitigt. Die roten „Fackeln“ gehen auf eine durch den Stern erwärmte, circumstellare Schuttscheibe zurück. Quelle: ESO
Um Planeten in entfernteren Umlaufbahnen zu finden, könnten wir folgende Technik versuchen…

Direkte Abbildung – Dies ist anspruchsvoll, da die schwache Lichtquelle Planet nahe bei einer hellen Lichtquelle (dem Stern) steht. Nichtsdestotrotz wurden bislang auf diesem Weg 24 Planeten gefunden. Nulling-Interferometrie, bei der das Sternenlicht während zweier Beobachtungen durch destruktive Interferometrie erfolgreich gelöscht wird, ist ein gangbarer Weg, um jede schwächere Lichtquelle zu ermitteln, die gewöhnlich durch das Sternenlicht überstrahlt wird.


 
Gravitationslinsen-Effekt – Ein Stern kann eine schmale Gravitationslinse bilden und folglich eine entfernte Lichtquelle verstärken – und wenn der Planet um diesen Stern gerade in der richtigen Position ist, um diesen Linseneffekt geringfügig zu verzerren, kann er seine Anwesenheit verraten. Solch ein Ereignis ist ziemlich selten – und muß dann durch wiederholte Beobachtungen bestätigt werden. Dennoch wurden mit dieser Methode bislang 12 Planeten entdeckt, wozu kleinere Planeten auf weiter außen liegenden Umlaufbahnen wie OGLE-2005-BLG-390Lb gehören.
Man kann nicht erwarten, daß die derzeitigen Techniken eine vollständige Erfassung aller Planeten innerhalb der gegenwärtigen Beobachtungsgrenzen liefern, aber sie geben uns einen Eindruck davon, wie viele Planeten dort draußen sind. Man hat aus dem bisherigen, geringen Datenmaterial spekulativ abgeschätzt, daß es in unserer Galaxis 50 Milliarden Planeten geben könnte. Definitionsprobleme bedürfen noch weiterer Klärung, so etwa die Frage, wo man die Trennlinie zwischen einem Planeten und einem Braunen Zwerg zieht. Die Enzyklopädie der extrasolaren Planeten (Extrasolar Planets Encyclopedia) setzt dafür die Grenzlinie zurzeit bei 20 Jupitermassen.
Jedenfalls sind 548 bestätigte Exoplaneten nach nur 19-jähriger Planetensuche kein schlechtes Ergebnis. Und die Suche geht weiter.